Das verbotene Eden - David und Juna (Thomas Thiemeyer)

PAN (August 2011)
460 Seiten, 16,99 €
ISBN: 978-3-426-28360-8

Genre: Dystopie / Science Fiktion

 


Klappentext

Die Menschheit steht kurz vor ihrem Ende. Seit den „dunklen Jahren“ leben Männer und Frauen in erbitterter Feindschaft. Die Zivilisation ist untergegangen: Während die Männer in den Ruinen der alten Städte hausen, haben die Frauen in der welchen Natur ein neues Leben angefangen. Nichts scheint undenkbarer und gefährlicher in dieser Welt als die Liebe zwischen der 17-jährigen Kriegerin Juni und dem jungen Mönch David. Und doch ist sie der letzte Hoffnungsschimmer …


Rezension

Thomas Thiemeyer arbeitete zunächst leidenschaftlich als Illustrator und entdeckte erst nach fünf mystischen, erfolgreichen Wissenschaftsthrillern, zuletzt Korona, das Jugendbuch-Genre für sich. Mit „Das verbotene Eden – David und Juna“ beginnt er, nach den „Chroniken der Weltensucher“, nun einen neuen, großen Zyklus und malt ein höchst bedrohliches Zukunftsbild. Eines, in dem Männer und Frauen auf getrennten Seiten stehen.

>> „Jetzt kniet nieder und sprecht die Worte unseres Ordens: Wir wenigen, wir glücklichen wenigen, wir Schar von Brüdern. Wer heute sein Blut mit mir vergießt, soll mein Bruder sein. Denn, Männer, ich rufe euch zu: Wenn es eine Sünde ist, Ehre zu erstreben, bin ich die sündigste Seele, die je gelebt hat. <<

David und Juna könnten unterschiedlicher kaum sein, denn während sich die Siebzehnjährige ihre Zeit damit vertreibt, wehrlose Frauen vor den Übergriffen so mancher Männerhorde zu schützen, wühlt der junge Mönch David in alten Schriften und lebt als Mönch unter Brüdern. Er hält sich für einen einfachen Mann und liebt es verbotenen Büchern wie Romeo und Julia zu lesen. Doch als dieser harmlose Junge in die Hände der angeblichen Hexen fällt, scheint sein Schicksal besiegelt. Nur Juna erkennt in David mehr als die übrigen Kriegerinnen. Bald darauf muss nicht nur die stolze Kriegerin um ihr Leben fürchten, sondern ebenso ihre schöne Mutter, die Hohepriesterin, deren Feinde einen endgültigen Kampf beschwören. Denn ein möglicher Frieden zwischen den Geschlechtern ist für viele längst nicht mehr erwünscht …


Dystopien sind der aktuelle Trend – egal ob düster geschrieben wie Thomas Elbels Thriller „Asylon“, nachdenklich machend wie Suzanne Collins „Die Tribute von Panem“ oder aber sanfte sowie unaufdringliche Geschichten über Hebammen, die das Schicksal einer ganzen Stadt entscheiden („Die Stadt der verschwundenen Kinder“): Stück für Stück verfallen Autoren und Leser diesem Genre. So auch Thomas Thiemeyer, der alle geneigten Fans von Liebes- und Abenteuergeschichten nun mit einer möglichen, virusbedingten Feindschaft zwischen Männer und Frauen unterhält. Äußerst gelungen, wie man zugeben muss, denn schnell fühlt man sich in dieser Welt gefangen und lässt sich auf die recht unterschiedlichen Protagonisten ein. Besonders David, ein eher schüchterner Junge, besticht den Leser ungemein und weiß durch seine nachvollziehbare Art zu überzeugen. Sein amouröser Gegenpart, die hübsche, dominante Juna, ist um ein vielfaches hitziger. Ihre Heimatstadt wird dem Leser am nächsten gebracht und schon früh fließen die kleineren Unruhen und Machtkämpfe verfeindeter Parteien ein. Denn wie man es auch dreht und wendet verachten sich seit dem Ausbruch eines Virus (der seit achtzig Jahren wüten soll) die Geschlechter gegenseitig, bis die vorherrschende Gewalt ihr übrigens tat: Frauen wurden zu kriegerischen Priesterinnen (die Natur schätzend) und Männer mutierten, bis auf wenige Ausnahmen, zur technikbegeisterten Rücksichtslosigkeit in Person. Allem voran Junas Mutter leidet unter der Situation und der äußerst brutalen Art, mit den Männern umzugehen, deren Trupps Dörfer notgedrungen überfallen, um Vorräte zu steheln und im Schandzirkel die sich darbietenden Frauen zu schwängern. Eine friedlichere Ordnung soll entstehen. Eine, die das Fortbestehen der weiblichen Gesellschaft sichern soll, doch nur wenige sind bereit umzudenken. Ähnlich spalten sich auch die Reihen der Männer und besonders der Inquisitor verfolgt einen teuflischen Plan.

