Rezensionen im Juli (2013)

Liebe LeserInnen,

während in manchen Bundesländern die Ferien mit dem heutigen Tag wieder vorbei sind, fangen die freien Sommertage bei anderen gerade erst an. Da in der Literatopia-Redaktion beide Seiten vertreten sind, erfolgt hier hinter den Kulissen ein fliegender Wechsel – die einen kommen erholt und mit vielen gelesenen Büchern aus dem Urlaub zurück, die anderen verabschieden sich in ihre wohlverdienten freien Tage und nehmen eine Menge Lesestoff mit.
Auch im Juli konnten wir euch wieder mit zahlreichen Buchbesprechungen versorgen. Eine kleine Auswahl haben wir wie immer für euch in unserem Monatsrückblick zusammengestellt. Viel Spaß beim Stöbern!



Belletristik

altNgũgĩ wa Thiong’o legt die globalen und regionalen Rahmenbedingungen offen, die die Existenz und den Machterhalt von Diktatoren ermöglichen. Keine leichtfüßige Lektüre, trotz vieler absurder und komischer Einfälle, ist der Roman für eine politische Satire doch sehr düster gehalten. Obwohl es eine Auflösung gibt, ist das Ende bestimmt durch Ambiguität, endlose Schlangen und unbefriedigte Bedürfnisse. “Herr der Krähen“ ist getragen vom Vertrauen darauf, dass die Menschen sich der Macht widersetzen und ihre Stimme zurückfordern. Von beeindruckender Klarheit, bietet der Roman eine gelungene Simulation der afrikanischen oralen Erzähltradition im gedruckten Text.

Was würdest Du tun, wenn Du nur noch 24 Stunden zu leben hättest? Diese Frage wird öfter mal gestellt und sicherlich gibt es auch zahlreiche Bücher, in denen dieses Thema behandelt wird. Doch wahrscheinlich keines kann dabei Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen unterhalten wie “Die perfektesten 1440 Minuten meines Lebens“. Shaun David Hutchinson erschafft einen Helden, der eigentlich keiner ist, und ist mutig genug, ein Buch ohne Happy End zu konzipieren und bis zum Ende durchzuziehen. Ein Buch, das Mut macht und den Sinn dafür weckt, jeden Tag ganz bewusst zu (er)leben.

Dark Fantasy

So schön, so atmosphärisch - ein richtiges Wohlfühlbuch hat Nicole C. Vosseler mit “In dieser ganz besonderen Nacht“ geschrieben. Eintauchen in San Franciscos außerordentlicher Atmosphäre lässt einen die Welt um sich herum völlig vergessen und man möchte ewig Zeit mit Ted, Amber und ihren Freunden verbringen, nicht nur in dieser ganz besonderen Nacht.

“Die dunklen Gassen des Himmels“ bietet Lesespaß pur: ein himmlischer Anwalt mit menschlichen Schwächen, widerwärtige Dämonen, eine komplexe Story voller Überraschungen und eine gehörige Portion schwarzer Humor – das sind die Zutaten für ein cineastisches Leseerlebnis, wie es nur Tad Williams kreieren kann. Die Geschichte um Bobby Dollar glänzt mit Witz, Charme und knackigen Dialogen. So muss Urban Fantasy sein: actionreich, übernatürlich und wahnsinnig unterhaltsam!

Fantasy

altMit “Das Mädchen mit dem Stahlkorsett“ liefert Cady Cross einen Steampunk-Roman, der sich hauptsächlich an junge Leser richtet. Ein deutlich überproportional befähigter Charakterstamm aus Jugendlichen, Freundschaftsdramen und eine Dreiecksbeziehung trüben eine ansonsten spannende Geschichte, um eine zwiegespaltene Persönlichkeit mit erstaunlichen Fähigkeiten, die in einen Kampf um die Herrschaft des britischen Empires verwickelt wird.

“Was geschah mit Mara Dyer?“ von Michelle Hodkin ist ein atemberaubender Roman und ein Pageturner ohnegleichen. Die Parallelen zwischen den Halluzinationen der Protagonisten und der Realität verschwimmen gekonnt miteinander und lassen den Leser tief in die Geschichte eintauchen. Wunderbare Charaktere und eine super spannende Story mit Gänsehautfeeling bestimmen den Verlauf. Wer nach etwas besonderem sucht, hat es hier gefunden. Ein Roman, welchen man unbedingt gelesen haben muss, weil man sonst im Leben etwas verpasst. Unbedingt lesen!

Horror / Mystery

Zu deutliche Vorhersehbarkeit macht den fünften Band der House of Fear-Reihe gleichzeitig zum bisher schwächsten. “Das Dorf der verlorenen Seelen“ bietet leider nicht viel mehr, als bereits im Klappentext angekündigt wird, und Patrick McGinley scheinen die guten eigenen Ideen ausgegangen zu sein, denn neu ist diese Geschichte leider nicht. Bleibt zu hoffen, dass es ein einmaliger Ausrutscher war und junge Leser mit dem sechsten Band wieder mehr Unterhaltung geboten bekommen.

Science Fiction

altAndy Remics Roman bietet Science Fiction Fans eine unterhaltsame Mischung aus Spannung, Action und vielseitiger Zukunftsvision, schwächelt allerdings in Stil und Umsetzung der Kampfszenen. Wer sich dennoch auf “Combat Planet“ einlässt, findet ausgereifte Charaktere, einen interessanten Handlungsbogen mit zahlreichen Wendungen und eine vielseitig ausgestaltete Welt.

“Mystic City - Das gefangene Herz“ ist ein spannender Trilogieauftakt und ein Juwel unter den Dystopien: Der urbane Flair eines versunkenen Manhattens, die geheimnisvollen Mystiker und nicht zuletzt die jugendlich kopflose Liebesgeschichte machen Theo Lawrences Roman zu einem echten Pageturner. Actionreich, berührend und hochatmosphärisch!

