Daniela Knor (01.04.2012)

Interview mit Daniela Knor

Literatopia: Hallo Daniela! Schön, wieder einmal mit Dir zu plaudern. Kürzlich ist von Dir „Outcast“, ein Roman aus dem Justifiers-Universum, erschienen. Was kannst Du uns darüber verraten?

Daniela Knor: Hallo! Ja, seit ein paar Wochen ist „Outcast“ im Handel, und wer die Justifiers-Reihe noch nicht kennt, dem sei verraten, dass es sich um eine von Markus Heitz initiierte SF-Reihe handelt. Wobei Markus SF mit Space Fiction übersetzt, weil deutlich werden soll, dass man kein Physik-Studium braucht, um Spaß an den Justifiers zu haben. „Outcast“ erzählt von einem Gefangenentransport durchs All, der außer Kontrolle gerät. Da geht es um Leben und Tod, Loyalität und Sabotage, und um die Frage, wem man an Bord eigentlich noch trauen kann.

Literatopia: Die optische Gestaltung der Justifiers-Romane sieht nach Space Opera aus – trifft es das? Wie würdest Du das Justifiers-Universum beschreiben?

Daniela Knor: Eine klassische Space Opera wie „Star Trek“ würde als Vergleich etwas hinken, denn der Schwerpunkt der Justifiers-Reihe liegt eindeutig mehr auf Action und Spannung wie z. B. in der Military-SF. Die Stimmung ist – trotz einer Prise Humor – düsterer, denn im Justifiers-Universum herrschen keine gewählten Regierungen mehr, sondern gierige Konzerne. Die Helden in den Romanen müssen sich oft dagegen wehren, von diesen Konzernen für fragwürdige Ziele benutzt zu werden. Trotzdem gibt es natürlich auch die klassischen Elemente der Space Opera (Erforschung neuer Planeten, Begegnungen mit Aliens, Kriege zwischen interstellaren Imperien), die ich absolut unverzichtbar finde!

Literatopia: Was für Konzerne wären das zum Beispiel? Und spielt Justifiers eigentlich im ganzen Universum oder nur in einem bestimmten Planetensystem / einem Quadraten oder Ähnlichem?

Daniela Knor: Justifiers spielt theoretisch im kompletten Universum. In der Praxis hat die Menschheit allerdings erst einen Bruchteil des Weltalls erforscht. So kann jeder Autor mit jedem Band wieder Neuland erschließen, was viel mehr Spaß macht, als sich auf ein bestimmtes System beschränken zu müssen. Speerspitze der Eroberung neuer Planeten sind natürlich die Konzerne, die sich Rohstoffquellen und Märkte sichern wollen. Es gibt Spezialisten wie die Full Control Corp., deren Kerngeschäft Atom- und Biowaffen darstellen, und große Allrounder wie die Knowledge Alliance, die vom Löffel bis zum Raumschiff alles produzieren. Aber selbst „kleinere“ Konzerne wie Full Control verfügen bereits über eigene Planeten und militärische Einheiten, um sie zu verteidigen.

Literatopia: Was für außerirdische Lebensformen treten in den Justifiers-Romanen und speziell in „Outcast“ auf? Oder gibt es bei Dir gar keine Aliens?

Daniela Knor: Mit außerirdischen Lebensformen wird in den Justifiers-Romanen sparsam umgegangen, was mir auch besser gefällt, als wenn auf jeder Seite eine neue Alien-Art auftaucht. In „Outcast“ zum Beispiel treten die Collector aus Markus’ Roman wieder auf, weil sie zur Zeit die präsenteste Bedrohung im Justifiers-Universum darstellen. Es gibt aber auch eine von mir erdachte, neue Alien-Art mit verblüffenden Eigenschaften, über die ich aber nichts verraten kann, ohne ein paar schöne Momente im Roman zu spoilern.

Literatopia: Wer sind die Protagonisten in „Outcast“? Der Klappentext gibt diesbezüglich ja nicht viel her. Aus wessen Sicht ist der Roman geschrieben? Oder wechselt Du öfters die Perspektive?

