Das Land der verlorenen Seelen - Nacht (Elena Melodia)

Pan (Oktober 2011)
Gebundene Ausgabe, 448 Seiten, 16,99 €
ISBN: 978-3426283332

Genre: Jugendbuch/Mystery/Fantasy


Klappentext

Seine Berührung ist wie Eis, das mich verbrennt, mich wärmt und tief in mir schmilzt.

Eigentlich lebt Alma das perfekte Teenager-Leben: Sie führt mit ihrer kleinen Clique das Leben auf dem Schulhof an, und auch ihr neuer Mitschüler Morgan, der sie mit seinen seltsamen violetten Augen verzaubert, scheint fasziniert von ihr. Doch Alma hat ein Geheimnis: Nacht für Nacht sieht sie in ihren Alpträumen bestialische Morde. Als sie herausfindet, dass diese tatsächlich geschehen, wendet sie sich als Allererstes an Morgan. Die beiden kommen einem Geheimnis auf die Spur, in dessen Zentrum Alma selbst steht und über das sie Morgan zu verlieren droht …

Spannend, romantisch und geheimnisvoll: Ein atemberaubendes Leseabenteuer um erste Liebe, wahre Freundschaft und große Gefahr!


Rezension

Nach einem Verkehrsunfall erhält Alma eine Gabe, die auch ihr Fluch sein soll: Sie sieht in Alpträumen bevorstehende Morde und schreibt diese des Nachts in ihrem violetten Hefter nieder. Erst am nächsten Morgen findet und liest sie die Geschichten, welche die letzten Augenblicke der bald Ermordeten verzeichnen. Als Alma merkt, dass ihre Fähigkeit eine Möglichkeit ist, den Tätern auf die Spur zu kommen oder aber die vermeindlichen Opfer zu retten, scheint vieles schon zu spät. Voller Verzweiflung vertraut sie allein Morgen, dem rätselhaften Jungen an ihrer Schule an, ihr Geheimnis und merkt dabei, dass viel mehr hinter ihren Vorhersagen steckt. Doch nicht nur ihre Alpträume und die damit verbundene Verantwortung plagen sie - Alma muss sich auch um ihre Freundinnen kümmern und sich somit auch mit fanatischen Sektenmitgliedern anlegen. Und auch innerhalb ihres Freudeskreises bleibt es ihr nicht erspart festzustellen, dass nicht alles so ist, wie es scheint.

"Nacht" von Elena Melodia zeigt schon auf den ersten Seiten, dass dies ein Roman ist, der sich vom Mainstreamfluss deutlich entfernt. Allein der Sprachstil und die Art, wie die Autorin ihre Geschichte beginnt, ihre Charaktere einführt und auch die Gegebenheiten der gesamten Umgebung festhält, deutet auf eine weitaus andere Herangehensweise hin, wie sie sonst so üblich scheint. Statt nahbare Charaktere und warme Umgebungen voller potenzieller Liebe und Emotionen, findet man sich in einer kalten Welt mit starren Charakteren und der Grausamkeit des Schicksals wieder. Die Atmosphäre wirkt aalglatt, jeder Satz spiegelt die Härte des Lebens und das unerbitterliche Schicksal der Welt. wieder. Durch das Aufgreifen vieler gesellschaftlicher Normen und Werte, die hier in absoluter Klarheit auf den Punkt gebracht werden, fühlt man sich gefangen in einer Faszination für die präzise Wahrheit der Dinge. Der Leser kann sich so schon von Beginn an mit den Handlungen und Wertvorstellungen identifizieren, obgleich der Samen für die Hauptstoryline der Geschichte noch gar nicht gesät wurde. Zwischen vielen negativen Emotionen und all der Kälte, die den Leser auf Hochspannung halten, entstehen jedoch auch Gefühle - Liebe, die ihren Beginn in den Tiefen der Nacht findet.