Thomas Thiemeyer konzentriert sich in diesem Roman sehr auf die atmosphärische Ausarbeitung beider Seiten (die dennoch ein bisschen genauer hätte sein können) und das spannende, wenn auch nicht unbedingt innovative Abenteuer, das dahinter steht. Trotzdem werden gerade jene Leser etwas enttäuscht sein, die sich eine ausgefeilte Liebesgeschichte erwarten. Denn mag es zwischen David und Juna auch merklich knistern, so bekommen diese beiden Charaktere nicht viel Zeit, um den Leser von ihrer Liebe zu überzeugen, deren Kraft sie den Plan fassen lässt, gemeinsam (im wahrsten Sinn des Wortes) auszufliegen. Auch ihre Entscheidungen sind nicht immer sofort nachzuvollziehen – Juna ist zu rasch bereit ihr Leben zu riskieren und David allzu schnell der sich beachtlich entwickelnde Held. Dennoch bleibt man hingerissen und kaum fähig den Roman aus den Händen zu legen. Zu packend sind Handlungsverlauf und Spannungsbogen; die Frage, ob David und Juna noch einen gemeinsamen Weg finden, bleibt – wie immer – der alles interessierende Wendepunkt. Mehr will der Leser erfahren. Auch ob es jemals möglich sein wird, die zerschlagenen Brücken zwischen Männer und Frauen wieder aufzubauen. Die nächsten zwei Bände dieser Trilogie, mit anderen Protagonisten, denn diese Geschichte ist vorerst in sich abgeschlossen, werden mit großer Sicherheit die Entwicklung dieser Welt weiterführen. „Das verbotene Eden – Logan und Gwen“ soll voraussichtlich im nächsten Jahr erscheinen und schon jetzt freut man sich auf Thomas Thiemeyers charakterlich manchmal oberflächliche, dennoch aber durchaus gelungene Art, seine Welt dem Leser näher zu bringen und mit einem glaubwürdigen Setting zu untermalen.

Statt einer Antwort zog Juna ein Seil aus der Tasche. Sie verknotete es an einem der hölzernen Begrenzungspfähle und hakte es in einer speziellen Halterung an ihrem Gürtel ein. Sie zog Lederhandschuhe über, dann trat sie dicht an ihn heran. „Leg deinen Arm um mich.“

(Seite 281)


Fazit

Mit seiner Geschichte über die Spaltung von Männer und Frauen weiß Thomas Thiemeyer in vielerlei Hinsicht zu überzeugen. Gekonnt mischt er verschiedenste, naheliegende Phantasien mit dem realistisch Möglichen und entführt den Leser in eine farbig ausgemalte Welt. Kleinere Logiklöcher und Schwächen zum Trotz ist „Das verbotene Eden – David und Juna“ ein lesenswerter Roman für dystopisch begeisterte Jugendliche sowie Erwachsene.


Pro und Kontra

+ überaus spannende Handlung
+ stimmungsvolle Grundidee
+ sprachlich sehr atmosphärisch
+ ein echter Pageturner
+ lyrische Zitate aus Romeo und Julia


o Handlung nicht untypisch
o abenteuerfokussiert


- überhastete Liebesgeschichte
- leicht schwächelnde Charaktere

Bewertung:

Handlung: 4 / 5
Charaktere: 3 / 5
Lesespaß: 4,5 / 5
Preis/Leistung: 4 / 5


Rezension zu "Korona"

Tags: Jugenddystopie