Gail Carriger (deutsche Übersetzung - 29.02.2012)

Interview mit Gail Carriger

Literatopia: Hallo Gail, danke, dass Du Dir die Zeit nimmst, uns ein paar Fragen zu beantworten. Erzähl uns doch zu Beginn ein bisschen mehr über Dich: Wer bist Du und welche Art von Büchern schreibst Du?

Gail Carriger: Ich wurde in einer kleinen kalifornischen Stadt als Kind einer britischen Exgärtnerin mit einem Faible für Tee und einem tischlernden Dänen, der nebenbei philosophische Texte verfasste, geboren. Die Sommer verbrachte ich in Devonshire, England, und reifte schließlich mit dem brennenden Verlangen heran, die Vergangenheit zu erforschen und in andere Kleinstädte dieser Welt zu entkommen. Deshalb auch die Archäologie. Schlussendlich kam ich wieder nach Kalifornien zurück; mit viel zu vielen Hochschulabschlüssen im Gepäck, einer von meiner Mutter geerbten Vorliebe für Tee, einem Hang zum Schreiben von meinem Vater, und einer furchtbaren Angewohnheit, mich in fremden Ländern herum zu treiben, auf der Suche nach faszinierenden Artefakten – die beiden anderen Angewohnheiten nahm ich erbarmungslos überall hin mit. Ich schreibe Steampunk-Alternativgeschichte-Urban Fantasy-Konversationsstücke, eine Mischung, die einleuchtet, wenn man meinen Hintergrund betrachtet.

Literatopia: Im Juni 2011 erschien erstmalig in deutscher Sprache Dein Debütroman "Glühende Dunkelheit". Eine witzige Geschichte über Miss Alexia, die sich trotz allem Nichtbemühens in den stattlichen Alpha Lord Maccon verliebt und an seiner Seite einer Reihe von Gefahren gegenüber treten muss. Magst Du uns vielleicht ein bisschen mehr darüber erzählen?

Gail Carriger: Alexia ist eine alte Jungfer die mit einer ganzen Menge peinlicher Probleme zu kämpfen hat: sie hat italienische Vorfahren (und sieht auch so aus), sie liest zu viel, sie hat keine Seele, sie hat unabsichtlich einen Vampir getötet und hat jetzt deshalb einen riesigen Werwolf am Hals. Sie löst diese Probleme indem sie ihnen entweder mit einem Sonnenschirm auf den Kopf schlägt oder auf sie einredet, beides mit vergleichbar verheerenden Folgen. Ach ja, und ihre beste Freundin neigt stark dazu, sehr alberne Hüte zu tragen.

Literatopia: Alternative Geschichte trifft übernatürliche Elemente und einen gehörigen Schuss Humor. Wie bist Du auf die Idee gekommen so eine Mischung zu kreieren und was war für Dich das Sonderbarste der viktorianischen Zeit?

Gail Carriger: Das ist ganz einfach: Es war genau das, was ich gerne lesen wollte. Ich mag Steampunk, aber das Genre ist mir ein bisschen zu dunkel und zu voll von Technologiegeschwätz. Ich mag Urban Fantasy aber ich bin nicht sonderlich wild auf eine moderne Kulisse für meine Geschichten. Also hab ich mir gedacht, ich könnte die beiden Genres ja verbinden und sie mit ein bisschen Romantik und viel Humor weiter verändern. Dann hab ich begonnen darüber nachzudenken, in welche Welt diese verschiedenen Elemente hineinpassen könnten. Ich kenne mich mit der viktorianischen Zeit gut aus und finde sie und alles was sie ausmachte großteils herrlich amüsant – diese lächerlichen Modetrends und diese Obsession mit Benimmregeln und Etikette schienen wie das perfekte Szenario, um ein paar Vampire (die die Mode und Regeln bestimmen), Werwölfe (die sich darüber lustig machen) und Steam-Technologie hinein zu streuen. Ich habe mir gedacht, dass das viktorianische London alles das an Komik und Humor zu bieten hat, was ich selbst vielleicht durch Plot und Figuren allein nicht zu bieten habe.

Literatopia: Alexia besitzt keine Seele, dafür leidet aber Werwolf Lord Maccon an einem beachtlichen Überschuss. Was hat Dich dazu inspiriert, Dir das Übernatürliche so zu erklären? Und wird es im Verlauf Deine Reihe noch von andersartigen Seelenüberschüssen, bzw. Wesen zu lesen geben?

