Joachim Masannek (28.02.2011)

Interview mit Joachim Masannek

Literatopia: Hallo Joachim! Danke, dass Du Dir die Zeit genommen hast, uns ein paar Fragen zu beantworten. Stell Dich doch bitte zuerst einmal allen Lesern vor. Wer bist Du und was schreibst Du?

Joachim Masannek: Meinen Namen wisst ihr ja schon und ich schreibe Bücher und Drehbücher. Die Bücher werden meistens von Kindern gelesen. Aber ich finde nicht, dass es Kinderbücher sind. Für mich gibt es keinen Unterschied zwischen Geschichten für Erwachsene und Geschichten für Kinder. Ausser, das Kinder bestimmte Themen, wie z.B. Liebe, Sex und Gewalt, noch nicht so interessiert. Wodurch die Erwachsenen ihnen aber nicht unbedingt etwas voraus haben müssen.

Literatopia: Im November 2010 erschien der Auftakt Deiner neuen Kinderbuchreihe „Honky Tonk Pirates“. Wie kamst Du auf die Idee, dir Piratenabenteuer auszudenken? Und magst Du uns ein wenig über den Inhalt von Das verheißene Land erzählen?

Joachim Masannek: Piratenfilme mochte ich schon immer, doch sie wurden über Jahrzehnte fast nicht mehr gedreht.

Als „Fluch der Karibik“ in die Kinos kam, war ich begeistert, dass es endlich wieder einen neuen Piratenfilm gab und Captain Jack Sparrow fand ich so toll, dass ich Gonzo Gonzales in Wilde Kerle zwei als seinen größten Fan inszeniert habe. Danach haben wir mit den Wilde Kerle Schauspielern oft darüber nachgedacht, ob wir nicht einen Wilde Kerle Piratenfilm drehen und wenn die Kerle nicht so schnell erwachsen geworden wären und wir einen sechsten Teil gemacht hätten, dann hätte es vielleicht einen solchen Film gegeben. Vor fast zwei Jahren ist dann der Produzent Thomas Peter Friedl zu mir gekommen und hat mich gefragt, ob ich nicht einen Piratenfilm machen möchte. Da habe ich natürlich nicht nein gesagt und die Geschichte hat cbj von Random House so gut gefallen, dass sie eine Buchreihe verlegen wollten.

Im Verheißenen Land geht es um einen Jungen, der alle Voraussetzungen erfüllt, um kein Pirat zu werden. Er wohnt am falschen Ort zur falschen Zeit und er hat auch keinen coolen Namen. Aber er hat den unbändigen Wunsch als Pirat in Freiheit zu leben und er schafft es, seinen Traum wahr werden zu lassen.

Literatopia: Welche Schwerpunkte und Werte möchtest Du Deinen jungen Lesern vermitteln? Hast Du gewisse Themen in den Vordergrund gestellt?

Joachim Masannek: Ja. Als erstes geht es immer um Angst. Oft denkt man, dass man der einzige Mensch ist, der Angst vor irgendwas hat und man traut sich nicht darüber zu reden. Man schämt sich, frisst die Angst in sich hinein und tut so, als wär sie nicht da. In Wirklichkeit aber traut man sich dann oft nicht, Dinge zu tun, die man zu gern tun würde. Und wenn man lange so lebt, wird man am Ende sogar deshalb oft feige. Aber alle Menschen haben Angst und das wichtigste ist, dass man sich und den anderen diese Angst eingesteht. Dann kann man sie überwinden.

Ein anderes Thema ist Verantwortung. Es gibt kein: oh, das hab ich aus versehen gemacht, wenn euch das im Fußball passiert, kriegt der andere trotzdem einen Freistoß, auch wenn ihr ihn nicht faulen wolltet. Ihr habt es getan. Wenn man Verantwortung trägt. Steht man für die Konsequenzen ein, die das eigene Handeln fordert, und das macht einen frei und erwachsen. In meinen Geschichten geht es also immer darum, wie man erwachsen werden kann. Denn das ist doch der Wunsch jeden Kindes. Oder wollt ihr mit 50 noch in die Schule gehen und nie die Erlaubnis bekommen, einen Führerschein zu machen?

Literatopia: Im April 2011 wird der dritte Band Zurück in der Hölle bei cbj erscheinen. Im Klappentext heißt es, dass es die Freunde wieder zurück nach Berlin verschlägt. Kannst Du uns noch mehr verraten?

