Wolfszeit (Nina Blazon)

Ravensburger (Februar 2012)
Gebunden, mit Schutzumschlag
Seiten: 576, 17,99 EUR [D]
ISBN: 978-3-473-40070-6

Genre: historischer Roman


Klappentext

Auf ihrer Liebe lasten dunkle Schatten: Thomas und Isabelle sind einem Mörder auf der Spur, der die Wälder Frankreichs durchstreicht. Ist er ein riesiger Wolf? Die Wahrheit übersteigt jede Vorstellung.

Wer steckt hinter den grausamen Morden, die die Bewohner der Auvergne in Angst und Schrecken versetzen? Es heißt, eine Bestie in Wolfsgestalt treibe in der Gegend ihr Unwesen. Eine Delegation des Königs bricht auf, um sie zu töten. Mit dabei ist auch der Zeichner Thomas, dem sich schon bald ein dunkles Geheimnis offenbart: Weder ein Dämon noch ein Wolf allein kann die Morde begangen haben. Für seinen ungeheuerlichen Verdacht setzt Thomas seine große Liebe aufs Spiel - und sein Leben.


Rezension

Eine Bestie versetzt die Menschen in der Auvergne in Angst und Schrecken. Schon viele junge Frauen und Kinder sind ihr zum Opfer gefallen, bis der König einen Jagdtrupp in die Provinz schickt, um dem monströsen Ungetier ein Ende zu setzen. Unter ihnen befindet sich der junge Wissenschaftler Thomas Auvrey, der Studien zu dem Tier anfertigen soll. Doch anders als die Bauern und Jäger, zweifelt er an der Theorie, dass es sich hierbei um einen Wolf handeln soll. Thomas beginnt auf eigene Faust zu Ermitteln und trifft dabei auf die Schwester des Marquis, Isabelle, die der Bestie von Gévaudan nur knapp entkommen konnte. Zu tiefst verängstigt ist sie der einzige Anhaltpunkt für den Wissenschaftler und mit ihrer Hilfe kommt er des Rätsels Lösung immer näher, so Nahe, dass beide in tödlicher Gefahr schweben.

So unglaublich die Geschichte sich auch anhört, sie beruht auf einer wahren Begebenheit. Ende des 18. Jahrhunderts mordete die Bestie von Gévaudan tatsächlich in der französischen Provinz und bot seither viel Stoff für Bücher und Filme. In ihrem Nachwort schildert Nina Blazon die bekannten Fakten und gibt Aufschluss darüber, inwieweit sie die Geschichte ausgeschmückt hat und welche Personen wirklich darin verstrickt waren. Auch wenn sie sehr nahe an der Realität bleibt, schafft es die Autorin, eine eigene faszinierende und düstere Geschichte zu stricken, die den Leser sofort in ihren Bann zieht.

Man findet sich in einer Zeit wieder, in der unverständliche Dinge mit der Rache Gottes erklärt werden, in der der gesellschaftliche Stand oft ein unüberbrückbares Hindernis darstellt und in der Ehen arrangiert werden, um über Fehlverhalten hinwegzutäuschen oder die Familie aufsteigen zu lassen. Nina Blazon zeigt das Leben im 18. Jahrhundert aus verschiedenen Perspektiven und wie sich die Probleme am pompösen Hof in Versailles und in der einfachen bäuerlichen Provinz unterscheiden. Thomas Auvrey lebt in gut bürgerlichem Hause und soll verheiratet werden, um seine Familie in den Adelsstand zu erheben. Dabei hat der junge, umtriebige Wissenschaftler nur seine Arbeit im Kopf und möchte um die Welt reisen, um Fauna und Flora zu erkunden. Da kommt ihm die Möglichkeit, die Bestie von Gévaudan zu erforschen, gerade Recht, um aus seinem vorherbestimmten Leben zu fliehen. Angekommen in der Provinz muss er sich dann aber mit viel Abglauben und misstrauischen Bauern herumschlagen. Als er sich dann auch noch in Isabelle, die schöne Schwester des Marquis verliebt, scheint das Schlamassel perfekt. Nie würde ihm sein Stand erlauben, eine Zukunft mit ihr zu beginnen. Isabelle hingegen ist mit ihrem Leben als Adlige unglücklich. Immer wieder sucht sie den Kontakt zum bäuerlichen Volk, wird aber von ihrem Bruder dafür zur Rechenschaft gezogen. Beide Protagonisten sind einem von Anfang sympathisch und man fiebert mit ihnen und ihrem Schicksal mit. Wie auch schon in vorherigen Bänden, legt Nina Blazon viel Wert auf die Darstellung ihrer vielen Charaktere und auch bei den Nebenfiguren gelingt es ihr mit nur wenigen Sätzen, deren Wesenzüge klar darzustellen.

Eben diese Vielzahl an Personen macht es anfangs schwer den Überblick zu behalten, aber jeder einzelne hat seine Daseinberechtigung, auch wenn die Zusammenhänge erst später klar werden. Der Leser findet sich nach kurzer Zeit wieder in einem Gestrick aus politischen Irrungen und Wirrungen und familiären Intrigen und rätselt fieberhaft mit. Wer ist die Bestie? Kann es wirklich ein Wolf sein oder steckt etwas anderes dahinter? Ständig entwickelt man neue Theorien und verwirft sie genauso schnell wieder, um dann mit einem spannungsgeladenen Ende wieder völlig überrascht zu werden, ganz nach Nina Blazon Art. Aber nicht nur die Geschichte fasziniert. Die Autorin überzeugt mit ihrem detailreichen und niveauvollen Schreibstil. Ihre Beschreibung der Schauplätze, von den pompösen Schlössern, den düsteren Wäldern bis hin zu den kleinen Dörfchen in der Provinz, ist wunderbar gelungen und vermittelt die jeweilige Stimmung eindrucksvoll.


Fazit

Wolfszeit von Nina Blazon erinnert eher weniger an ein Jugendbuch, als welches es kategorisiert wurde. Der Roman ist eine gekonnte Mischung aus Thriller, historischem Roman und Märchen, bei dem man trotz der kleinen Anlaufschwierigkeiten bis zum Ende mitfiebert. Düster und spannungsgeladen, gewürzt mit einer Prise Romantik, zieht einen der Roman in seinen Bann, so dass man ihn gar nicht mehr aus der Hand legen möchte.


Pro und Kontra

+ vielschichtige, authentische Charaktere
+ eindrucksvolle Beschreibung der Umgebung
+ mitreißend und spannend bis zum Schluss
+ unvorhersehbar

o basiert auf wahrer Begebenheit

- anfangs unüberschaubar

Beurteilung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4,5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5


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