Zerstört (Karin Slaughter)

 

Verlag Blanvalet (Juni 2009)
Beyond Reach (USA), Skin Privileg (UK), übersetzt von Klaus Berr
HC, 510 Seiten, 19,95 EUR
ISBN 978- 3764502652

Genre: Thriller


Klappentext

Die Polizistin Lena Adams ist die einzige Zeugin eines grausamen Mordes - und zugleich die Hauptverdächtige. Chief Jeffrey Tolliver lässt alles stehen und liegen, um seiner gefährlich labilen Kollegin zu helfen. Wieder einmal. Dabei hätte Sara Linton, seine Frau, selbst gerade jede Unterstützung bitter nötig. Als ein weiterer Mord geschieht, wird klar, dass ein skrupelloser Drogenhändlerring auf brutalste Weise lästige Zeugen beseitigt. Doch was hat Lena Adams mit all dem zu tun? Zieht etwa ihr inhaftierter Exfreund Ethan Green sie erneut in den Abgrund? Seine Verbindungen reichen weit aus dem Gefängnis heraus - und weiter in ihr eigenes Leben hinein, als Sara und Jeffrey es sich in ihren schlimmsten Alpträumen vorstellen können.

LESEPROBE


Die Autorin

Karin Slaughter, Jahrgang 1971, stammt aus Atlanta, Georgia, wo sie bis heute lebt. Mit ihren Grant County Thrillern um die Gerichtsmedizinerin Sara Linton und den Polizeichef Jeffrey Tolliver hat sie sich in Lichtgeschwindigkeit in den Olymp der Thrillerautoren geschrieben. 2003 erschien ihr Debütroman Belladonna, der Karin Slaughter unmittelbar an die Spitze der internationalen Bestsellerlisten katapultierte. Zuletzt stand ihr Thriller Verstummt - der Auftakt zu einer neuen Reihe um den Special Agent Will Trent - auf der SPIEGEL-Bestsellerliste.


Rezension

Zerstört ist der 6. Band der Grant County Reihe mit dem Paar Sheriff Jeffery Tolliver und der Kinderärztin und Gerichtsmedizinerin Sara Linton. Nach Belladonna, Vergiss mein nicht, Dreh dich nicht um, Schattenblume und Gottlos geht es mit den bekannten Personen und ihren Beziehungen weiter. Schafft Karin Slaughter es wieder, an ihre Erfolge anzuknüpfen? Nicht ganz, denn obwohl die Geschichte Spannung bietet, liegt ständig eine düstere Stimmung über dem Buch.

Auch in diesem Buch verweben sich Gegenwart und Vergangenheit. Immer wieder springt die Autorin plötzlich ein paar Tage oder auch manchmal ein paar Jahre zurück. Die Kindheit und Jugend von Lena Adams, einer Detective aus der Mannschaft von Chief Tolliver, ist der Schlüssel zum Täter und den Ereignissen. Vieles aus vorherigen Büchern wird zum besseren Verständnis auch wieder genau erzählt und erklärt. Man muss allerdings aufpassen und die Kapitelüberschriften genau lesen, damit man sich nicht in der Chronologie der Geschichte verheddert.

Lena Adams ist hier eindeutig die Hauptperson, sie gerät ins Visier von Drogenhändlern in ihrer Heimatstadt, flüchtet nach dem ersten Mord aus der Gefangenschaft. Zudem versucht man, ihr immer wieder etwas anzuhängen. Sie ist in ihre Heimatstadt zurückgekehrt, um ihrem Onkel beizustehen, der gesundheitlich stark angeschlagen ist. In Rückblicken erfährt man sehr viel über ihre Jugend und so nach und nach lüftet sich auch ein großes Familiengeheimnis. An lang zurückgedrängte Ereignisse kann sie sich wieder erinnern, und so nach und nach verweben sich die einzelnen Erinnerungen zu einem erschütternden Ganzen. Aber wie auch in den Vorgängerbänden handelt sie wieder mehrmals unüberlegt und unverständlich, sie versucht wieder, alles im Alleingang zu händeln, was ihr diesmal aber gründlich misslingt.

Auch Ethan Green, ihr Exfreund, spielt wieder eine entscheidende Rolle. Selbst aus dem Gefängnis heraus schafft er es, sie einzuschüchtern und zu dominieren. Die Szenen mit ihm im Gefängnis sind sehr einschüchternd, brutal und depressiv, obwohl er eigentlich gar nichts mit dem Fall zu tun hat, meinen alle, mit ihm sprechen zu müssen. Meistens enden die Gespräche aber fruchtlos, während zur gleichen Zeit andere in große Gefahr geraten. Auch zeigt sich hier bestens die psychische Abhängigkeit von misshandelten Frauen: Obwohl er Lena mehrmals geschlagen hat, kommt sie einfach nicht von ihm los.

Die Sprache gestaltet sich insgesamt recht derb, aggressiv, brutal und sehr einfach, Flüche und Fäkalausdrücke kann man ständig finden. Allerdings ist es schon auffällig, wie oft und viel die Charaktere mit schlagkräftigen Ausdrücken und Argumenten um sich werfen. Mehr als einmal gerät eine Nase in die Reichweite einer Faust, auch die Frauen halten sich hier nicht zurück.

Ein Nebenschauplatz ist der Kunstfehlerprozess von Sara Linton, die von den Eltern eines verstorbenen Kindes verklagt worden ist. Hier zeigt sich wieder mal das überdrehte amerikanische Gerichtswesen, Sara wird mit Ereignissen aus ihrer Vergangenheit konfrontiert, die eigentlich mit dem Fall an sich überhaupt nichts zu tun haben. Sie sollen nur zeigen, wie labil und unaufmerksam die Ärztin eigentlich ist. Wirkliche Hilfe bekommt sie dabei nicht, der Anwalt der Versicherung der Ärzte lässt sie einfach ins offene Messer laufen. Es ist erschreckend zu lesen, was Ärzte durch geldgierige Patienten und skrupellose Anwälte erleiden müssen, ein Wunder, dass immer noch welche praktizieren.

Unterschwellig wird im ganzen Buch auf das finale Ereignis hingewiesen, es ist erschütternd und für einen Fan der Serie nicht nachzuvollziehen. Nicht nur was passiert, sondern besonders die Art und Weise, wie es passiert. Dieses letzte Kapitel war höchst überflüssig und absolut unverständlich. Ob sich die Autorin mit dieser Entscheidung viele Freunde gemacht hat, wird sich noch zeigen.

Man kann diesen Teil auch lesen, ohne die Vorgänger gelesen zu haben, wichtige vorherige Ereignisse werden angesprochen und erklärt. Wenn man allerdings die Vorgängerbücher noch lesen möchte, sollte man dieses auf keinen Fall vorziehen, dafür erfährt man dann zu viel.


Fazit

Der letzte Band der Grant County Reihe besticht durch eine spannende Reise in die Vergangenheit. Neben der Sprengung eines kleinstädtischen, aber brutalen Drogenhändlerringes wird noch ein Geheimnis aus Lena Adams Vergangenheit ans Licht geholt und man versteht ein bisschen besser, warum Lena so ist, wie sie ist.


Pro und Contra

+ spannend
+ interessante Einblicke in die Vergangenheit
+ gewohnte und beliebte Charaktere
+ rasant und actionreich

- erschreckendes Ende
- Sprache zu derb und brutal
- unüberlegtes und unglaubwürdiges Verhalten von Lena
- das Ende überschattet das ganze Buch

Wertung:

Handlung: 3/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung: 3/5


Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Karin Slaughter:

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