Stieg Larsson: Verblendung Bd.1 (Denise Mina, Leonardo Manco, Andrea Mutti)

Verlag: Panini Manga und Comic (März 2013)
Softcover; Seiten 144; 16,95 €
ISBN-13: 978-3862014767

Genre: Thriller/ Krimi/ Drama


Klappentext

Stieg Larssons Verblendung

„Von allen großen Pop-Schöpfungen der letzten Jahre, von Harry Potter bis Lady Gaga, ist keine so dunkel, so gequält und so unfassbar wie Lisbeth Salander, die Heldin von Stieg Larssons Millennium-Trilogie... Sie ist eine Superheldin für Erwachsene.“

Die Graphic-Novel-Adaption des internationalen Bestsellers – als Buch und Film ein Welterfolg

An einem strahlenden Sommertag des Jahres 1966 verschwindet Harriet Vanger, die Tochter einer der reichsten Familien Schwedens, spurlos vom Anwesen der Familie. Jahre später quält das ungelöste Rätsel ihren betagten Onkel immer noch. Um seine Dämonen endgültig auszutreiben, engagiert er Mikael Blomkvist, einen Journalisten, um Nachforschungen anzustellen. Gleichzeitig kämpft Lisbeth Salander, Schwedens meistgepiercte und -tätowierte Hackerin, gegen ihre eigenen Dämonen. Am Ende tun sich die beiden zusammen und enthüllen einen Skandal, der die Familie Vanger seit Generationen nicht loslässt. Sie finden beunruhigende Hinweise auf unaussprechliche Geheimnisse, die ein korrupte Gesellschaft zu unterdrücken versuchte.


Rezension

Klappentexte sind so eine Sache. Mal passen sie überhaupt nicht zum Inhalt, mal verraten sie zu viel von der Handlung. Für die Umsetzung von Verblendung als Graphic Novel gilt letzteres. Denn nur die erste Hälfte von Stieg Larssons' Romans findet sich hier wieder und somit findet ein Großteil der im Klappentext erwähnten Ereignisse gar nicht statt.

Wie nicht anders zu erwarten beginnt die Umsetzung des Stieg Larssons Roman, der seinem Autor posthum Weltruhm einbrachte, mit dem vielleicht rätselhaftesten Umstand der Erzählung. Der Industrielle Henrik Vanger bekommt jedes Jahr an seinem Geburtstag eine gerahmte Blume zugesandt. Immer eine andere und immer mit Sachverstand ausgewählt. Für ihn steht fest, dass die Mörder seiner Nichte Harriet ihn verhöhnen wollen und so entschließt er sich, an seinem Lebensende, noch einmal Nachforschungen anzustellen lassen. Dabei kommt ihm zupass, dass der anerkannte Journalist Blomkvist gerade einen Prozess gegen den Geschäftsmann Wennerström verloren hat und sich nun eine zeitlang aus dem Tagesgeschäft der Zeitschrift Millennium heraushalten will. Vanger lässt ihn überprüfen und engagiert ihn anschließend. Offiziell soll Mikael Blomkvist eine Chronik über die Familie Vanger schreiben, inoffiziell ermittelt er im Mordfall Harriets unter den Familienmitgliedern.
Durch die Überprüfung Blomkvist kommt auch Lisbeth Salander ins Spiel. Sie ist die Ermittlerin, die sich mit ihm beschäftigt hat und sie ist es auch, die im Fall Wennerström zunächst weiter recherchiert. Allerdings liegt der Fokus ihres Teils der Geschichte zunächst mehr auf ihren persönlichen Problemen und den Geschehnissen, die ihr widerfahren und die sie zumeist auf radikale Weise löst.

