Nur eine Liste (Siobhan Vivian)

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Ravensburger Buchverlag, 1. Auflage Dezember 2012
Originaltitel: The List
Aus dem Amerikanischen von Claudia Max
Gebunden, 416 Seiten
16,99 € (D) | 17,50 € (A)
ISBN: 978-3-473-40092-8
Leseprobe

Genre: Jugend-Belletristik, Gegenwartsliteratur


Über das Buch:

Jedes Jahr wird an der Mount Washington Highschool eine Liste veröffentlicht, die acht Mädchen zu den hübschesten oder hässlichsten ihres Jahrgangs kürt. Aber nicht nur für die vermeintlich hässlichsten Mädchen ist die Nominierung eine schwere Bürde. Alle Mädchen müssen plötzlich Häme oder Neid ertragen. Fast scheint es so, als habe die Liste die ganze Schule vergiftet. Doch vor allem im Leben der acht Auserwählten entfaltet sie ihre zerstörerische Kraft. Wer ist ihr Verfasser?


Rezension:

Sie hängt an jeder Wand, an jedem Spind, an jedem Schwarzen Brett: die Liste der Mount Washington Highschool.

Niemand weiß, wer sie verfasst hat. Aber die Mädchen, die auf der Liste stehen, sind mit einem Schlag berühmt: als Hübscheste in ihrer Jahrgangsstufe.
Oder als Hässlichste.

Ob sie wollen oder nicht.
(Klappentext)


Der Tag beginnt für die meisten SchülerInnen an der Mount Washington Highschool ganz normal, für einige jedoch ist es einer der aufregendsten Tage des Jahres: Denn heute wird die Liste veröffentlicht. Die Liste mit den vier hübschesten und den vier hässlichsten Mädchen jedes Jahrgangs auf der Schule. Eine Tradition, die schon seit Jahren an diesem bestimmten Tag kurz nach Schuljahresbeginn überall zu finden ist, und eine Tradition, die der neuen Schulleitung überhaupt nicht gefällt. Sie ruft die acht diesjährigen Mädchen zusammen und will mit ihnen gemeinsam diesem Treiben ein Ende setzen. Manche teilen im Geheimen ihre Meinung, anderen ist die Liste scheinbar egal.
Doch für alle hat die Liste enorme Auswirkungen auf ihr tägliches Leben und nicht alle sind positiv, auch nicht für die hübschen Mädchen. Während sich die eine zum Ziel setzt, den anstehenden Homecoming-Ball mit einer besonderen Aktion zu sprengen, wird eine andere von einer bisherigen neuen Außenseiterin zur Beliebtesten ihrer Klasse, eine dritte setzt alles daran, trotz ihres eindeutigen Listenplatzes zur Homecoming-Queen gewählt zu werden, während ihre Gegenspielerin versucht, den Verfasser der diesjährigen Liste ausfindig zu machen. Auch sie ist der Meinung, dass diese Tradition die Schule lange genug tyrannisiert hat, denn dieses harmlose Stück Papier mit dem offiziellen Schulstempel löst nicht zum ersten Mal wahre Wirbelstürme aus. Auch die Leben der anderen vier Listen-Mädchen werden ordentlich durcheinander gewirbelt, und es dauert nicht lange, bis die Auswirkungen der Liste ein Eigenleben entwickeln ...

Beliebte Schüler, totale Außenseiter und die graue Masse, die sich genau dazwischen bewegt: Wer kennt das nicht aus Schulzeiten? In Nur eine Liste wird ein sehr wichtiges Thema aufgegriffen, das bisher nur selten in dieser Form Platz in der Literatur findet. Erschreckend selten, wenn man sich überlegt, dass dies eigentlich das alltägliche Miteinander in Schulen, und sich anschaut, welche Konsequenzen bereits von jungen Menschen gezogen wurden, die vor allem zu der Außenseiter-Gruppe gehörten. Siobhan Vivian macht in ihrem Debüt deutlich, wie viel Bedeutung einem eigentlich einfachen Stück Papier mit ein paar Namen drauf zugemessen wird und wie viel Schaden dieses kleine Stück Papier anrichten kann. Allerdings achtet die Autorin hier sehr darauf, keine ihrer Protagonistinnen als Opfer darzustellen, sondern schafft es, dass alle Mädchen trotzdem eine nachvollziehbare, nicht Mitleid heischende Persönlichkeit bleiben.
Der Erzählrhythmus, der in sechs Tage unterteilt ist und bei dem jede Mädchen an jedem Tag zu Wort kommt, gestaltet die Geschichte dabei sehr flüssig und gibt dem Leser die Möglichkeit, die Mädchen auch unabhängig voneinander kennen zu lernen. Manche bleiben jedoch trotz ihrer durch die Liste festgelegten Hauptrolle eher blass und zurückhaltend, was erstaunlicherweise perfekt in die Story und den Hintergrund der Mädchen passt. Man bekommt trotzdem einen guten Eindruck davon, was in ihnen vorgeht und was ihr Platz auf der Liste für sie bedeutet – mitunter auch unabhängig davon, was er in den Augen der anderen bedeuten sollte.

Ein eigentlich komplexes Thema wurde hier auf etwas mehr als 400 Seiten zusammengepresst, doch Siobhan Vivian hat es trotzdem geschafft, den Leser nicht nur gefangen zu nehmen, sondern auch zu fesseln. Der leichte Sprachstil macht das Buch auch für Jugendliche äußerst gut lesbar, die hier ganz eindeutig die Zielgruppe darstellen. Nur eine Liste gehört zu den Büchern, die aus immer aktuellem Anlass im Unterricht gelesen und diskutiert werden sollten, um vor allem denjenigen eine Stimme zu geben, die unter der Ausgrenzung der „hippen“ Schüler zu leiden haben. Denn oftmals ist das Leiden weitaus größer, als man sich vorstellen kann oder möchte. Obwohl oder vielleicht auch gerade weil es sich um ein Jugendbuch handelt, ist die Thematik erschreckend klar dargestellt und könnte vielleicht so manchem die Augen öffnen. Ein Buch, dass für die vermeintlich Schwachen eintritt, aber auch zeigt, dass die Starken manchmal nur eine Maske tragen und sich innerlich ähnlich schwach fühlen.


Fazit:

Nur eine Liste ist ein sehr deutliches Beispiel dafür, wie wichtig es für Heranwachsende ist, bei Gleichaltrigen anerkannt und geachtet zu werden. Gleichzeitig zeigt Siobhan Vivian aber auch auf, wie gefährlich solches Cluster-Denken sein kann und was es im Leben einzelner Personen anrichten kann. Ein wichtiges Buch für junge LeserInnen, das an Schulen gelesen und besprochen, aber auch von Eltern thematisiert werden sollte.


Wertung: alt

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5