Das Lied der roten Erde (Inez Corbi)

Verlag: Ullstein, Januar 2011
Taschenbuch, 457 Seiten, € 8,95
ISBN: 978-3548282145

Genre: Historik


Klappentext

Sydney, 1800: Die junge Irin Moira kommt nach einer langen Schiffsreise in New South Wales an. Dort, am Ende der Welt, soll ihr ungeliebter, wesentlich älterer Ehemann als Arzt der Strafkolonie arbeiten. Einer der Sträflinge ist der gutaussehende Duncan, ein verurteilter Rebell. Als Duncan Moira vor einem Überfall rettet, kommen die beiden sich näher. Ihre Liebe scheint hoffnungslos, die Flucht der einzige Ausweg. Gibt es in den Weiten Australiens eine Zukunft für sie?


Die Autorin

Inez Corbi, geboren 1968, studierte Germanistik und Anglistik in Frankfurt/Main. Sie lebt im Taunus und widmet sich inzwischen vollständig dem Schreiben. „Das Lied der roten Erde“ ist ihr zweiter Roman, eine Fortsetzung ist bereits in Arbeit.


Rezension

Gegen ihren Willen wird Moira mit dem wesentlich älteren Arzt Alistair McIntyre verheiratet. Nur weil sie sich auf ihrem Debütantinnenball weggeschlichen hatte, um ihrer Stute beim Fohlen zu helfen. Ihre Eltern dachten, sie sei entführt worden und hatten schon die Polizei gerufen. Um die gesellschaftliche Schande schnell abzuwenden, kommt ihnen der Heiratsantrag gerade recht und ehe Moira sich versieht, ist sie Arztfrau und auf einem Schiff nach Australien. Dort will ihr Mann sich als Arzt niederlassen und in Ruhe seinen Forschungen nachgehen. Schon auf dem Schiff trifft Moira auf Sträflinge, ein junges Mädchen hat es ihr besonders angetan und sie rettet Ann in letzter Minute vor Major Penrith, der die Sträflinge mit harter Hand behandelt und sie schon mal mit Sklaven verwechselt. Mit diesem Schachzug hat sie sich allerdings einen Feind fürs Leben geschaffen, der ihr noch so manches Mal riesige Steine in den Weg legt. In ihrer Ehe ist sie unglücklich, ihr Mann zeigt kein Interesse an ihrer Meinung, lediglich um einen Erben hervorzubringen, ist sie gut genug. So ist Moira zutiefst unzufrieden, als sie endlich in der Neuen Welt ankommen.

Duncan O'Sullivan ist ein irischer Tinker, ein Kesselflicker, der für die Rebellen in seiner Heimat Piken hergestellt hat. Sieben Jahre muss er als Sträfling arbeiten, wird er bei etwas Verbotenem erwischt, gibt es drastische Strafen. Erwischt wird man schnell, manchmal reicht es schon aus, am falschen Platz zu sein. Erst als er Moira aus einer misslichen Lage befreit, verbessert sich seine Lage etwas und er wohnt fortan bei den McIntyres als Pferdeknecht. Alistair findet schnell Gefallen an Duncan, immerhin ist Duncan sehr bemüht, ihn bei seinen Forschungen zu unterstützen. Je öfter Duncan aber Moira trifft passiert, was passieren muss, die beiden entdecken ihre Liebe füreinander. Aber die ist nun einmal verboten, denn Moira ist verheiratet und Duncan ein Sträfling.

Mit Bauchschmerzen liest man anschließend weiter, denn die folgende Dramaturgie kann man sich schnell ausmalen. Insgeheim hadert man mit Moira, die so unbedarft mit ihrer Liebe umgeht. Beide sollten es doch besser wissen, die Strafe für Duncan fällt mit Sicherheit um einiges härter aus als für Moira. Sie ist aber viel zu impulsiv und egoistisch, um umsichtig zu sein. Vorhersehbar geht es weiter, danach geht es nur noch um die Frage, ob es ein glückliches Ende nehmen wird. Denn mit dem sadistischen Major Penrith sitzt ihnen ein unbarmherziger Feind im Nacken, der es sich zu seinem Lebensziel macht, Duncan das Leben zu erschweren, wo es nur geht und dabei nicht nur einmal zu hinterhältigen Maßnahmen greift.

