Land der Freien (Cormac McCarthy)

rororo (November 2010)
336 Seiten, 9,95 €
ISBN: 978-3-499-25482-6

Genre: Belletristik / Western


Klappentext

John Grady Cole arbeitet auf einer Ranch in der Nähe von El Paso. In den Nachtbars und Bordellen hinter der mexikanischen Grenze findet er die Frau seines Lebens: Magdalena, eine schöne Hure, zart und zerbrechlich. Doch sie gehört Eduardo, dem philosophierenden Zuhälter und Messerhelden. Und Magdalena ist um keinen Preis verkäuflich, es sei denn, um den des Todes.


Rezension

Cormac McCarthy wurde 1933 in Rhodes Island geboren und wuchs in Tennessee auf. Seit seinem Debüt wurde er mit zahlreichen, namhaften Preisen geehrt und erhielt für seinen epochalen Roman Die Straße (aktuell verfilmt als The Road) zuletzt den Pulitzerpreis. Die Romanverfilmung seines Western-Thrillers Kein Land für alte Männer wurde durch Coen-Brüder in die deutschen Kino gebracht und mit vier Oscars prämiert. Mit Land der Freien erscheint nun die Neuauflage des dritten, aber auch eigenständigen zu lesenden Romans der Border-Trilogie.

>> Sie gingen weiter zu der Stelle, wo ein paar dicke Bretter mit Streben auf den oberen Rand des Corrals genagelt waren, kletterten hinauf und sahen rauchend zu, wie John Grady mit dem Hengstfohlen arbeitete. „Was will er eigentlich mit diesem euleköpfigen Mistvieh?“ Billy schüttelte den Kopf. „Vielleicht ist es so, wie Mac sagt. Jeder kriegt am Ende das Pferd, das zu ihm passt. <<

Ein Leben in Freiheit ersehnte sich John Grady als sechszehnjähriger Junge, der sich mit seinem Freund und Weggefährten Lacey Rawlins von Texas nach Mexiko begab, um dort seine Träume wahr werden zu lassen. Nun, Jahre später sitzt er auf einer Farm bei El Paso. Er ist immer noch jung, immer noch zurückhaltend und besitzt ein geradezu erstaunliches Gefühl für seine Umgebung. Und bald darauf auch für Magdalena, die schöne Hure. Doch ihr Zuhälter Eduardo gibt sie nicht frei und zwingt den Jungen schlussendlich, sich voller Rache- und Vergeltungsdurst den wahr gemachten Drohungen seines Gegners zu stellen ...

Ein wort- und bildmächtiger Wester. Karg und poetisch, nicht weniger verspricht der Verlag mit diesem Roman von Cormac McCarthy. Einen, den man auch ohne Vorwissen lesen kann und der gerade, allgemeinen Annahmen widersprechend, durchaus sehr anspruchsvollen Lesern zu empfehlen ist. Denn während man die beiden Protagonisten aus den ersten Bänden, John Grady Cole und Billy Parham, gemeinsam auf einer Ranch in der Nähe von El Paso erlebt, ihren Geschichten lauscht, den Alltag verfolgt, sowie die Freundschaften, die geknüpft wurden, in erst oberflächlich scheinenden, dann aber trotzdem tiefgründigen Dialogen erforschen darf, stellt man schon bald wieder fest, dass nichts für Cormac McCarthy so wichtig ist wie seine sprachlichen Ausdrücke und Darstellungen. Alles an Land der Freien wirkt einfach erdig, bodenständig und doch poetisch zugleich; ein bisschen langsamer, fast zeitloser als beide Vorgänger. Drei Jahre sind seid John Gradys Abenteuer vergangen. Nun endlich hat er Arbeit gefunden, reitet – ganz nach seinem Talent – Pferde zu und beweist hierbei sein außergewöhnliches Gespür für Tiere. Mit Billy Parham und seinen neuen Freunden lebt er ein einfaches, fast schon langweiliges Leben. Die Tage vergehen auf der Ranch; die Nächte in Bars und Hurenhäuser. Und in einem dieser Häuser lernt er die schöne, blutjunge Magdalena kennen. Ein für ihn sehr faszinierendes, zerbrechliches Mädchen, in das er sich bald verliebt. Entschlossen sie aus den Fängen ihres Zuhälters zu befreien entwickelt sich von Seite zu Seite, langsam aber unausweichlich, der Werdegang eines Dramas, dass schlussendlich in einer Messerstecherei mündet, die ihresgleichen sucht.

Cormac McCarthy hat schon durch vieles sein gutes Händchen für Charaktere bewiesen und wer ihn kennt, wird in diesem Buch kaum überrascht von der melancholischen, doch sehr intensiven Grundstimmung sein. Es ist eine Geschichte über den Alltag, über Mut und Werte, die der Autor erzählt. Und das gänzlich auf seine Art. Ohne Anführungszeichen, die Dialoge teilweise auf spanisch (was für Leser ohne Wissen sehr ärgerlich sein kann) und in Punkto Sprache dem Leser manchmal ein bisschen voraus. Trotz ihrer Einfachheit. Ein Widerspruch, den man erleben und auf den man sich einlassen muss. Ist es dann aber gelungen, sich diesem Roman zu öffnen (was für Erstleser des Autors nicht leicht sein dürfte), so entführt Land der Freien in eine Zeit, die zwar gar nicht so entfernt ist, wie sich annehmen lässt, jedoch vielen Wahrheiten birgt. Kleine Wahrheiten und Schicksale in einer großen, unendlich weit wirkenden Welt.

Als junger Kerl hast du so Vorstellungen, wie mal alles sein wird, sagte Billy. Dann wirst du´n bisschen älter und nimmst einiges davon zurück. Ich glaub, am Ende versuchst du einfach bloß, den Schmerz möglichst gering zu halten. Das Land ist sowieso nicht mehr das, was es mal war.

(Seite 91)


Fazit

Land der Freien ist genauso wort- und bildmächtig wie der Verlag verspricht. Karg, poetisch und stellenweise schwierig zu lesen, in jeder Hinsicht aber etwas Besonders für Leser, die sich noch wirklich Zeit nehmen wollen. Trotz der wenig erfreulichen Übersetzungsschwächen (Dialoge in Spanisch) und den kleineren Längen (die durch die sprachliche Feinheiten kaschiert werden) ist und bleibt der letzte Roman der Border-Trilogie ein Hochgenuss für Western und Cormac McCarthy Fans, die es auch mal langsamer angehen möchten.


Pro und Kontra

+ unterhaltsam, doch melancholisch
+ authentisch & stimmungsvoll
+ außergewöhnliche Charaktere
+ der Westen wie er sein soll

o verschiedene Perspektiven

- mangelnde Übersetzung des Spanischen
- Stil des Autors manchmal zu fordernd

Bewertung:

Handlung: 3,5 / 5
Charaktere: 4,5 / 5
Lesespaß: 4 / 5
Preis/Leistung: 4 / 5