Gail Carriger: Ich habe einfach mal darüber nachzudenken begonnen, was einen Untoten ausmachen könnte – wenn Werwölfe und Vampire überall herumspringen, was könnte sie davon abhalten, jeden, den sie treffen, zu verwandeln? Da muss es eine natürliche Kontrolle für diese Vermehrung geben. Mit dem, was ich über die wissenschaftlichen Theorien der viktorianischen Zeit wusste, habe ich mal angenommen, dass ein Seelenüberschuss nur bei manchen Leuten gegeben sein konnte, was eventuell die Überlebensrate bei Bissen erklärt. Daraufhin hab ich Nachforschungen über die Messung der Seele betrieben – ein amerikanischer Wissenschaftler hat das im späten 19. Jahrhundert tatsächlich versucht.

Das hat mich wiederum auf die Idee gebracht, dass, wenn manche Leute zu viel Seele haben, andere zu wenig, oder gar keine haben müssten. Und solche Leute könnten übernatürliche Fähigkeiten neutralisieren. Und so entstand Alexia. Dass Alexia beginnt zu erkennen, was dahinter steckt, ist aber ein Prozess, der sich durch die ganze Serie zieht. Im Zuge der nächsten Bücher werden meine Leser aber noch eine andere Art des Seelenüberschusses kennen lernen.

Literatopia: Im Juli und im September 2011 sind die nächsten zwei Romane der Alexia-Reihe „Brennende Finsternis“ und „Entflammte Nacht“ erschienen. Kannst Du uns ein bisschen mehr über die einzelnen Geschichten erzählen? Wie viele Bände sind derzeit eigetlich geplant?

Gail Carriger: In Brennende Finsternis verschwindet Lord Maccon plötzlich. Als Alexia beginnt, sein plötzliches Verschwinden (noch dazu in Schottland) zu untersuchen, stellt sie die Gruppendynamik im Werwolfrudel auf den Kopf wie das nur Seelenlose können. In „Entflammte Nacht“ muss sich unsre erhabene Heldin mit ihrer schrecklichen Familie herumschlagen und selbstmörderische Marienkäfer abwehren, während sie zum Skandal der Saison in London avanciert.
Die Reihe um Alexia besteht aus fünf Büchern: 1. Glühende Dunkelheit, 2. Brennende Finsternis, 3. Entflammte Nacht, 4. Feurige Schatten und das letzte Buch, das erst im März 2012 in Englisch erscheint, unter dem Titel „Timeless“.

Die Geschichte von Alexia und Conall wird damit aus sein. Ich liebe aber ihre Welt und habe zwei neue Reihen in Planung, die die Geschehnisse vor und nach Glühende Dunkelheit weiter beleuchten werden (siehe auch die Antwort auf die letzte Frage!). Irgendwann würde ich auch gerne ein Buch über Alexias Vater schreiben, weil es für die Leser immer wichtiger wird, seine Lebensgeschichte zu kennen. Und dann gibt es auch immer Kurzgeschichten.

Literatopia: Braun, orange und gold beherrschen die Cover der aktuellen, deutschen Ausgaben. Empfindest Du diese Auswahl als passend oder hättest Du Dir eigentlich etwas gänzlich anderes gewünscht? Und ganz ehrlich: wenn Du ein Cover für den ersten Band entwerfen dürftest, was würden wir dann zu sehen bekommen?

Gail Carriger: Ich mag die Farben und Nuancen der deutschen Cover – sehr steampunkig. Ich finde sie sind ziemlich schön und auffällig. Sie würden mir besser gefallen, wenn Alexias Kleidung die viktorianische Mode besser reflektieren würde – sie wäre sprachlos über ihren eigenen skandalösen Aufzug. Könnte ich die Cover ändern, würde ich alles gleich lassen bis auf die Haare und die Kleidung. Deutsche Fans können sich aber dahingehend auf ein spezielles Bonbon freuen, weil eine Nebenfigur im letzten Buch der Reihe tatsächlich eins der Outfits der deutschen Cover tragen wird – was Alexia sehr schockiert.

Literatopia: Nach eigener Aussage bist Du eher unbeabsichtigt ins Autorentum gestolpert. Wie kam es dazu? Hast Du vielleicht eigentlich nur für Deine Schubladen schreiben wollen? Und wo nahm dieser „Zufall“ seinen Anfang?