Daniela Knor: Die Hauptprotagonistin ist Josh, eine toughe Offizierin, die ein Geheimnis verbergen muss, das ihr Leben gefährdet. Der Roman ist in erster Linie aus ihrer Sicht geschrieben, aber es gibt auch Passagen aus anderer Perspektive, um den Leser immer dorthin mitnehmen zu können, wo es gerade am Spannendsten ist. So kommt auch mal der draufgängerische Justifier Fratt zu Wort, den seine Freunde eher als größenwahnsinnig beschreiben würden, oder der loyale Wolf-Beta Loop, der sich in jede noch so ausweglose Lage stürzt, um seine Kameraden rauszuhauen.

Literatopia: Wie ist Deine Protagonistin zu einem Namen wie „Josh“ gekommen? Klingt ja zunächst erst einmal männlich – ist sie auch ein eher burschikoser Typ?

Daniela Knor: „Josh“ ist in ihrem Fall zwar eine Abkürzung für Josuanna, aber ein männlich klingender Name passt auch einfach besser zu ihr. Ihre Vergangenheit ist ja ein Geheimnis, aber ich kann verraten, dass sie keine gewöhnliche Kindheit hatte und deshalb nicht wie andere Mädchen aufgewachsen ist. Sie ist sehr rational und pragmatisch, aber wenn es um ihre Freiheit oder das Leben ihrer Kameraden geht, ist Schluss mit Kompromissen.

Literatopia: Wie war es für Dich, mit „Outcast“ einen Science Fiction-Roman zu schreiben? Musstest Du Dich erst einfinden in das Genre oder bist Du eigentlich ein alter SF-Hase?

Daniela Knor: Da ich schon als Kind gebannt vor „Star Trek“ und „Captain Future“ gesessen habe, könnte man mich vielleicht als alten SF-Hasen bezeichnen. Aber nur weil ich Philip K. Dick visionär finde und Serien wie die „Firefly“ liebe, sehe ich mich nicht als Expertin für das Genre. Muss man als Autor zum Glück auch gar nicht sein, denn es geht ja nicht darum, die Geschichte der SF zu erzählen, sondern einen spannenden Roman zu schreiben. Dafür genügt es, an das tolle Feeling anzuknüpfen, dass die Lieblingsfilme und –serien bei mir geweckt haben. Ich hoffe, dass es nun auch bei den Lesern aufkommt.

Literatopia: „Firefly“ ist absolut genial, da kann man nur zustimmen. Was denkst Du – wie kann es sein, dass eine so tolle Serie abgesetzt wurde? War „Firefly“ vielleicht doch zu unkonventionell und kritisch?

Daniela Knor: Unkonventionell auf jeden Fall. Auch in meinem Bekanntenkreis kann nicht jeder etwas mit dieser Serie anfangen, so sehr mich das auch wundert. Ob sie auch zu kritisch war? Unter amerikanischen Fans wird darüber ja wild spekuliert. Ich glaube nicht, dass ich als Deutsche wirklich beurteilen kann, ob und wie viele Leute in den USA sich von der Serie auf den Schlips getreten fühlten. Wir haben durch unsere Vergangenheit ja in vielen Bereichen eine ganz andere Einstellung. Deshalb wäre es ein bisschen verwegen, wenn ich mich an solchen Verschwörungstheorien beteiligen würde.

Literatopia: Welche der „Star Trek“-Serien hat es Dir besonders angetan? Warst Du ganz klassisch Fan der „Enterprise“ oder durfte es auch mal die „Voyager“ oder „Deep Space Nine“ sein? Und was hältst Du eigentlich von dem neuen „Stark Trek“-Film mit den jugendlichen Schauspielern?

