Der Tote in der Kirchenbank (Friedhelm Degenhardt)

Projekte-Verlag Cornelius, Dezember 2010
Klappbroschur, 210 Seiten, € 14,90
ISBN: 978-3862372539

Genre: Belletristik


Klappentext

Inmitten des Schmelztiegels Ruhrgebiet liegt die kleine Evangelische Kirchengemeinde Wanne-Süd mit ihrer Zwölf-Apostel-Kirche. Eines Tages läutet die Totenglocke vom Turm, aber eine Beerdigung steht nicht an. Frau Wasper, die Gemeindesekretärin, welche im Kirchsaal nachschaut, um den Übeltäter zu stellen, der die Glocke in Schwingung versetzt hat, findet stattdessen einen Toten in der Kirchenbank vor dem Altar. In der Aufregung über den erschreckenden Fund wird nicht sofort erkannt, dass die beiden Bilder rechts und links vom Altar an der Stirnwand fehlen. So entwickelt sich zwischen Glauben, Suchen und Finden langsam so etwas wie Gewissheit, jedoch bis dahin sind noch viele Wege zu gehen und Gespräche zu führen. So an der Mosel, wo zufällig die Spur zu den Bildern wieder aufgenommen werden kann, als auch vor Ort, wo den alltäglichen Erfordernissen nachgegangen werden muss, wo sich Fragen und Antworten zum christlichen Glauben mischen mit der Suche nach der Lösung des Rätsels über den Toten in der Kirchenbank.


Der Autor

Friedhelm Degenhardt wurde am 18.Dezember 1930 in Wanne-Eickel geboren, Abitur 1951, anschließend Studium naturwissenschaftlicher Fächer, im Hauptfach Geodäsie, an der TH Hannover, und als Studium Generale: Deutsche Dichtkunst und philosophische Vorlesungen, Diplomhauptprüfung 1957, danach Referendariat und Zweite Große Staatsprüfung 1960 in Köln.

Hiernach wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Stadt Wanne-Eickel, ab 1965 Leiter des Vermessungs- und Katasteramtes Wanne-Eickel, nach dem Zusammenschluss der Städte Herne und Wanne-Eickel zur neuen Stadt Herne Leiter des Vermessungs- und Katasteramtes Herne bis Ende 1995.
Hobbys: Der Chorgesang (Klassische Kirchenmusik, Gospels, Oratorien), das Zeichnen – meist auf Reisen und bei Wanderungen- und das Schreiben von Kurzgeschichten.


Rezension

Eine kleine Gemeinde in Wanne Süd, in der das Leben noch in geregelten Bahnen verläuft. Es gibt eine Menge freiwilliger Helfer, die dem Pastor zur Hand gehen und dafür sorgen, dass es in und um die Kirche herum immer gepflegt aussieht. Bei morgendlichen Besprechungen wird der Tag eingeteilt, Aufgaben besprochen und verteilt und allgemeiner Klatsch wird gepflegt. Man kennt sich untereinander, die Gemeindmitglieder, ihre Familien, ihre Hobbys und sonstige Gewohnheiten. In dieses friedliche Idyll platzt ein unbekannter Toter, der einfach friedlich, aber tot, in einer Kirchenbank sitzt. Wer ist dieser Mann, der keinem bekannt vorkommt? Hat er wohl etwas mit den plötzlich verschwundenen Altarbildern zu tun? Hat er die Diebe überrascht, oder haben die die Gunst der Stunde genutzt? Die Gemeindemitglieder suchen dringend Antworten und beteiligen sich fleissig bei der Aufklärung um den Raub und die Identität des Toten.

Was eigentlich ganz spannend klingt, verliert sich recht schnell in Banalitäten. Bis ins kleinste Detail schildert Degenhardt den Alltag der Gemeindemitglieder, vom Frühstück bis zum Abendessen, inklusive der Einkäufe und sonstiger Aktivitäten dazwischen. Der unbekannte Tote degradiert zur Nebenfigur, die Ermittlungen geraten recht schnell ins Stocken und man hat nicht den Eindruck, dass ihnen große Priorität zugedacht wird. Der Dorfpolizist ermittelt gerne mal bei einem Glas Bier, wenn nicht heute dann morgen irgendwann. Zum Schluß hin häufen sich die Zufälle, aber so richtig versteht man die Zusammenhänge dann doch nicht. Das liegt hauptsächlich an dem zerpflückten Stil des Autors, der durch Schilderung von sämtlichen Kleinigkeiten den Lesefluss erheblich beeinträchtigt. Hinweise werden nur sehr spärlich eingebaut, außerdem muss man auch aufpassen, dass man die einzelnen Mitglieder der Rentnergang wegen Namensähnlichkeiten nicht durcheinander wirft. Jeder hat seine eigene Routine und seine Pflichten in der Gemeinde, beschaulich ist der Lebensabend. Da ist es auch kein Wunder, wenn unerwartet in einem Urlaub an der Mosel sich auf einmal Hinweise auf die entwendeten Altarbilder ergeben, die Ermittlungen einfach in die eigenen Hände genommen werden. Die Polizei bemüht sich ja sowieso nicht.

Beschaulich plätschert das Buch vor sich hin, wer Interesse an den Alltäglichkeiten des Lebens hat, der ist hier genau richtig. Eindringliche schildert der Autor, wie eine kleine, eingeschworene Gemeinde funktioniert, ohne ihre freiwilligen Helfer wäre wohl jede Gemeinde aufgeschmissen. Die Charaktere sind realistisch und nicht zu übertrieben, sie sind vorwiegend im Rentenalter. Die arbeitende Bevölkerung wie der Pfarrer und die Sekretärin bleiben leider etwas blass und im Hintergrund, dafür gibt es andere, auf deren Leben wesentlich ausführlicher eingegangen wird. Der Fokus liegt eindeutig auf dem Gemeindeleben und der Wiederbeschaffung der gestohlenen Bilder, der Tote ist zweitrangig und man wundert sich im Nachhinein, dass es tatsächlich zu einer Lösung des Falles kommt. Ein paar Zeichnungen am Ende des Buches geben einige Eindrücke wieder von Orten, die sehr gut gelungen sind und die Atmosphäre wunderbar eingefangen haben.


Fazit

Ein Zusammenspiel banaler Alltäglichkeiten bestimmt die Richtung, die die Geschichte eingeht. Langatmige und ausschweifende, detailreiche Erzählungen von Unwichtigkeiten erschweren den Lesefluss enorm und man muss schon sehr genau aufpassen, wann man wieder mal Kleinigkeiten zu dem Toten in der Kirchenbank erfährt. Bei einem Deutschaufsatz würde man glatt sagen können: Thema verfehlt, denn von einem spannenden Krimi ist die Geschichte meilenweit entfernt. Wer aber umfassend aus dem Leben einer Rentnergang informiert werden möchte, der ist hier genau richtig.


Pro und Contra

+ realistische Charaktere
+ beschaulich
+ Einblicke in die Gemeindearbeit
+ Leute wie Du und Ich
+ bekanntes Setting

- langatmig
- viel zu detaillierte Nebenhandlungen
- Spannung entsteht leider nicht
- etwas unübersichtlich

Wertung:

Handlung: 3/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 2,5/5
Preis/Leistung: 2,5/5