Gail Carriger: Ich wollte immer Archäologin werden, Schreiben war eher sowas wie Atmen für mich – eben etwas, das ich einfach tat. Erst bei Glühende Dunkelheit habe ich erkannt, dass ich vielleicht sogar eine Karriere als Autorin haben könnte. Ich hab mich noch immer nicht von diesem Schock erholt.

Literatopia: Ordnungsmensch oder Chaostiger? Welches von beiden trifft auf Dich zu und wie weit hat Dich diese Eigenschaft beim Schreiben behindert oder unterstützt?

Gail Carriger: Oh, ich bin sehr zivilisiert und ordentlich. Da ich immer meine Abgabetermine vor Augen habe und keinen normalen Job habe (der liegt momentan auf Eis), schreibe ich an Wochentagen von 14h bis 19h – mit Teepausen. Meine Mitbewohner respektieren das – bis auf die Katze. Ich habe eine „Tür zu-Regel“, sprich: Ist die Tür zu meinem Büro zu, werfe ich in der Regel den nächstbesten Gegenstand nach jedem, der mich stört. Meine Mitbewohner haben das begriffen. Sogar die Katze.

Literatopia: Wo und wann schreibst Du? Brauchst Du ein gewisses Umfeld, um in Stimmung zu kommen, oder könnte um Dich herum die Welt im Chaos versinken, während Du tief konzentriert die Tasten zum Glühen bringst?

Gail Carriger: Ich schreibe den ersten Entwurf meistens zuhause, an meinem Schreibtisch, am Nachmittag. Wenn ich an einer Stelle hänge, finde ich einen Ortswechsel immer hilfreich, also setze ich mich dann in ein nahes Café. Für den zweiten Entwurf muss ich aber abseits der Öffentlichkeit und alleine sein, denn da lese ich mir den Entwurf laut vor. Würde ich das im Café machen, würden mich die Leute für verrückt halten. Den dritten Entwurf nehme ich meistens ausgedruckt mit an Board eines Flugzeuges und überarbeite ihn dort mit einem roten Stift – es ergibt sich meistens so, dass ich bei diesem Abschnitt des Arbeitsprozesses auf Reisen bin. Diese Verbesserung lese ich dann noch einmal gemeinsam mit meiner besten Freundin und Betaleserin auf der Couch in ihrem Wohnzimmer, bei viel Tee und ausgelassener Stimmung.

Literatopia: Was genau begeistert Dich am Genre Steampunk so sehr? Gibt es bestimmte Elemente, die Du besonders bewunderest? Wenn ja, welche? Und kannst Du Dir auch vorstellen, Romane in gänzlich anderen Genres zu verfassen?

brennende finsternisGail Carriger: Ich bin mit britischen Kinderbüchern groß geworden (z.B. Als die Uhr dreizehn schlug, Die Wasserkinder, Der Wind in den Weiden), habe in meiner Jugend viele Sommer in Devon in Südwestengland verbracht und habe zwei Jahre lang eine Graduiertenschule in Mittelengland besucht. Das und die Ästhetik der Mode hat mich zuerst zum Steampunk hingezogen – Steampunk bietet die Schönheit der Mode des 19. Jahrhunderts, aber mit weniger steifem Alltag. Ich liebe die viktorianische Zeit; als Kind habe ich mir zum Beispiel selbst Reifröcke aus Hula-Hoop-Reifen gebastelt. Ich mag es auch, dass man bei Steampunk die Maschinen tatsächlich arbeiten sieht – anstatt der kleinen silbernen iPods unsrer Zeit, bei denen alle Mechanismen unter dem Gehäuse versteckt sind.

Auf Steampunk bin ich, wie gesagt, zuerst aus ästhetischen Gründen aufmerksam geworden. Ich bin seit langem Fan von Vintagekleidung und Gothstil. Steampunk hat mich angezogen, weil es eine fröhliche Mischung aus beiden Elementen iat. Mir gefällt auch z.B. Schmuck aus recycelten Maschinenteilen oder andere dahingehende kreative Stücke aus der Bastlercommunity.

Ich würde gerne in vielen verschiedenen Genres schreiben. Ich liebe Mode, darum betreibe ich auch einen Modeblog (Retro Rack) wo ich mich über Vintagekleidung und -mode auslasse. Ich habe auch schon mit dem Gedanken gespielt, ein Kochbuch für Studenten zu schreiben. In mir steckt außerdem noch verschiedene andere Arten der Fiktion, von epischer altgeschichtlicher Fantasy hin zur Science Fiction.