Mit Moira und Duncan hat Inez Corbi zwei starke Charaktere erschaffen, wobei Moira schon mal etwas wankelmütig wirkt. Einerseits ist sie sehr wissbegierig, andererseits versteht sie es aber auch nicht, sich das Leben angenehmer zu gestalten. Stur in ihren Ansichten und ihren Mitmenschen gegenüber geht sie ihren eigenen Weg, sie beweist zwar oft viel Mut, prescht aber auch ungestüm vor, wenn Zurückhaltung wesentlich besser wäre. Die Nebencharaktere sind interessant und wandelbar, Alistair hat seine ganz eigenen kleinen Geheimnisse. In Rückblenden bekommt der Leser immer wieder Einblicke in sein und Duncans Leben, wie es vor der Deportation war. Mehr als haarsträubend wirken aber die Bande, die zwischen Duncan und Ningali, einem jungen Aborigine Mädchen geknüpft werden, hier hat die Autorin ihre Phantasie sehr weit schweifen lassen. Leider erfährt man gar nichts mehr von Moiras Schwester Ivy und auch Anns Beweggründe bleiben im Dunkeln.

Fans von Australienromanen haben dies alles mit Sicherheit schon in irgendeiner Form gelesen, Inez Corbi bringt als Storyline und Dramaturgie nichts Neues. Bekannte Schemen, bekannte Handlungsweisen der Guten sowie der Bösen, bekannte Ereignisse und knappe Einblicke in die Welt der Aborigines, die wirklich nur angerissen werden. Die Charaktere sind sehr eindimensional und geradeaus, lediglich Alistair zeigt einige verborgene Facetten. Wäre da nicht der unheimlich eingängige Schreibstil von Inez Corbi, könnte man das Buch schnell ad acta legen. Die Autorin versteht es ungemein, den Leser an das Buch zu fesseln, nach der Lektüre fühlt man sich einfach gut unterhalten, auch wenn man mit den meisten Vorhersagen Recht behalten hat. Alleine der Stil sorgt schon für gute Unterhaltung, die Geschichte beschreibt schonungslos die damaligen Zustände der Sträflinge und der Auswanderer, die unter unsagbaren Mühen das wilde Land urbar gemacht haben. Viel Gesindel ist nach Australien deportiert worden, sadistische Aufseher konnten ihre Gelüste genüsslich ausleben. Aborigines tauchen allerdings nur am Rande auf, wenn auch ein Treffen mit ihnen zu einem einschneidenden Erlebnis in Duncans Leben wird. Das Titelbild ist sehr stimmig, es gibt einen Eindruck der Landschaft wieder, auf die Moira vor so vielen Jahren geschaut haben mag.


Fazit

Die Eroberung des fünften Kontinents ist eine Zeit, die viele Geschichten hervorgebracht hat. Deportation, Farmer, Aborigines und das Militär treffen aufeinander und versuchen sich zu arrangieren – oder auch nicht. Inez Corbi hat aus diesen Zutaten eine gefühlvolle Mischung mit leidensfähigen Charakteren geschaffen, die durch ihren eingängigen Stil zu einem wahren Lesegenuss wird.


Pro und Contra

+ fesselnder und flüssiger Erzählstil
+ Spannung durchgehend
+ interessante Charaktere
+ stimmige Lokalitäten
+ gut recherchiert
+ historisch bekannte Persönlichkeiten
+ ungezähmte Landschaft

o von der Kultur der Aborigines wird zuwenig erzählt
o teilweise ziemlich brutal

- vorhersehbar
- Ereignisse alle schon mal irgendwo vorgekommen
- nichts Neues für Fans von Australienromanen

Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5