Joachim Masannek: Im dritten Teil geht es um den Ring der Witwe Chen, der seinen Träger unbesiegbar und damit zum besten Piraten der Welt macht. Aber der Beste kann nur einer sein. Ihr könnt euch also vorstellen, wie schwer es Honky Tonk Hannah, Höllenhund Will und Blind Black Soul Whistle, den drei größten Piraten derWelt, fallen wird, sich darauf zu einigen, wer von ihnen der Beste sein und wer den Ring tragen darf. Und es gibt natürlich auch dunkle Mächte, die den Ring selbst haben wollen, um die Piraten zu vernichten. Diese dunklen Mächte kommen aus Berlin. Ach ja, und dann wird endlich das große Geheimnis gelüftet, woher Hannah kommt, wer sie in Wirklichkeit ist und mit welchem Teufel sie einen Pakt geschlossen hat. Dieses Geheimnis gefällt Will überhaupt nicht. Das kann ich euch sagen.

Literatopia: Bekannt geworden bist Du unter anderem durch die dreizehn Bände der „Wilden Kerle“. Wirst Du über die „Honky Tonk Pirates“ ebenso ausführlich erzählen?

Joachim Masannek: Im Moment habe ich erst einmal sechs Bände geplant. Aber das Schreiben macht gerade einen solchen Spaß, dass es auch mehr werden könnten.

Literatopia: Stichwort 3D-Verfilmung: In wie weit bist Du als Autor in die Produktion eingebunden? Kannst Du über die Wahl der Darsteller mitbestimmen? Und welche Schauspieler verkörpern in Deinen Augen Hannah und Will?

Joachim Masannek: Ich bin ja nicht nur Autor, sondern auch Regisseur. Und so wie ich bei den Wilde Kerle Filmen Regie geführt habe, tue ich das bei den Honky Tonk Pirates auch. Die Schauspieler suche ich deshalb auch hier zusammen mit dem Produzenten aus.

Literatopia: Im Herbst 2010 wurde das Casting gestartet. Gibt es von Deiner Seite schon etwas zu berichten? Vielleicht sogar eine unverbindliche Einschätzung, wann „Honky Tonk Pirates“ in den deutschen Kinos zu sehen sein wird?

Joachim Masannek: Nein. Das kann man bei einem solch teuren Film nicht sagen. Der Film kostet 15 Millionen Euro oder noch mehr und bei solch einer Summe kann man nie genau sagen, wann er komplett finanziert ist.

Allgemeines

Literatopia: Was würdest Du interessierten Lesern über die wilden Fußballkerle erzählen wollen, die diese Reihe noch nicht kennen? Gibt es in Deinen Augen etwas ganz Bestimmtes, dass diese Bücher und deren Verfilmungen zu dem werden lässt, was sie sind?

Joachim Masannek: Die Wilden Kerle hat es in Wirklichkeit gegeben. Keine der Figuren ist erfunden und viele der Abenteuer sind wirklich passiert. Meine Söhne Marlon und Leon, die in den Filmen Maxi und Markus spielen, haben sich den Namen, die Trikots und das Logo für ihre Mannschaft ausgedacht und ich hatte das Glück und die Ehre, sechs Jahre lang ihr Trainer sein zu dürfen.

Literatopia: Welche Merkmale zeichnen in Deinen Augen ein Kinder- bzw. Jugendbuch aus? Empfindest Du gewisse Dinge als absolut ungeeignet oder bist Du der Meinung, dass schlicht die Verpackung darüber entscheidet, welche Themen man tatsächlich zumuten kann?

Joachim Masannek: Ich hab ja schon gesagt, dass es für mich keinen Unterschied zwischen Kinder- und Erwachsenenbücher gibt. Ich erzähle meine Geschichten immer so, als ob ich sie für Erwachsene erzähle. Ich nehme die Kinder so ernst, wie ich auch einen Erwachsenen ernst nehmen würde. Natürlich gibt es Themen und Geschichten, die man erst lesen sollte, wenn man größer ist, genau so wie man ja noch nicht mit sechs Jahren den Führerschein machen darf. Aber im Gegensatz zum Führerschein interessieren solche Themen die jüngeren Kinder meistens noch gar nicht. Welcher 10jährige Junge z.B. findet es toll, Geschichte übers Knutschen zu lesen?

Literatopia: Bedienst Du Dich beim Schreiben manchmal wahrer Begebenheiten um Dich inspirieren zu lassen? Haben manche Deiner Protagonisten gar Vorbilder im wahren Leben? Oder versucht Du Realität und Phantasie strikt zu trennen?

Joachim Masannek: Die Wilden Kerle gab es in Wirklichkeit. Das hab ich ja schon gesagt. Und das Vorbild für Honky Tonk Hannah ist z.B. meine Freundin Michelle. Ich habe immer Personen, die mich inspirieren, um Figuren für meine Geschichten zu erfinden. Viel lerne ich dabei durch meine Söhne Marlon und Leon.