Literatopia: Dein Schreiben wurde durch Jane Austen, BBC Kostümfilmproduktionen und auch durch Deine teebesessene, aus Großbritannien ausgewanderte Mutter geprägt. Woher aber kam der Humor? Bezeichnen Dich die Menschen in Deine Umgebung generell als humorvoll? Und, auch ganz wichtig: welche BBC Produktion findest Du am allerschönsten?

Gail Carriger: Auf meinem Bildschirm klebt ein Post-it auf dem steht “Gail, vergiss nicht auf den Humor!”. Mir ist es lieber, Leute zum Lachen als zum Weinen zu bringen. Ich will dass meine Leser meine Bücher glücklich aus der Hand legen – die Welt ist schon deprimierend genug, da muss ich nicht noch nachhelfen. Außerdem habe ich vor Glühende Dunkelheit drei besorgniserregende Dinge festgestellt: 1. Von meinen Kurzgeschichten verkauften sich nur die komischen, 2. Steampunk und Urban Fantasy sind zwei eher dunkle Genres, 3. meine Lieblingsautoren schrieben großteils komische Bücher (PG Wodehouse, Douglas Adams, Terry Pratchett, Jasper Fforde). Darum habe ich mir gedacht, dass es an der Zeit ist, die Genres ein bisschen durchzumischen und ein Buch zu schreiben, das aus jedem Genre genau die Elemente vereint, die mir daran am besten gefallen – eine starke weibliche Hauptfigur, Steampunk, Urban Fantasy UND Humor.

Der größte Teil der Komik in den Büchern ist skrupellos aus dem echten Leben und den Menschen um mich übernommen. Ich weiß nicht ob mich Leute wirklich als humorvoll bezeichnen würden, vielleicht gerade mal als witzig oder sarkastisch. Allerdings nimmt mich keiner der Menschen, die es schaffen, mich längerfristig zu ertragen, wirklich ernst. Zur BBC: Ich liebe die BBC-Verfilmung North & South. Auch der erste Cranford ist aber außerordentlich gut geworden und muss deswegen auch ganz oben auf meiner Liste erwähnt werden. Bei den Serien gefällt mir vor allem Lark Rise to Candleford.

Literatopia: Wenn Du nicht gerade Tee trinkst oder am Schreiben bist, was tust Du dann? Gibt es neben dem geschriebenen Wort noch andere Hobbys in Deinem Leben? Liest Du selbst vielleicht auch sehr gern und wenn ja, welche Autoren sind Deine liebsten?

Gail Carriger: Ich war früher nebenberuflich Archäologin: Ich bin regelmäßig in die peruanische Hochebene gereist und habe dort die Keramik einer faszinierenden, mehrmals besiedelten Fundstelle untersucht (Wari – Inca – Kolonialzeit). Leider ist das Projekt und damit auch meine Tätigkeit als Archäologin jetzt vorerst eingestellt. Wenn ich gerade nicht schreibe finde ich körperliche Aktivität sehr entspannend, also tanze, schwimme oder wandere ich. Ich gehe auch gerne Vintagekleidung einkaufen (siehe auch meinen Blog Retro Rack) und bin fanatischer Fan von Podcasts. Manchmal mache ich auch alle diese Dinge gleichzeitig (OK, vielleicht nicht, wenn ich gerade schwimme), das entspannt mich und befriedigt mich immens. Außerdem liebe ich es, meine eigenen Steampunkoutfits umzunähen, zu entwerfen und anzufertigen.

Zu den Büchern und Autoren, die ich mag: Wäre ich auf einer einsamen Insel gestrandet und könnte nur drei Bücher mitnehmen, wären das die Fantasyromane The Forgotten Beast of Eld von Patricia McKillip, By the Sword von Mercedes Lackey und Taming the Forest King von Claudia J. Edwards – alle aus dem Grund, dass ich sie wieder und wieder lesen kann, ohne je von ihnen genug zu bekommen.