Für den Romanleser birgt die Graphic Novel inhaltlich natürlich keine Überraschung. Denise Minas Umsetzung in das neue Medium hält sich recht nah an der Buchvorlage, auch wenn natürlich aus Platzgründen so mancher Nebenschauplatz und manche Erklärung längst nicht in aller Ausführlichkeit dargestellt werden. Trotzdem gelingt es ihr die Essenz des Romans einzufangen und Lisbeth Salanders Charakter nicht zu verfälschen. Sie ist genau wie in den Romanen eine sehr widersprüchliche Person, die schwer zu fassen ist und die immer eine dunkle, geheimnisvolle Aura umgibt. Wirklich etwas zu bemängeln gibt es an Denise Minas Arbeit nicht, außer vielleicht, dass sie manchmal zu sehr am Roman klebt, statt sich hin und wieder von ihm zu lösen. Sie schöpft die Möglichkeiten, die sich ihr bieten, aus und hat Stieg Larssons Roman in eine solide Graphic Novel umgearbeitet, die allein durch ihre Vorlage schon ein Stück herausragt.

Zeichnerisch ist Verblendung ein zweischneidiges Schwert. Wer dem amerikanischen Stil der Comics zugetan ist, wird hier sicher jubeln, denn Verblendung entspricht von der Art der Zeichnungen schon recht stark dem US-Mainstream und unterscheidet sich kaum von Superhelden und ähnlichem. Allerdings ist ein qualitativer Unterschied zwischen den beiden Zeichnern Leonardo Manco und Andrea Mutti auszumachen. Während der Teil über Mikael Blomkvist recht uninspiriert, mit grober Standardbildaufteilung, wirkt und dabei auch die Personen nicht so recht detailreich, sondern schnell gezeichnet sind, eben fast Massenware, ist der Teil über Lisbeth Salander optisch anspruchsvoller und perfekter und vor allem düsterer. Jedoch wirkt die Szenerie nicht wie Schweden, sondern die Bilder rufen die Vorstellung hervor, Verblendung spiele in den USA, vielleicht in den Rocky Mountains. Für diesen Stoff nicht so passend und ein bisschen enttäuschend, denn mit mehr Recherche hätte die Atmosphäre noch besser getroffen werden und der Leser hätte noch tiefer in die Geschichte eintauchen können. Gut ist hingegen, dass die verschiedenen Handlungsstränge von verschiedenen Zeichnern gestaltet wurden, wodurch Verblendung abwechslungsreich wird und vor allem Lisbeth Salanders Sonderstellung betont wird. Wer Driver for the Dead gelesen hat, der dürfte vermuten, dass Leonardo Manco für ihren Part verantwortlich ist. Zeichnerisch eine sehr gute Wahl, denn er versteht es, Figuren wirklich Leben einzuhauchen.

Als Bonusmaterial gibt es ein Vorwort, kurz umrissene Biographien von den Zeichnern und der Autorin und das Titelbild von Band 2, auf den man gespannt sein darf und der im Oktober 2013 erscheinen wird.


Fazit

Inhaltlich bekommt der Leser genau das, was zu erwarten war und damit einen spannenden und gelungenen Auftakt. Nur die Zeichnungen vermögen nicht ganz so zu überzeugen, da der gewählte Stil nicht so recht zum düsteren Norden passen möchte. Dennoch macht Leonardo Manco seine Sache gut.

 


Pro & Contra

+ gelungene Umsetzung des Romans in ein anderes Medium, wenn auch hin und wieder zu sklavisch an der Vorlage orientiert
+ perfekt passendes Cover

0 Zeichnungen wirken zu amerikanisch und lassen das gewisse etwas im Punkt Atmosphäre vermissen

- die Zeichnungen in Blomkvists Teil vermögen nicht so zu überzeugen, Gesichter sind zu ausdruckslos

Bewertung:

Handlung: 4/5
Charaktere: 4/5
Zeichnungen: 3,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5


Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Stieg Larsson:

Rezension zu Verblendung (Roman)
Rezension zu Verdammnis (Roman)
Rezension zu Vergebung (Roman)
Rezension zu Verblendung Bd.2 (Panini)
Rezension zu Verblendung Bd.1 (Splitter)
Rezension zu Verblendung Bd.2 (Splitter)

Literatopia-Links zu weiteren Titeln von Leonardo Manco

Rezension zu Driver for the Dead