Deine Seele in mir (Susanna Ernst)

ernst s-deine seele in mir

Knaur Verlag, 1. Auflage Dezember 2012,
Taschenbuch, 477 Seiten
8,99 € (D) | 9,30 € (A)
ISBN: 978-3-426-51260-9

Genre: Liebesroman


Klappentext

Eine Liebe größer als das Leben
Matt hat den gewaltsamen Tod seiner geliebten Amy nie verwunden. Nie mehr hat er seitdem einen anderen Menschen richtig nah an sich herangelassen. Doch als er viele Jahre nach Amys Tod auf die eigenwillige Julie trifft, ist er zutiefst berührt und fasziniert. Denn Julie erinnert ihn an Amy – so sehr, dass Matt langsam anfängt, an Wunder zu glauben …


Die Autorin

Susanna Ernst wurde 1980 in Bonn geboren und schreibt schon seit ihrer Grundschulzeit Geschichten. Sie leitet seit ihrem sechzehnten Lebensjahr eine Musicalgruppe, führt bei den Stücken Regie und gibt Schauspielunterricht. Außerdem zeichnet die gelernte Bankkauffrau und zweifache Mutter gerne Portraits und malt und gestaltet Bühnenbilder für Theaterveranstaltungen. Das Schreiben ist jedoch ihre Lieblingsbeschäftigung für stille Stunden, wenn sie ihren Gedanken und Ideen freien Lauf lassen will. »Deine Seele in mir« ist ihr erster Roman.


Rezension

Im Alter von neun Jahren verlor Matt mit Amy nicht nur seine beste Freundin, sondern auch seine Jugendliebe an einen Psychopathen. Vergewaltigung und Mord – Matt musste alles mit ansehen, und ist auch heute noch, 21 Jahre später, gezeichnet. Es fällt ihm schwer, Bindungen aufzubauen. Seine Eltern sind tot. So hat er neben der Arbeit eigentlich nichts, wofür es sich zu Leben lohnt. Seiner Arbeit hat er dafür sein Leben verschrieben. Denn Matt ist nicht nur Masseur. Wo andere nur kneten, ist er in der Lage, in die Seele seiner Patienten zu blicken und die Quelle hinter den Schmerzen zu finden. Als einer seiner Patienten mit einem Bandscheibenvorfall darniederliegt, übernimmt Matt einen Teil der Pflege von Julie, die autistische Tochter des Patienten. Am Anfang ist es pure Hilfsbereitschaft, die ihn antreibt, doch bald schon erwächst in ihm echtes Interesse an der jungen Frau. Julies Autismus fasziniert ihn. Zudem spielt Julie immer wieder ein bestimmtes Klavierstück, das er von Amy kannte. Als er zu Weihnachten eines von Julies Bildern geschenkt bekommt, wird ihm klar, hinter der stoischen Maske der Autistin verbirgt sich mehr. Vielleicht sogar seine große Liebe?

Die ungewöhnliche Liebesgeschichte von Matt und Amy, inklusive Seelenwanderung und Wiedergeburt, wandert auf dem dünnen Grat von hoffnungslos verklärter Romantik und tragischer Liebesgeschichte. Wer es noch nicht beim Lesen des Klappentexts geahnt hat, der versteht aufgrund des verräterischen Prologs bereits nach wenigen Kapiteln, was es mit Julie/Amy auf sich hat, und darf sich im restlichen Buch über Dutzende Liebeserklärungen, schmalzige Dialoge und Herzschmerz freuen. Etwas Dramatik bringen lediglich die Augenblicke, wenn Matt und Amy Julies Eltern und schlussendlich Amys Familie von deren Wiedergeburt zu überzeugen versuchen.

»Unwillkürlich halte ich den Atem an. Kommt Amy wirklich zurecht?
Sie zögert nur kurz, dann löst sie ihre Rechte aus meiner Linken und reicht sie Megan. »Amy Charles, freut mich sehr, Sie kennenzulernen! Und ja, ich bin eine Freundin.«
Wow, bis auf die Tatsache, dass sie sich mit ihrem alten Namen vorgestellt hat, war das wirklich perfekt.« (Seite 168)

Allerdings sind alle Charaktere bis auf eine Ausnahme so unrealistisch nett, fürsorglich, bedacht und aufgeschlossen, dass die Dramatik in Grenzen bleibt. Weder die Kents, Julies Eltern, noch die Charles, Amys Familie bieten interessante Ecken oder Kanten, lassen einen im Falle der ersteren nur wundern, warum diese einen erwachsenen Mann mit ihrer wehrlosen autistischen Tochter allein lassen und ihm so viel Freiheiten einräumen. Aber Matt steht als überfürsorglicher Überfreund uns später kommentierender Beobachter immer neben Amy, die praktischerweise schließlich komplett erwachsen aus ihrem Autismus erwacht und somit die offensichtliche Entwicklung von Freundschaft zur Beziehung innerhalb weniger Kapitel ermöglicht. So dümpelt die Geschichte mit ihren einseitigen Charakteren auf einer linearen Handlung dahin. Und das so gekonnt, dass man ruhig bis zum vorletzten Kapitel vorspringen kann, ohne merklich etwas zu verpassen. Hier trumpft Ernst allerdings noch einmal richtig mit einer Wendung auf, die so unwahrscheinlich ist, dass man sie als Leser wirklich nicht erwarten konnte.

Schade eigentlich, denn stilistisch hat Ernst durchaus Potenzial. Ihr Schreibstil ist zumeist lebendig und unterhaltsam, die Dialoge lebhaft und gut ausbalanciert, abgesehen von den gedanklichen Einwürfen Matts, der Amys Verhalten wie ein Teeanger kommentiert. Gewöhnungsbedürftig für den ein oder anderen dürfte die gewählte Zeitform sein, denn anders als üblich, verwendet Ernst durchgehend Präsens. Zudem entschied sich Ernst, eine Deutsche, ihren Roman in den USA spielen zu lassen, hält sich dabei mit Details aber so zurück, dass das einem lediglich bei den ungewöhnlichen Namen der Personen und Orte ins Auge springt.


Fazit

Deine Seele in mir bietet trotz interessanter Ansätze und vorhandener Fähigkeiten der Autorin keine wirkliche Tiefe. Seichte Handlung, Romantik bis zur Schmerzgrenze und flache Figuren machen diesen Roman von Susanna Ernst nur für wirkliche Herzblutromantiker lesenswert.


Pro und Contra

+ ungewöhnliche Liebesgeschichte

o interessanter Ansatz des Autismus nicht ausgenutzt
o Präsens
o übertriebene Romantik

- einheitliche, langweilige Charaktere
- Längen
- Matt verfällt zu oft Rolle des Beobachters
- unrealistische Fügung am Ende

Wertung: alt

Handlung: 2,5/5
Charaktere: 2/5
Lesespaß: 2,5/5
Preis/Leitstung: 3/5