Literatopia: Deine Homepage beheimatet neben diversen Sammlungen über Steampunkt und Fundstücken aller Art noch einen eigenen Blog. Über welche Dinge berichtest Du und welche Erfahrungen hast Du bisher mit dem Bloggen gesammelt? Gibt es eine, die Du nie vergessen wirst?

entflammtenachtGail Carriger: Für mich ist das Bloggen ein Mittel um mich an die Ereignisse auf dieser verrückten Reise mit Alexia und dem “Parasol Protectorate” (englischer Originaltitel der Serie) zu erinnern. Ich schreibe dort zum Beispiel darüber, wie es war, mein Buch zum ersten Mal in den Verkaufsregalen zu sehen oder wie der Weg zur weiteren Veröffentlichung war, nachdem ich mein erstes Buch verkauft hatte. Ich poste Fotos von Conventions auf denen ich war, sowie Links zu Interviews, die ich gemacht habe, zu Rezensionen meiner Bücher und zu Fanart. Ich poste dort Ankündigungen über die Zukunft der Reihe und behalte dort auch den Überblick über meinen Fortschritt beim Schreiben der neuen Bücher – so bleibe ich ehrlich. Ich mach dort auch so Dinge, wie man sie bei Filmen auf DVDs unter “Extras” findet, zum Beispiel Inspirationspinnwände zu einzelnen Figuren, Mangaskizzen, eine Kolumne, wo Lord Akeldama Ratschläge gibt, und interessante Tatsachen über die viktorianische Zeit, über die ich beim Nachforschen gestolpert bin. Ich veranstalte dort auch Gewinnspiele, wo man signierte Exemplare meiner Bücher und andere Dinge gewinnen kann. Für mich ist es eine angenehme Abwechslung vom Bücherschreiben, aber wenn ich gerade eine knappe Frist erfüllen muss oder auf Reisen bin, rückt das Bloggen für ein paar Wochen in den Hintergrund.

Am meisten gefällt mir daran, wie viele wunderbare Fans ich durch das Bloggen schon getroffen habe, von den tollen Gastblogs von anderen Autoren und Fans ganz zu Schweigen – die machen Dinge wie pseudowissenschaftliche Annahmen, die in meiner viktorianischen Welt angesetzt sind, Trailer zu Büchern und Filmposter.

Literatopia: Wird man Dich dieses Jahr live erleben können?

Gail Carriger: Absolut. Ich versuche mindestens einmal im Monat auf irgendeinem Event zu sein. Auf meiner Homepage findet ihr unter „Events“ eine Liste meiner geplanten Termine. Dieses Jahr will ich einige Conventions besuchen, unter anderem die San Diego Con. Mit der Veröffentlichung von „Timeless“ werde ich auch einige Veranstaltungen in Buchgeschäften quer durch die USA haben – das wird wohl in der ersten Märzwoche sein. Und schließlich – und darauf freue ich mich schon sehr – werde ich auch im Frühling auch nach Europa kommen – wahrscheinlich Mitte April bis Mitte Mai, um bei der Veröffentlichung der ersten drei Bücher der Reihe, Glühende Dunkelheit, Brennende Finsternis und Entflammte Nacht zu unterstützen. Updates dazu dann auf meiner Homepage und meinem Blog.

Literatopia: Angeblich bist Du ganz versessen auf winzigkleine Hüte. Welche Art Hüte sind das denn genau und wie viele besitzt Du? Benutzt Du sie als Kastendekoration, oder setzt Du sie tatsächlich im Alltag auf?

Gail Carriger: Ich liebe sie einfach. Ich habe einen für jedes einzelne Steampunkoutfit, das ich besitze, und noch einige andere mehr. Ich dekorier sie am liebsten selbst und habe sogar einige völlig unverzierte, die ich dann von Grund auf selbst gestalte. Ich trage sie auf Steampunk Conventions und einige meiner Vintagehüte auch bei öffentlichen Auftritten oder anderen Veranstaltungen. Wenn ich einen besonders albernen Tag habe, bestehe ich auch schon mal darauf, dass meine Freunde einen aufsetzen, wenn sie mit mir Tee trinken wollen.

Literatopia: Du hast ganz Europa bereist und Dich dabei von Keksen ernährt. Verrate uns doch einmal ganz undiplomatisch welches Land und welcher Keks Dich am meisten beeindruckt hat!

Gail Carriger: Ganz ehrlich, das beste Gebäck, das ich je gegessen habe, habe ich im Jahr 2000 am Frankfurter Bahnhof gekauft. Was völlig unerwartet kam. Das ist auch ein Mitgrund, warum ich wieder nach Europa komme … noch so viel Gebäck, das ich kosten muss. Italien ist ganz knapp auf dem zweiten Platz – und dort hatten sie auf alle Fälle den besten Kaffee. Allerdings habe ich zum Beispiel in Frankreich noch nicht besonders viel Zeit verbracht.

