Virals – Tote können nicht mehr reden (Kathy Reichs)

Verlag cbj, März 2011
Originaltitel: Virals, übersetzt von Knut Krüger
Hardcover, 480 Seiten, € 18,99
ISBN 978-3 570152881

Genre: Jugendkrimi


Klappentext:

Die vierzehnjährige Tory Brennan ist die Nichte der berühmten forensischen Anthropologin Tempe Brennan. Mit ihr teilt sei zwei Dinge: den Instinkt für Verbrechen und den unbedingten Willen, diese aufzuklären.

Als Tory auf einer einsamen Insel die vergrabenen Knochen eines jungen Mädchens findet, ist sie fest entschlossen, die Identität des Mädchens zu lüften. Doch das erweist sich als gefährlicher als erwartet, denn Tory und ihre Freunde sind einem Mord auf die Spur gekommen, der nie aufgeklärt wurde. Die Spuren des Verbrechens reichen bis in die Gegenwart, bis in ein Labor, in dem geheime Experimente mit dem gefährlichen Parvovirus vorgenommen werden...


Die Autorin:

Kathy Reichs, geboren in Chicago, lebt in Charlotte und Montreal und ist als forensische Anthropologin für das gerichtsmedizinische Institut in Quebec und North Carolina tätig. Ihre Tempe Brennan Romane erreichen regelmäßig Spitzenplätze auf allen internationalen und deutschen Bestsellerlisten. Ihre Bücher wurden in 30 Sprachen übersetzt. Im Fernsehen laufen Tempe Brennans Fälle seit Jahren höchst erfolgreich als Fernsehserie „Bones“.
„Virals“ ist der Start ihrer ersten Jugendbuch Thrillerreihe.


Rezension:

Auf dem immer schneller werdenden Zug der Jugendliteratur ist auch Kathy Reichs aufgesprungen - und das gar nicht mal so schlecht. In Virals lernen wir eine abgewandelte Form der fünf Freunde kennen, inklusive eines Hundes. Tory Brennan ist die uneheliche Tochter von Kit Howard, dem Sohn von Tempes Schwester Harry. Erst als ihre Mutter stirbt, erfährt Kit von seinem Glück und darf sich fortan mit der Erziehung einer Vierzehnjährigen herumplagen. Kit ist Wissenschaftler auf Loggerhead, einer vorgelagerten Insel Charlestons, welche nur mit dem Boot zu erreichen ist. Damit sind die vier Freunde oft sich selbst überlassen, weitere Kinder gibt es nicht und Mobilität sieht anders aus. Sie alle gehen in Charleston zur Schule, zusammen mit den Kindern der gehobenen Gesellschaft, wo sie durch ihre Herkunft und Geldmangel schnell zu Außenseitern werden. Tory ist hochintelligent und genauso an Knochen interessiert wie ihre Tante Tempe, weshalb ihr auch sofort klar wird, was sie da auf der Insel entdecken. Ihre Freunde Shelton, ein PC Genie, Hi und Ben, der Sportliche, stehen ihr zu jeder Zeit tatkräftig zur Seite, wobei Tory eindeutig die Anführerin ist, was auch noch durch ihre Erzählperspektive unterstrichen wird.

Womit verbringt man also seine Tage auf einer idyllischen Insel, die außer Idylle nicht viel zu bieten hat? Mit Bens Boot erkunden die Vier ihre Umgebung und tauchen immer wieder auf Loggerhead auf, einer weiteren Insel, auf der ein staatliches Forschungszentrum steht. Nicht jeder Bereich ist ihnen zugänglich und auch nicht jeder freut sich über neugierige Teenager auf der Insel, aber hier gibt es nun einmal die besten Strände. Und ein Wolfsrudel, mit dem Tory sich schon bekannt gemacht hat. Den jüngsten Welpen, Coop, hat sie allerdings schon lange nicht mehr gesehen und auch die anderen Tiere benehmen sich äußerst merkwürdig. Besonders die Affen reagieren ziemlich aggressiv auf das Eindringen in ihre Privatsphäre, sogar mit Gegenständen werden die Vier beworfen. Eines der Gegenstände entpuppt sich dann als Erkennungsmarke, aber um den Namen sichtbar zu machen, brauchen sie Werkzeuge aus dem Labor. Nur durch einen Einbruch gelangen sie dahin, wobei sie dann nebenher auch noch Coop befreien, den der Laborchef wohl zu irgendwelchen obskuren Versuchen eingesperrt hat. Den kranken Coop bringen sie auf ihre Insel, wo sie ihn gut versteckt abwechselnd betreuen. Damit bringen sie eine Kettenreaktion in Gang, deren Ausmaß überhaupt nicht absehbar ist.