Daniela Knor: Für mich durfte es gern auch mal „Voyager“ oder „Deep Space Nine“ sein, weil ich neugierig bin und Abwechslung mag. Auch dem neuen „Star Trek“-Film stand ich sehr offen gegenüber und wurde nicht enttäuscht. Für mich ist Humor immer ein wichtiges Element bei „Star Trek“, wodurch der Film schon mal punkten konnte. Logiklöcher müssen schon massiv und offensichtlich sein, damit ich mich davon gestört fühle. Davon war der Film weit entfernt. Bis auf Simon Pegg (den ich in anderen Rollen sehr schätze!) fand ich die jungen Schauspieler passend gewählt und hoffe, dass wir noch mehr Filme mit dieser neuen Crew zu sehen bekommen werden.

Literatopia: „Outcast“ ist bereits der sechste Justifiers-Roman – hast Du die Bücher Deiner Kollegen gelesen? Und wie bist Du überhaupt zu Justifiers gekommen?

Daniela Knor: Wie ich zu den Justifiers gekommen bin, ist so eine Geschichte, von der man als Autor träumt, aber die man natürlich selten erlebt. Ich wollte schon eine Weile gern mal SF schreiben, und dann kommt Markus auf einer Buchmesse-Party auf mich zu und fragt, ob ich Lust hätte, einen Beitrag zu einer neuen SF-Reihe zu schreiben, die er gerade auf die Beine stellt. Ja, aber hallo! Natürlich wollte ich dabei sein. Und da wir Phantastik-Autoren uns fast alle gegenseitig kennen, war auch die Zusammenarbeit mit den Kollegen kein Problem. Ich konnte „Collector“ und die ersten drei Bände lesen, bevor ich meinen eigenen geschrieben habe. Das gab mir Gelegenheit, ein paar Verknüpfungen herzustellen, und vor allem mit Thomas Finn habe ich mich auch über Figuren ausgetauscht, die nun in beiden Romanen vorkommen.

Literatopia: Klingt, als ginge es in der deutschen Phantastikszene recht familiär zu. Hast Du weitgehend positive Erfahrungen gemacht oder gibt es auch ein paar schwierige Kollegen, die einen nach einer Begegnung ratlos zurücklassen?

Daniela Knor: Ich habe überwiegend positive Erfahrungen gemacht. Alle Kollegen, mit denen ich mehr als ein kurzes Hallo ausgetauscht habe, sind sehr sympathisch, aufgeschlossen und oft auch witzig. Durch die Begegnungen auf den Messen oder bei Autorentreffen sind auch ein paar schöne Freundschaften entstanden. Aber natürlich kann man nicht zu jedem sofort einen Draht haben. Dann bleibt es beim kurzen Hallo, und manchmal bleibe ich dann auch ratlos zurück, weil ich keinen Grund dafür erkennen kann. Aber auf Familientreffen kann ja auch nicht jeder mit jedem ;-)

Literatopia: Sollte man die anderen Justifiers-Romane oder auch Markus Heitz‘ „Collector“ gelesen haben, um sich in „Outcast“ zurechtzufinden?

Daniela Knor: Nein, man muss keine Vorkenntnisse haben, um der Handlung der einzelnen Romane folgen zu können. Wir Autoren haben sie absichtlich so konzipiert, dass man sie eigenständig lesen kann, und trotzdem „Bonbons“ für Leser eingebaut, die alles in Reihenfolge lesen. Wer also alles liest, hat noch mehr Spaß, weil er Dinge wiedererkennt, die wieder aufgegriffen werden.

Literatopia: Seit letztem Jahr liegen die Jugend-Dystopien schwer im Trend – Liebesgeschichte inklusive. Denkst Du, jetzt ist die Zeit der romantischen Science Fiction angebrochen? Und könntest Du Dir vorstellen, auch in diesem Bereich zu schreiben?

Daniela Knor: Man kann darüber streiten, ob jeder Roman, der in der Zukunft spielt, automatisch Science Fiction ist. Raumschiffe sind dabei zwar nicht das ausschlaggebende Kriterium, aber ich bin sicher, dass es sogar Dystopien mit Raumschiffen und Liebesgeschichte auf den Markt schaffen werden. Ob das ein erfolgreicher Trend wird, liegt wie immer in der Hand der Leser. Auf jeden Fall kann ich mir sehr gut vorstellen, auch eine Dystopie mit Liebesgeschichte zu schreiben. Ich mag die Abwechslung, und es wäre fast schon das glatte Gegenteil von „Outcast“.