Thriller

Vincent Kliesch schließt an den Erfolg seiner Vorgänger-Romane an und kann mit “Der Prophet des Todes“ ebenfalls auf ganzer Linie überzeugen. Obwohl die Grundstory keine neue Idee beinhaltet, sondern der Autor sich ans bisher sichere Konzept hält, wird auch hier für enorme Spannung und einen hochkarätigen Showdown gesorgt. Ein gelungener Abschluss für die Trilogie um Julius Kern und Tassilo Michaelis – oder vielleicht doch kein Abschluss? Man wird es wohl erst mit dem nächsten Buch erfahren.

Der erste Band der Kelly Family drückt zwar manchmal arg auf die Tränendrüse, kann aber durch eine eindringliche, authentische Schreibweise überzeugen. Maya Banks hat mit “KGI: Dunkle Stunden“ ein Szenario geschaffen, welches erst einmal schockiert und man sich Seite um Seite fragt, ob Rachel und Ethan ihre Liebe wiederfinden. Die permanente Anwesenheit der übrigen Familienmitglieder lockert die Geschichte immer wieder auf, leichter Humor blitzt verschämt durch so manche Seiten.

Krimi

altEin phantastisches Setting und die Leidensfähigkeit der menschlichen Psyche gibt Franziska Steinhauer in “Narrenspiel“ die Möglichkeit, sich auf einer Spielwiese auszutoben, zu der man ihr gerne folgt. Das atemraubende Setting beim Showdown ist etwas ganz Besonderes in diesem dritten Fall um den Ermittler Peter Nachtigall.

Sabine Klewe vermag in “Die weißen Schatten der Nacht“ zu überzeugen: Stimmig führt sie durch einen Regionalkrimi, der oft die eingefahrenen Gleise verlässt und mit Überraschungen punkten kann. Besonders das Ende mit all den Auflösungen hat es in sich, die Spannung ist absolut gelungen und zur richtigen Zeit auf dem Höhepunkt, der lang anhält und wahren Lesegenuss verspricht.

Comic

“Suicide Squad“ von Adam Glass, Federico Dallocchio u. a. will einfach nur Spaß machen und das tut es auf einmalige Art und Weise. Eine tiefschürfende Handlung zu erwarten, wäre fehl am Platze. Dafür gibt es eine Harley Quinn in Hochform, die zusammen mit Deadshot, King Shark und dem Rest die Welt mächtig durcheinander wirbelt.

Besonders schmackhaft dürfte “Wolverine Season One“ von Ben Acker, Ben Blacker und Salvador Espin für Neueinsteiger im riesigen, nicht ganz durchschaubaren Marvel-Universum sein, denn im Prinzip wird dem Leser gezeigt, wie der Mann mit den Krallen in der kanadischen Wildnis aufgefunden und später ein Mitglied im Team der X-Men wurde. Außerdem dürfte der Comic sehr gut als Ergänzung zur kommenden Wolverine-Verfilmung dienen. Als kleine Ergänzung bietet Panini mit dieser sehr schönen Ausgabe passionierten Comic-Lesern einen editorischen Teil mit vielen Skizzen und zusätzlichen Informationen.

Manga

alt“Love Flag Girls!!“ von Itsumi Takahashi ist ein Yuri, der sich mehr auf die körperliche Liebe, als die Gefühle der Protagonisten konzentriert. Bei den Müttern geht es um das Problem der gesellschaftlichen Stellung, bei den Mädchen hingegen einfach nur um ihre Beziehung. Vermischt mit ein paar Abenteuern und viel Humor ergibt sich eine witzige Lovestory, deren Zeichnungen nicht wirklich überzeugen.

Vier schwer romantische Geschichten verzaubern in “Eine reizende Braut“mit verspielten und feinen Linien, die Emotionen pur transportieren. Allerdings hätte nahezu jede Erzählung einen eigenen Einzelband verdient. Kayoru hat schöne Ideen und sollte diesen in Zukunft mehr Raum geben. Trotzdem ein reizender Manga, der junge Leserinnen zum Träumen einlädt!

Sachbuch

Mit “Die Vernetzung der Welt“ bieten Eric Schmidt und Jared Cohen einen interessanten Ausblick in unsere stark vernetzte Zukunft. Am besten ist das Buch da, wo die Autoren ausgehend von aktuellen Beispielen spannende Prognosen abliefern - hiervon hätte man sich noch mehr gewünscht.

Sonstiges

“Die radioaktive Marmelade meiner Großmutter“ reiht sich perfekt ins Verlagsprogramm von Ubooks ein und zieht den Leser in eine Geschichte um Holocaust-Nachwirkungen, Drogen und Lebensmöglichkeiten. Ramona Ambs gibt ihrer Protagonistin Romy eine zynische, aber auch gehaltvolle Stimme und sorgt so für rührend-unterhaltsame, aber auch nachdenkliche Lesestunden. Beim nächsten Mal sollte allerdings ein wenig mehr darauf geachtet werden, weniger Fehler in den Druck zu lassen.



Genauso bunt wie im Juli und sicherlich nicht weniger heiß wird auch der August auf Literatopia werden. Die aus dem Urlaub Zurückgekehrten setzen sich nun an den Stapel der gelesenen Bücher und schreiben ihre Rezensionen – seid also gespannt, welche Urlaubslektüre unsere Redakteure begleitet hat. Die Wartezeit kann sich wie immer in unserer Rezensions-Übersicht vertrieben werden.

Wir wünschen euch einen lese- und sonnenreichen August,
euer Literatopia-Team