Durch die einfach strukturierte Sprache und dem Plot spricht die Autorin vorwiegend Teenager an, wer dies als Erwachsener beim Lesen im Hinterkopf behält, wird seine Freude mit der Geschichte haben. Die Freiheiten, die die Vier erleben, sind bestimmt erstrebenswert für viele andere Jugendliche. Dazu noch ein paar Abenteuer und geheime Labore, für jugendliche Leser ein wahres Paradies. Die Freundschaft der Vier wirkt unzerstörbar, aber gleichzeitig müssen sie mit Schwierigkeiten in ihrem Alltagsleben fertig werden. Hausaufgaben, unangemeldete Tests und vor allem die Schulkameraden nehmen viel Zeit in Anspruch. Tory ist verliebt in Chance, dessen Vater halb Charleston gehört und ein richtig großes Tier ist. Er allerdings ist mit Hannah zusammen, wohingegen sich Jason für Tory interessiert. Immer wieder lädt er sie zu Partys ein, wobei sich Tory völlig fehl am Platz fühlt, denn mit den reichen, eingebildeten Südstaatenschönheiten hat sie nicht viel gemeinsam. Wie selbstverständlich besitzen alle Teens ein iPhone, selbst wenn sie es im Meer verlieren, erscheint auf geheimnisvolle Weise direkt wieder eines. Obwohl ihre Eltern nicht so viel verdienen, denn die Vier dürfen nur auf die privilegierte Schule, da das Forschungszentrum von Chances Vater gesponsert wird. Um der Peinlichkeiten nicht genug drängt Kits Freundin Whitney auch noch darauf, Tory bei einem Debütantinnenball in die Gesellschaft einzuführen, für sie ein wichtiges Ereignis, was aber so überhaupt nicht zu Tory passt.

Im Großen und Ganzen wirkt die Geschichte recht authentisch, das exotische Setting fördert die besondere Atmosphäre. Die Charaktere sind glaubhaft - solange man nicht vergisst, dass es Teenager sind, was so manche Handlung eher erklärt. Von den Erwachsenen nicht ernst genommen nehmen sie die Ermittlungen in die eigene Hand, es bleibt ihnen nichts anderes übrig. Dabei verlieren sie die Gefährlichkeit der Situation aber nie aus dem Blick, ihnen ist meistens bewusst, was sie da eigentlich machen. Und wer glaubt, dass Teenies sich nicht so ein großes Detailwissen über manche Sachen aneignen können, der unterschätzt die Teenager von heute enorm. Lediglich der Virus, der sie zu Infizierten, den Virals macht, ist etwas suspekt. Möglich ist alles, die Auswirkungen interessant und man darf bestimmt auf den nächsten Teil gespannt sein, in welche Richtung sich die Charaktere entwickeln werden. Ein bisschen unglaubwürdig ist einzig der Name von Tory - Brennan - ihre Mutter hieß zufällig auch so, obwohl sie mit Tempe weder verwandt noch verschwägert war. Da hat Kathy Reichs wohl mit aller Gewalt einen bekannten Namen einfügen wollen. Die Sprache ist einfach und schlicht – manchmal bestehen Sätze nur aus einem Wort, welches exakt den jeweiligen Gefühlszustand auf den Punkt bringt. Fliegende Kugeln, ein infizierter Hund, geheime Labore und eine anstrengende Schulgemeinschaft, Action gibt es zuhauf und manches unterscheidet sich nicht von den Leben anderer Teenager. Eintauchen in eine fremde, unbekannte Welt, mit Freunden Abenteuer erleben – für Jugendliche ein wahres Lesevergnügen. Der paranormale Aspekt macht es nur noch interessanter, hier wird es lediglich eingeführt, man muss abwarten, wie sich weitere Bände entwickeln. Die Charaktere sind auf jeden Fall gelungen, die Geschichte ist spannend und interessant.


Fazit:

Kathy Reichs begibt sich in die Jugendliteratur mit einem interessanten Fall an einem außergewöhnlichen Schauplatz. Leben wie im Paradies, actionreich und trotzdem langweilig, außergewöhnlich für Außenstehende aber völlig normal für die Einheimischen, ungewöhnliche Einblicke in ein Stück Amerika. Als Erwachsener sollte man allerdings beim Lesen nie aus den Augen verlieren, dass die Geschichte für Jugendliche konzipiert wurde, wer das nicht vergisst, wird Gefallen an ihr finden. Mit Tempe Brennan hat es nichts zu tun – aber eine ungewöhnliche Form, um die forensische Thematik einem neuen Publikum nahe zu bringen. Freundschaft, Abenteuer, Südstaateneleganz und geheime Versuche sind die Gewürze in dieser leicht zu lesenden Geschichte.


Pro und Contra:

+ brisante Themen
+ vielschichtige und interessante Charaktere
+ exotische Atmosphäre
+ fesselnder, aber einfacher Erzählstil
+ spannend bis zum Schluß
+ bekannte Themen für ein neues Publikum
+ Serienpotential

- manchmal etwas langatmig
- unglaubwürdiger paranormaler Aspekt

Wertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5


Zur Rezension von „Das Grab ist erst der Anfang“