Literatopia: Auf der Fantasy-Lese-Insel auf der Leipziger Buchmesse 2012 hast Du aus „Outcast“ gelesen – wie war die Stimmung? Ist Leipzig wirklich leserfreundlicher als Frankfurt? Und bist Du überhaupt dazu gekommen, Dich auf der Messe auch ein wenig privat umzuschauen?

Daniela Knor: Leserfreundlicher, hm, einerseits ja, weil sehr viele Lesungen direkt auf der Messe angeboten werden. Von den vielen Lesungen außerhalb ganz zu schweigen. Die Stände sind kleiner, sodass man weniger von ihnen erschlagen wird (rein optisch natürlich; in Frankfurt fällt auch nichts um ;-)). Andererseits sind Lesungen auf Messen immer schwierig, weil es so laut ist. Das gilt für Frankfurt und Leipzig gleichermaßen. Unbeteiligte laufen zwischen Autor und Publikum hindurch. An einem nahen Stand wurde laut gesungen, was für den vorlesenden Autor sehr irritierend ist. Ich ziehe deshalb als Leser wie als Zuhörer Lesungen in abgegrenzten Räumen vor. Aber dafür hat man auf der Messe natürlich eine unvergleichliche Vielfalt und könnte theoretisch den ganzen Tag auf der Leseinsel sitzen und somit 16 Autoren erleben! Für mich bedeutet so ein Messebesuch vor allem, Termine mit Lektoren oder Agenten wahrzunehmen und jede Menge nette Kollegen zu treffen. Das ist immer ein bisschen wie eine große Familienfeier, und es wird auch genauso viel dabei gelacht, getratscht und Neuigkeiten ausgetauscht.

Literatopia: Unter Deinem Pseudonym „Sarah Lukas“ hast Du Dich der romantische Urban Fantasy zugewendet. Wie war die Resonanz auf Deine Engel-Romane? Und wird es weitere Ausflüge in dieses Genre geben?

Daniela Knor: Zu meinen Engel-Romanen habe ich viel positive Resonanz bekommen, vor allem begeisterte Mails von Leserinnen, über die ich mich sehr gefreut habe. So weit ich es bis jetzt absehen kann, dürfte „Der Kuss des Engels“ mein bislang bestverkauftes Buch sein. Ob ich über die Engel-Romane hinaus noch einmal romantische Urban Fantasy schreiben werde, kann ich aber noch nicht sagen. Im Moment ist es nicht geplant, aber ich habe ja ständig neue Ideen und der Buchmarkt wird immer schnelllebiger. Da kann sich mittlerweile auch schnell viel ändern.

Literatopia: Wie erwartet uns 2012 von Dir? Schreibst Du bereits am nächsten Roman? Und wo kann man Dich live erleben?

Daniela Knor: Der nächste Roman ist bereits geschrieben, aber ich darf noch nichts darüber verraten. Na ja, zumindest kann ich sagen, dass ich damit wieder Neuland betreten habe und dass es sich um ein Jugendbuch handelt. Der Rest muss vorerst Überraschung bleiben. Jetzt habe ich erst einmal wieder Exposés geschrieben und warte auf die Rückmeldungen der Verlage. Das ist immer eine spannende Sache. Mögen sie’s oder mögen sie’s nicht? Wo man mich live erleben kann, steht auch noch nicht fest. Frankfurt ist natürlich eine sichere Bank, aber noch weit weg. Da können sich zwischendurch noch Lesungen ergeben.

Literatopia: Herzlichen Dank für das schöne Interview, Daniela!

Daniela Knor: Immer wieder gern! Vielen Dank :-)

 

(Bernd Perplies und Daniela Knor auf der Frankfurter Buchmesse 2011. Foto: Copyright by Judith Gor)

 


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Dieses Interview wurde von Judith Gor für Literatopia geführt. Alle Rechte vorbehalten.