Verwesung (Simon Beckett)

Verlag: Wunderlich, Februar 2011
Originaltitel: The Calling of the Grave
übersetzt von Andree Hesse
Hardcover, 442 Seiten, € 22,95
ISBN: 978-3805208673

Genre: Thriller


Klappentext

Von Tina Williams und den Bennett Zwillingen fehlt jede Spur. Die Bewohner von Dartmoor bangen um ihre Kinder. Als der Außenseiter Jerome Monk bei dem Überfall auf ein viertes Mädchen gefasst wird und die Morde gesteht, sind alle erleichtert. Doch Monk weigert sich zu verraten, wo die Opfer begraben sind. Bis in den Sümpfen von Dartmoor eine Leiche gefunden wird. David Hunter kann Tina Williams identifizieren. Mit Hilfe der Profilerin Sophie versuchen David und sein Freund Detective Terry Connors, auch die anderen beiden Mädchen zu finden. Eine großangelegte Suchaktion im Moor endet jedoch in einem Desaster.

Acht Jahre später bricht Jerome Monk aus dem Hochsicherheitsgefängnis aus und scheint sich an allen, die damals an der Suche beteiligt waren, rächen zu wollen. Vor allem an Sophie, die ihm damals ihre Hilfe angeboten hat. David versucht, ihn zu stoppen, doch Monk kennt das Dartmoor besser als jeder andere.


Der Autor

Simon Beckett ist einer der erfolgreichsten englischen Thrillerautoren. Seine Serie um den forensischen Anthropologen David Hunter wird rund um den Globus gelesen. Verwesung ist nach Die Chemie des Todes, Kalte Asche und Leichenblässe der vierte Band in der Reihe. Simon Beckett ist verheiratet und lebt in Sheffield.


Rezension

Hat Simon Beckett sich nun übernommen, oder ist seine Figur David Hunter am Tiefpunkt angelangt? Mit dem vierten Band der Serie um den Anthropologen Dr. David Hunter kann der Autor einfach nicht mehr überzeugen. Der interessante Plot wird leider durch unsympathische Charaktere völlig verschrieben, endlose Landschaftsbeschreibungen und fruchtlose Suche nach Gräbern inklusive. Das Ganze dann noch unspannend und zäh wie Kaugummi.

Jerome Monk ist bereit, den ermittelnden Polizisten die Gräber der ermordeten Bennett Zwillinge zu zeigen. Doch anscheinend kann sich Monk nicht mehr wirklich erinnern, nach einem Fluchtversuch wird die Aktion abgebrochen, denn anscheinend wollte Monk nur die Gelegenheit nutzen, um ins Moor zu fliehen, dass er wie seine Westentasche kennt. Schnell wird die Flucht vereitelt, die Suche nach den Gräbern daraufhin aber auch wieder abgebrochen, obwohl Sophie interessante Ansätze hatte, die von den Männern der Gruppe als Hirngespinste verworfen wurden. Kurze Zeit später passiert Davids Familiendrama und Monk gerät in Vergessenheit. Bis er acht Jahre später endlich endgültig aus dem Gefängnis fliehen kann.

Gleich zwei Stimmen aus der Vergangenheit melden sich innerhalb kürzester Zeit bei David, zum einen Terry Connors, mit dem er mal kurz befreundet war, ihn aber nie so richtig leiden konnte. Zum anderen ist es Sophie Keller, die damals an der Suche beteiligt war und Monk immer helfen wollte. Ihr ist es eine Herzensangelegenheit, die Gräber auch nach so langer Zeit noch zu finden. Dafür spannt sie David mit unfairen Mitteln ein - und wird im Laufe der Geschichte immer unsympathischer. Sie nervt mit ihrem Gehabe um ihr Haus und wirkt wie ein trotziges, verzogenes Kind. Wenn ihr das eigene Leben so wenig wert ist, dann sollte sie nicht das Leben anderer mit aufs Spiel setzen. Ihre mangelnde Einsicht um ihre Sicherheit bringt nicht nur Davids Leben in Gefahr, sondern auch andere Leute, die sie versuchen zu beschützen.

Die Personen agieren ständig unglaubwürdig, sie handeln so, als ob sie noch nie etwas von einer Mordermittlung gehört hätten. Dazu ist die Geschichte dermassen vorhersehbar, dass es einfach keinen Spaß mehr macht. Kaum passiert etwas, weiß man, was danach passieren wird. Man erkennt stilistische Mittel sofort und kann sie zuordnen, Beckett enttäuscht den Leser in dieser Hinsicht nicht. Das Gefühl, alles schon einmal in einem anderen Zusammenhang schon mal gelesen zu haben, ist ständig präsent, man weiß genau, warum Dinge passieren, damit die Konsequenzen der Geschichte neue Wendung geben können. Tun sie aber nicht, da man ja vorher schon weiß, welche Katastrophe als Nächstes über die Protagonisten hereinbrechen wird. Zumindest David hätte man mehr Intelligenz zugetraut, aber die scheint er im Nebel des Moores verlegt zu haben. Wie sonst ist es zu erklären, dass er wichtige Informationen einem Ermittler weitergibt, dessen Fähigkeiten er bezweifelt und der sich auch noch höchst merkwürdig benimmt. Auch das Ausbleiben der automatischen Ermittlungsmaschinerie lässt ihn nur kurz stutzen. Solche Details häufen sich leider, offensichtliche Details werden ständig ignoriert oder übersehen, für den Leser total frustrierend. Einzig interessant war der Ausflug in die Vergangenheit, es war schön, Kara und Alice kurz kennen zu lernen. Auch die wirklichen Ereignisse überraschen am Schluß nicht mehr sonderlich, erfahrene Krimileser erkennen den Täter wahrscheinlich schon von Anfang an. Das Setting ist zwar schön gruselig, der Nebel, das Moor, das abgelegene Haus, aber auch elendig in die Länge gezogen durch unnötige Nebenhandlungen. Bis auf wenige Ausnahmen werden die Beteiligten als machtbesessen, karrieregeil und einfach unfähig dargestellt, besonders die Polizisten stechen als korrupt, brutal, schleimig und hinterhältig hervor. Außer David findet man einfach keine Identifikationsfigur, mit der man durch das Abenteuer wandelt. Das Cover allerdings ist wieder einmal hervorragend gestaltet, schlicht schwarz und dem weißen Kreuz in der Mitte, mit schwarzem Lesebändchen und einem hohen Wiedererkennungswert.


Fazit

David Hunter ermittelt wieder, diesmal unfreiwillig in einem alten Fall. Simon Beckett schreibt gewohnt routiniert – leider zu routiniert, Unvorhersehbares und Spannendes bleibt auf der Strecke. Das Buch ist auch ohne Vorkenntnisse der anderen Fälle zu lesen, leider zieht es sich ziemlich hin. Die forensische Arbeit bleibt genauso auf der Strecke, Beckett erschafft diesmal lieber ein geheimnisvolles und gruseliges Setting, bei dem der Nebel durch das Buch in alle Glieder kriecht.


Pro und Contra

+ gruseliges Setting
+ bekannter Seriencharakter
+ stimmige Atmosphäre
+ kann auch ohne die Vorgänger gelesen werden

o flüssiger Stil
o Fokus liegt diesmal mehr im Privaten

- streckenweise sehr langatmig und ergebnislos
- zielloses Herumirren im Moor
- offensichtliche Spuren werden nicht erkannt
- unsympathische Charaktere
- viel zu vorhersehbar
- Handlungen konfus und nicht nachvollziehbar

Wertung:

Handlung: 2,5/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 2,5/5
Preis/Leistung: 2,5/5


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