Ficken und Sterben (Jon Øystein Flink)

UBooks, 1. Auflage März 2011
Originaltitel: Sex, død og ekteskap
Aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs
Hardcover, 144 Seiten
12,95 € (D) | 13,40 € (A)
ISBN 978-3-86608-146-8

Genre: Anti-Pop


Klappentext:

Wenn man vorhat, sich umzubringen, sollte wenigstens die richtige Musik dazu laufen.
Zu dumm, wenn der iPod auf Shuffle steht und ein fröhliches Lied die lebensmüde Stimmung zunichtemacht.
Wenn einem also nicht nach Leben und nicht mehr nach Sterben zumute ist, was bleibt dann noch, außer Sex?
Und in dieser Situation ist es auch schon egal, mit wem man fickt.

Jon Øystein Flinks drittes Buch – das erste, welches ins Deutsche übersetzt wurde – hat 2009 den Norwegischen Youth Critics' Prize gewonnen.
Übersetzt wurde das Buch von Gabriele Haefs.


Rezension:

Ein 38-jähriger Mann steht am Fenster der Bürotoilette und will springen. Das geht natürlich nicht ohne den passenden Soundtrack, daher ist der iPod dabei. Auf dem Schreibtisch liegt sein Abschiedsbrief, den die Kollegen erst am folgenden Morgen finden werden. Bis dahin, so zumindest der Plan, weilt Jon Øystein Flinks Ich-Erzähler längst schon im Jenseits und ist die Sorgen seines Lebens endlich los. Doch ein Plan wäre kein Plan, wenn er nicht misslingen würde - die Shuffle-Funktion spielt dem Lebensmüden einen gemeinen Streich und wechselt auf einen Hit, der so gar nicht in die Todesstimmung passen möchte. Ein Moment, in dem man als Leser eigentlich Mitleid haben sollte, jedoch eher zum Schmunzeln animiert wird. Die Lust am Sterben plötzlich verloren, werden die Selbstmordpläne erst einmal über den Haufen geworfen - was jedoch nicht bedeutet, dass die Idee an sich und die auslösenden Sorgen ebenfalls verschwunden sind. Welche Sorgen genau den Protagonisten plagen, wird erst im Laufe des Buches bekannt. Oder eben nicht, denn selbst nach den knapp hundertvierzig Seiten ist der Leser teilweise noch ziemlich ratlos und weiß nicht so recht, was er von Ficken und Sterben halten soll.

Natürlich fallen zu allererst der Titel und die Covergestaltung ins Auge - eine Kondomverpackung mit Grabkranz als Inhalt und das schlimme F-Wort im Titel kann man durchaus als unkonventionell bezeichnen. Aber eben auch als Aufmerksamkeit erregend und auf eine gewisse Weise ansprechend. Es provoziert eben, und diese Provokation wird auch im Buch selbst fortgesetzt. Nicht nur die verwendete und überaus zum Protagonisten passende Umgangssprache lässt das eine oder andere Mal die Augenbraue nach oben schießen, auch inhaltlich stoßen manche Aussagen und Kommentare des Selbstmörders übel auf. Sofern man denn ein zartes Gemüt hat und generell eher wenig mit dieser Art Umgangston zu tun hat oder zu tun haben will. Denn eines ist wohl klar: So satt der Protagonist das Leben hat, so vollmundig ist auch sein Umgang damit. Ohne Rücksicht auf Verluste oder familäre Beziehungsbande lebt er sein Leben weiter wie bisher, und der Leser kommt nicht umhin, sich zu fragen, warum genau eigentlich dieses doch offensichtlich ganz nette Leben überhaupt ein Ende finden sollte. Dass das Ende (sowohl des Lebens als auch des Buches) schnell vorhersehbar ist, tut dem unterhaltenden Aspekt keinen Abbruch - gegenteilig gewinnt Ficken und Sterben mit jeder Seite an Unterhaltungswert.

Inwieweit Jon Øystein Flinks Bücher in Deutschland wirklich Erfolg haben werden, bleibt vermutlich abzuwarten. In das Anti-Pop-Programm des UBooks-Verlages passen sie jedoch nahezu perfekt rein. Sollten also weitere Titel dieses Autors ihren Weg in eine deutsche Übersetzung finden, werden sich einige der Genre-Giganten aus deutschen Gefilden warm anziehen müssen. Denn die norwegische Konkurrenz schläft nicht - ein Reinlesen lohnt sich in jedem Fall, alles andere ist dann wohl - wie bei den meisten UBooks-Titeln - einfach Geschmackssache.


Fazit:

Ficken und Sterben wirkt erstmal wie die Aneinanderreihung abstruser Erlebnisse eines eigentlich lebensmüden Mannes nach seinem gescheiterten Selbstmordversuch. Erst nach dem Lesen und längerem Wirkenlassen findet die eigentliche Aussage den Weg in die Gedanken des Lesers und beißt sich dort fest. Ein Buch, das nachhallt, jedoch seine Zeit braucht, um die volle Wirkung entfalten zu können.


Wertung:

Handlung: 3/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3/5