Ein Sommer wie dieser (Annette Hohberg)

Verlag Knaur, März 2012
Hardcover, 350 Seiten, € 14,99
ISBN 978-3426652671

Genre: Belletristik


Klappentext

Es ist ein herrlicher Sommer, als Klara und Stephan sich in Italien kennenlernen und ineinander verlieben – bis eine unglückliche Verkettung von Umständen sie wieder trennt. Beide kehren nach Deutschland zurück, und die Jahre vergehen. Jeder führt sein eigenes Leben. Durch einen Zufall begegnen sie sich wieder und entdecken, dass sei noch immer dieselben starken Gefühle füreinander haben. Doch Klara ist verheiratet und hat eine erwachsene Tochter, und Stephan ist Single und zieht kurze Affären vor. Den Glauben an die große Liebe hat er aufgegeben – bis er Klara wieder trifft...


Die Autorin

Annette Hohberg arbeitet seit Jahren als Journalistin und war unter anderem Restaurantkritikerin beim Gault Millau und bei der Welt. Mittlerweile ist sie Ressortleiterin einer großen Publikumszeitschrift des Condé Nast Verlags in München. Annette Hohberg ist verheiratet und lebt am Starnberger See. Sie liest viel, kocht gern, liebt französische Filme und Musik und reist, wann immer ihr Zeit dafür bleibt.


Rezension

Klara und Stephan hatten sie – die einzige, große Liebe. Vor zwanzig Jahren in Italien, wo sie jung und unbeschwert sich kennenlernten und ihre Liebe zueinander fanden, bis sie sich wieder trennen mussten und ihr Wiedersehen im Sand verlief. Damals glaubte man noch an Versprechen, es gab keine Handys, kein Internet – und somit auch keine Chance, an irgendwelche Informationen zu kommen, besonders dann nicht, wenn man über den anderen außer seinem Namen nicht viel weiß. Beide stürzt dieses Nichtwiedersehen in eine tiefe Krise – aber das Leben geht weiter und so richten sie sich mit dem Verlust ein. Abgehakt wird es als Lebenserfahrung, die Erinnerungen hängen allerdings nach. Stephan wird Literaturprofessor, der gegen ein näheres Kennenlernen mit seinen Studentinnen nichts einzuwenden hat. Klara heiratet und eröffnet eine Buchhandlung – bis ihre erwachsene Tochter Isabel in ihrem Studium auf Stephan trifft. Durch einen Zufall entdeckt Stephan, wer Isabels Mutter ist – und stürzt durch seinen erneuten Glauben an die große Liebe Isabel und Klara in eine tiefe Krise.

Anfangs meint man als Leser, man wird von der Autorin an der Nase herumgeführt. Was für den Leser so offensichtlich ist, will Stephan einfach nicht sehen, ja, noch nicht einmal darüber nachdenken. Kann er wirklich so ignorant sein? Ansonsten ist er ein typischer Junggeselle, der nie wirklich erwachsen wurde und Verantwortung für andere zu tragen hatte. Seine Verhältnisse sind kurz, und werden immer jünger. Eine feste Beziehung langweilt und erdrückt ihn, wahrscheinlich hat er einfach noch nicht die richtige Frau getroffen. Schlagartig ändert sich seine Einstellung allerdings, als er Klara wiederfindet. Diese Wandlung verläuft zu schnell, sie wirkt dabei nicht glaubwürdig. Klara ist eine harte Frau geworden, zielstrebig und auf ihre eigenen Vorteile bedacht. Ständig überdenkt sie ihre Ehe und wirft ihrem Mann Sachen vor, die sie dann selber nicht einhält. Er wirkt wie eine Marionette, deren Fäden Klara vollständig in der Hand hält. Nicht einmal gesteht sie ihm eine eigene Meinung zu, es interessiert sie eigentlich auch gar nicht. Hauptsache, ihr Leben ist nicht bedroht, man ist sich nie sicher, ob sie überhaupt noch tiefe Gefühle für ihn hegt. Ihre Tochter lässt sie in ihrem Gefühlschaos, ohne ihre anfangs heraus zu helfen. Dabei wäre ein Gespräch mehr als angebracht gewesen.

Wieder einmal nimmt es Annette Hohberg mit der ehelichen Treue nicht so genau. Immer mehr bekommt man den Eindruck, es gehört zum guten Ton oder ist absolut nichts Besonderes mehr, Ehebruch zu begehen, der Partner muss es ja nicht unbedingt wissen. Ob das der richtige Weg ist, einer Ehe neuen Pep zu geben, sei mal so dahingestellt. Verlorenes Vertrauen wieder aufzubauen ist ein harter, steiniger Weg, der dann oft der Mühe nicht mehr wert ist, wenn erste Risse enthalten sind. Es ist von Klara schon sehr vermessen, abzuwägen, was schwerwiegender ist – die große Liebe oder zwanzig Jahre Ehe. Die Gefühle der betroffenen Personen wiegen dabei wohl nicht allzu viel. Diese unterschwellige, ständige Abwertung der Ehe und die Ignoranz des Offensichtlichen stören fast das ganze Buch hindurch, welches sich zwar recht flüssig lesen lässt, man mit den Charakteren aber nicht wirklich warm wird. Im Zweifelsfalle immer ein Ja für die Liebe, es kann einfach keine andere Entscheidung geben, denn dann wäre sie ja nicht so groß und mächtig gewesen, wie Stephan und Klara es dem Leser glauben machen wollen. Das Titelbild ist sehr stilvoll gewählt und passt hervorragend zu der Geschichte, ein Gefühl von Sommer, großen Entscheidungen und viel Gefühl stellt sich sofort ein.


Fazit

Gibt es die große Liebe wirklich schon nach nur einer Woche? Wird sie durch eine lange Zeit hinweg dann nicht eher glorifiziert, da man ja nie weiß, ob sie dem Alltag standgehalten hätte? Was passiert, wenn man auf einmal vor die Wahl gestellt wird? Annette Hohberg hat in ihrem Buch Ein Sommer wie dieser interessante Fragen aufgeworfen und Lebenswege gezeigt, die durch unglückliche Zufälle entstehen können. Wie mag sich wohl ein jeder entscheiden, wenn er wieder auf seine wahre Liebe trifft, von der er annahm, sie verloren zu haben.


Pro und Contra

+ interessantes Thema
+ große Gefühle
+ realistische Charaktere
+ angenehmer Schreibstil
+ ein Sommer der Entscheidungen

o Klaras Entscheidungen

- Klara will Alles
- Stephan ist blind gegenüber dem Offensichtlichen
- Akzeptanz von Seitensprüngen
- Klaras Mann gerät zur Marionette

Wertung

Handlung: 3/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung: 2,5/5