Geschichtenliebhaber die dazu neigen, auf der ersten Seite aufzugeben, werden mit diesem Roman bestimmt nicht glücklich. Denn es braucht, ob der ungewöhnlichen Einführung, schon ein bisschen Geduld, bis man letzendlich in eine spannende und intrigante Kriminalgeschichte eintauchen darf, die für einen Jugendroman mit allen Wassern gewaschen ist. Zwischen Brutalität und offensichtlicher Gewalt, die die Morde und auch andere Vorfälle innerhalb des Romans authentisch unterstreichen, legt die Autorin sehr viel Wert auf die psychische Entwicklung ihrer Charaktere. Zu Beginn lernt man Alma als kalten, unnahbaren Menschen kennen, der eine Fassade um seine Gedanken und Gefühle baut, ähnlich einer undurchdringbaren Festung. Überrascht stellt man fest, dass man Alma jedoch auf Anhieb ins Herz schließt und trotz ihrer abweisenden Art eine gewisse Sympathie für sie hegt. Doch ihre Freundinnen Naomi, Seline und Agatha, die innerhalb ihrer Clique fest zueinander stehen, distanzieren sich immer mehr voneinander. Jeder geht seinen eigenen Weg. Schon bald sieht Alma sich gezwungen, ihren Freundinnen zu helfen, die den Glauben an sich selbst zu verlieren drohen. Auch hier trägt Zusammenhalt Früchte, auch hier kann etwas entstehen, dass über einfache Freundschaft hinausgeht. Und während sich die Protagonistin, sowie die anderen Figuren in andere Richtungen entwickeln und neue Wege einschlagen, kommen erstmalig phantastische Elemente ins Spiel: Die schwarzen Männer mit den Sonnenbrillen und den schwarzen Hüten, die es aus irgendeinem Grund auf Alma abgesehen haben. Zwar erfährt man nicht viel über diese Gestalten der Nacht, doch es ist zu erwarten, dass diese in den Folgeteilen dieser Serie noch eine größere Rolle spielen werden. Morgan, der einzige Mensch, der etwas über diese Kreaturen zu wissen scheint, hält Informationen zurück und Alma spürt, dass mehr hinter seinem Wesen und seiner Fassade steckt, als er bisher hat durchblicken lassen.

Mit fortschreitender Seitenzahl verliert die Geschichte nicht an Spannung - im Gegenteil, sie nimmt von Seite zu Seite zu. Einer der wenigen Kritikpunkte wäre allerdings die Vorhersehbarkeit der Ereignisse, welche hier doch relativ häufig auffällt. Der nahende Höhepunkt gibt dem Leser keine vollständige Auflösung der Geschehnisse, sondern noch mehr Indizien, noch mehr Fragen. Vor allem die entstehende Neugierde lässt das Leserherz höher schlagen, und da andere Vorkommnisse jedoch aufgeklärt werden, empfindet der Leser zum Ende hin doch keinerlei Enttäuschung, sondern vielmehr den Drang, weiterhin dieser Geschichte zu lauschen, die wahrlich etwas Besonderes an sich hat. Alles in allem steckt in diesem Roman - zwar keine neue -, allerdings eine ausbaufähige Idee, die mit interessanten Details und viel Potenzial den Leser auf mehr hoffen lässt.


Fazit

"Nacht" von Elena Melodia bietet dem Leser eine spannende Mysterygeschichte, welche einen sofort in seinen Bahn zieht. Durch den besonderen Schreibstil sticht dieser Roman wohltuend aus dem sonstigen Mainstreamfluss heraus und strahlt durch klare Worte und präzise Handlungen. Die Vorhersehbarkeit der Ereignisse schmälert keinesfalls die Spannung innerhalb der Geschichte, obwohl dort etwas verzwicktere Handlungsstränge potenziell die Spannung noch gesteigert hätten. Für vagemutige Leser, doch auch für solche geeignet, die bei einer spannenden Geschichte nicht Nein sagen können!


Pro & Contra

+ Eindrucksvoller, düsterer Sprachstil
+ präziser Ausdruck, klare Worte
+ Sympathische Charaktere
+ Spannende Mysterygeschichte
+ Idee mit Potenzial
+ wunderschönes Cover

o Umsetzung der Idee nicht ganz geglückt
o zu wenige Details über die "schwarzen Männer" (hoffentlich im Folgeband)

- große Vorhersehbarkeit der zusammenlaufenden Handlungsstränge

Bewertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5