Literatopia: Auch in diesem Jahr wirst Du wieder auf unterschiedlichen Lesungen zu finden sein. Bist Du immer noch aufgeregt bei solchen Möglichkeiten, andere für Dein Buch zu begeistern, oder ist das bereits Routine? Erinnerst Du Dich an eine bestimmte Lesung besonders gern?

Joachim Masannek: Nein. Ich habe immer Angst davor, dass den Zuhörern meine Geschichte nicht gefällt. Ich brauche auch immer einige Zeit, um ein neues Buch, das ich gerade fertig gestellt habe, zu mögen. Es gibt sehr viel schöne Erinnerungen an Lesungen. Da würde ich vielen Kinder Unrecht tun, wenn ich die ein oder andere hervorheben würde. Eine Sache möchte ich nur erzählen. Bei meiner letzten Lesereise hat sich ein Mädchen für ihre Klasse bei mir bedankt, dass ich gekommen bin. Dann hat sie mich später gefragt, ob ich mich an den Brief erinnere, den mir ihre Eltern vor Jahren geschrieben haben. Das sie eine Tochter haben, die Leukemie hat und der sie Mut machten, diese Krankheit zu besiegen, in dem sie ihr erzählten, dass die Roten Blutkörperchen in ihr als die Wilden Kerle gegen die weißen, die Unbesiegbaren Sieger kämpfen. Nun, dieses Mädchen wär sie und sie wäre tatsächlich gesund geworden.

Literatopia: Wann hast Du zum ersten Mal zur Feder gegriffen? Schon in frühen Jugendjahren oder hast Du die Literatur vergleichsweise spät für Dich entdeckt?

Joachim Masannek: Ich habe Liebesgedichte und Liedertexte geschrieben. Das hat mit dreizehn angefangen. Das erste Drehbuch habe ich dann während meines Studiums an der Filmhochschule geschrieben und mein erstes Buch war Leon, der Slalomdribbler, Band 1 der Wilden Kerle.

Literatopia: Wo und wann schreibst Du gerne? Brauchst Du ein gewisses Umfeld, um in Stimmung zu kommen, oder könnte um Dich herum die Welt zerfallen, während Du tief konzentriert die Tasten zum Glühen bringst?

Joachim Masannek: Ich schreibe überall und dann vergesse ich wirklich, was um mich passiert. Es sei denn, es fällt mir mal nicht ein. Dann brauche ich Ruhe. Ansonsten habe ich gern beim Schreiben Leute um mich, weil Schreiben ein so einsames Geschäft ist, dass ich sonst nicht so leicht ertragen könnte.

Literatopia: Talent oder Handwerk? Wie denkst Du über das Schreiben und was muss man als Autor Deiner Meinung nach besonders beherrschen, um seine Leser fesseln zu können?

Joachim Masannek: Schreiben ist zu 90 Prozent Disziplin und Fleiß. Talent haben viele, die meisten glauben nur, das Schreiben oft wie im Rausch und von selber passiert. Es ist aber wir hartes Konditionstraining für einen Fußballspieler. Das Fußballspiel selbst kann man dann genießen, wenn das Buch fertig ist, und es den Lesern gefällt.

Literatopia: Hast Du literarische Vorbilder? Gibt es einen Autor / eine Autorin, die Dich besonders beeindruckt hat? Und auf welche Neuerscheinung freust Du Dich besonders im Jahr 2011?

Joachim Masannek: Ich mochte die ersten Harry Potter Bücher. Ich mag Astrid Lindgren, Arnulf Zittelmann und Hans Otto Meisner. Aber da ich soviel schreibe, lese ich kaum noch selbst.

Literatopia: Was dürfen wir in naher und ferner Zukunft von Dir erwarten? Hast Du schon etwas Konkretes in Planung oder wartest Du noch auf eine bestimmte Inspiration?

Joachim Masannek: Also zur Zeit schreibe ich ein Drehbuch für einen Film, den ich voraussichtlich noch diesen Sommer drehen werde. Dann schreibe ich eine neue Fassung des Drehbuchs für Honky Tonk Pirates. Ich schreibe den vierten Roman der Piratenbuchreihe und sehr wahrscheinlich kommen im nächsten Frühjahr noch einmal neue Wilde Kerle Bücher heraus. Ja, und dann gibt es da immer noch mein Lieblingsprojekt „Wildernacht“, an dem ich auch immer wieder weiterarbeite und mit dem mein Freund und Produzent Michael Coldewey und ich noch sehr viel vorhaben.

Literatopia: Vielen Dank für das Interview, Joachim!


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Dieses Interview wurde von Angelika Mandryk für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.