Im Schatten des Mondkaisers (Bernd Perplies)

Egmont Lyx (März 2013)
Gebunden mit Schutzumschlag
544 Seiten, 19,99 EUR
ISBN: 978-3-8025-8638-5

Genre: Dystopie


Klappentext

Wenn Mond und Sonne zusammenfinden, wird deine Welt untergehen.

Um das Rätsel ihrer Herkunft zu lüften, macht sich das Mädchen Carya mit ihren Freunden Jonan und Pitlit auf den Weg nach Francia. Die Spur führt sie direkt an den Hof des legendären Mondkaisers. Doch dort ist nichts, wie es zu sein scheint. Und schon bald verstricken sich Carya und ihre Freunde immer tiefer in ein Netz aus Intrigen – was tödliche Folgen haben könnte …

Interview mit Bernd Perplies (2012)


Rezension

Carya und Jonan halten sich mit dem Straßenjungen Pitlit bei den Mutanten versteckt, die in ihr noch immer die Tochter des Himmels sehen. Doch als ein Späher Arcadions entdeckt wird, müssen die Mutanten ihr Dorf verlassen. Carya möchte hingegen zu den Koordinaten, die mit der mysteriösen Kapsel, mit der sie als Kind in der Wildnis abgestürzt war, in Verbindung stehen. Gemeinsam mit Jonan und Pitlit macht sie sich auf den Weg nach Francia, das von dem sogenannten Mondkaiser regiert wird. Ihre Reise führt sie über See durch die gefährliche Meerenge von Gibral-Taar, durch die Trümmerstadt Paris bis hin zum Hof des Château Lune, wo Intrigen und Machtspielchen den Alltag beherrschen …

Im zweiten Teil seiner dystopischen Trilogie wechselt Bernd Perplies das Setting und lässt das zukünftige Frankreich in die Zeit vor der Französischen Revolution zurückfallen. Francia wird vom Mondkaiser, einem Mann mit einer silbernen Maske, absolutistisch regiert. Er lebt mit seinem Hofstaat zurückgezogen auf Château Lune, das wohl einmal Versailles war und zum Symbol seiner Macht und seines Reichtums wurde. Wie im achtzehnten Jahrhundert hängt das Leben am Hof von den Launen des Kaisers ab und jeder versucht, in seiner Gunst aufzusteigen. Paris hingegen ist von einem riesigen Krater entstellt, der Eifelturm ist nur mehr ein abgebrochener Metallturm, dessen Bedeutung keiner mehr kennt. Dem zerstörten Paris wohnt eine gänzlich andere Stimmung inne als Arcadion, wobei es ebenso bedrückend und realistisch inszeniert ist. Falls es jemals ein Ereignis wie den Sternenfall geben sollte, könnte das Paris der Zukunft so aussehen.

Carya ist von dem Wunsch, die Geheimnisse ihrer Vergangenheit zu ergründen, regelrecht besessen. Die Ereignisse in Arcadion haben sie traumatisiert und ihre zweite Natur, die in Gefahrensituationen die Kontrolle übernimmt und Menschen zielgerichtet tötet, macht ihr Angst. Jonan begleitet sie auf ihrer Reise aufgrund seiner starken Zuneigung, Pitlit hingegen aus reiner Abenteuerlust – und aus inniger Freundschaft. Die drei sind ein eingespieltes Team, bei dem jeder für den anderen einsteht. Eine Seltenheit in dieser düsteren Welt. Doch auf ihrem Weg treffen sie andere vom Schicksal gebeutelte Menschen, die unter ihrer harten Schale einen weichen Kern haben und für die moralische Werte noch etwas bedeuten. Leider begegnen sie ebenso Menschen, die sie für ihre Zwecke missbrauchen und bei der nächsten Gelegenheit verraten – was den Roman durchweg spannend hält, da man nie weiß, ob die drei Helden nun Freund oder Feind begegnen.

Wie auch „Flammen über Arcadion“ ist „Im Schatten des Mondkaisers“ in erster Linie ein Abenteuerroman im dystopischen Gewand. Bernd Perplies konzentriert sich auf die Reise und ihre Herausforderungen, schafft es aber dennoch, auch Emotionen glaubhaft zu vermitteln. Die Beweggründe von Carya, Jonan und Pitlit sind jederzeit nachvollziehbar, allerdings erwarten den Leser in der zweiten Hälfte des Romans Jugendbuchklischees, auf die der Autor hätte verzichten können. Das Finale gleicht diese wieder etwas aus, doch gerade weil diese Trilogie sich angenehm von anderen Vertretern des Genres abhebt, ist man unglücklich über so manche Entwicklung. Auch das Leben am Hof, so glaubhaft es in seiner Opulenz geschildert wird, wirkt mit all seinen Intrigen und Verwirrungen erdrückend. Der Part gestaltet sich schlichtweg zu lang. Der Dekadenz des Mondkaisers steht allerdings ein rationaler und überraschend gerechter Charakter gegenüber.

Auch „Im Schatten des Mondkaisers“ wartet mit einer traumhaften Gestaltung auf, dieses Mal mit blauem Cover und Reliefdruck der silbernen Maske. Im Innenteil des Hardcovers findet sich eine wunderschöne Zeichnung von Paris samt Krater und Eifelturm, dazu gibt es ein silbernes Lesebändchen. Das Buch liegt angenehm in der Hand und verzieht sich nicht beim Lesen. Wer ohne Umschlag liest und ihn danach wieder anbringt, könnte glauben, ein brandneues Buch in der Hand zu halten.


Fazit

„Im Schatten des Mondkaisers“ überzeugt mit neuem Setting, das zwischen der Opulenz des Mondkaisers und dem zerstörten Paris changiert. Die erste Hälfte wartet mit reichlich Action auf, während in der zweiten Intrigen und Machtspiele dominieren. Ein spannender zweiter Band, der sich wie sein Vorgänger angenehm von anderen Vertretern des Genres abhebt.


Pro & Contra

+ komplett neues Setting
+ authentische, sympathische Protagonisten
+ komplexer, dystopischer Weltentwurf
+ Bezüge zum Frankreich des 18. Jahrhunderts
+ actiongeladen und atmosphärisch
+ überraschende Wendungen
+ traumhafte Gestaltung

- in der zweiten Hälfte ein wenig langatmig
- Jugendbuchklischees

Wertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4/5


Rezension zu "Flammen über Arcadion" (Carya, Band 1)

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Tags: Bernd Perplies, Jugenddystopie