Literatopia: Stichwort Tee: Gibt es eine bestimmte Tee Sorte die Du schon immer einmal empfehlen wolltest? Wenn ja welche und wie viel Tee verträgt eine Dame wie Du denn täglich? Gibt es auch noch andere Getränke in Deinem Leben oder bist Du was das betrifft ein äußerst treuer Mensch?

Gail Carriger: Oje, das ist eine ziemlich ernste Angelegenheit. Leider war ich nie ein Freund von Earl Grey Tee – ekelhaft blumiges Zeug. Ich selbst trinke Twinings English Breakfast Tee, den mit dem goldenen Etikett. Den muss ich extra aus England importieren. Er ist besser als der amerikanische Twinings, weil er nicht bitter schmeckt, auch, wenn man ihn sehr stark macht. Der sollte dann mit einem guten Schuss Vollmilch getrunken werden. Die Milch gibt ihm genau die richtige Süße. So wie guter Espresso sollte guter Tee keinen Zucker nötig haben – wenn er so bitter ist, dass man ihn ohne Zucker nicht trinken kann, hat man ihn entweder zu lange ziehen lassen, zu wenig Milch hineingegeben oder der Tee hat eine schlechte Qualität. Entweder das oder du hast dir deinen Gaumen mit sowas Gemeinem wie – schauder – Softdrinks ruiniert.

Ich trinke zwei Tassen Tee pro Tag, am Wochenende eine ganze Kanne mit ordentlichem Teeservice. Zweimal pro Woche gibt es statt dem Nachmittagstee einen guten Café Latte, aber dieser Latte muss ganz speziell zubereitet sein. Wenn ich unterwegs bin, trinke ich keinen Tee, außer in einem wirklichen Teehaus – keine der Kaffeeketten in den USA schafft es, eine gute Tasse Tee zu machen. Ich habe außerdem eine laufende Liebesaffäre mit Fruchtsäften. Maracujasaft ist mein absoluter Lieblingssaft, den trinke ich literweise, wenn ich in Peru bin. Ich trinke auch gerne Smoothies und gute Limonade, aber nie Softdrinks. Meine ungesunden Kalorien nehme ich lieber zu mir, indem ich den Zucker esse, anstatt ihn zu trinken.

Literatopia: Und wenn wir schon von Treue reden: Was dürfen wir in naher und auch ferner Zukunft von Dir erwarten? Hast Du schon genaue Pläne? Wirst Du vielleicht wieder ein neue Mischung verschiedener Genres kreiieren, oder hältst Du weiterhin fest an der viktorianischen Zeit?

Gail Carriger: Die Reihe über Alexia wird mit „Timeless“ zu Ende sein, aber ich schreibe bereits an zwei neuen Reihen, die mich sehr begeistern. Die erste Reihe ist für Jugendliche und junge Erwachsene, die „Finishing School“-Reihe, die etwa zwanzig Jahre vor den Ereignissen von Glühende Dunkelheit ansetzt und die Prüfungen, das Leid und die Lappalien dokumentiert, die Sophronia und ihre rußverschmierten Kolleginnen bestehen müssen, während sie versuchen, eine „Finishing School“, also ein Mädchenpensionat, zu überleben, wo sie lernen müssen, alles und jeden fertig zu machen. Das erste Buch der Reihe wird unter dem Titel „Etiquette & Espionage“ (dt. Etikette & Spionage) bei Little, Brown Books for Young Readers im Herbst 2012 auf Englisch erscheinen.

Meine nächste Reihe für erwachsene Leser wird in den Vereinigten Staaten bei Orbit US herauskommen und auf Englisch „The Parasol Protectorate Abroad“ heißen und vermutlich im Herbst 2013 mit dem ersten Buch „Prudence“, also Bedachtsamkeit/ Umsichtigkeit, starten, (natürlich) gefolgt von „Imprudence“, also Unbedachtsamkeit. Diese Bücher sind 25 Jahre nach den Ereignissen der Alexia-Reihe angesetzt.

Literatopia: Herzlichen Dank für das ausführliche Interview, Gail.



Dieses Interview wurde von Angelika Mandryk für Literatopia geführt und von Lucia Schwarz übersetzt. Alle Rechte vorbehalten.