Gleich hinter Wolke sieben (Melissa Hill)

Verlag Knaur, April 2009
Übersetzt von Peter Durin
HC, 443 Seiten, € 16,95
ISBN: 978- 3426663356

Genre: Belletristik


Klappentext

Eve lebt in Dublin und wünscht sich nichts sehnlicher, als dass Liam, der Vater ihrer beiden Kinder, sie endlich heiratet, während Sam, ihre Schwester, schon zum dritten Mal einen Heiratsantrag erhält. Dabei hat sie noch gar keine Lust auf Ehe und Kinder, weil sie vollauf mit ihrer Karriere als Journalistin und Bestsellerautorin beschäftigt ist. Als die beiden Schwestern beschließen, für ein paar Tage ihr Leben zu tauschen, nimmt eine verhängnisvolle Kette von Ereignissen ihren Lauf.
Am anderen Ende der Welt, in Australien, liest die Lektorin Brooke ein Manuskript, das plötzlich auf ihrem Schreibtisch gelandet ist. Sie liest von Eve und Liam, und sie liest von Sam. Sie erfährt von Eves Freundin Anna, die eines Tages unerwartet schwanger wird. Die Geschichte dieser Menschen lässt Brooke nicht mehr los, und es ist nicht nur die Hoffnung auf einen Bestseller, die sie beseelt. Immer stärker wird ihr Gefühl, dass die Figuren des Buches auf unerklärliche Weise mit ihrem eigenen Leben verbunden sind. Wer aber sind Eve und Sam wirklich? Und sollte Brooke etwa Anna kennen? Als Brooke das Manuskript schließlich ausgelesen hat, ist nichts mehr in ihrem Leben, wie es war – und sie muss sich auf eine lange Reise begeben…


Die Autorin

Melissa Hill lebt mit Mann und Hund in Wicklow. Bereits mit ihrem ersten Roman landete sie ganz oben auf den irischen Bestsellerlisten und gilt seitdem in ihrer Heimat als die legitime Nachfolgerin von Maeve Binchy.


Rezension

Wo sind nur die neuen Männer geblieben? Oder leben wir etwa noch in den Siebzigern? Gleich zweien begegnen wir hier, die sich von alten Vorstellungen und der Geschlechterrolle nicht lösen können. Liam und Derek erwarten von ihren Frauen, dass sie sich um Haus und Kinder kümmern und den Männern das Geldverdienen überlassen. Lassen sich ihre Frauen das auf Dauer tatsächlich gefallen?

Aber zum Glück ist es ja nur ein Roman, oder etwa doch nicht? Die australische Lektorin Brooke bekommt das Manuskript von "Gleich hinter Wolke sieben" auf den Tisch und ist sofort von dem Roman, der in Dublin spielt, vollauf begeistert. Die Geschichte in der Geschichte - eine geniale Idee von Melissa Hill, spannend umgesetzt. Es ist schon zum Schmunzeln, wenn Brooke sich mit einer Kollegin über den Roman unterhält, und genau die gleichen Sachen bemängelt, die einem selbst beim Lesen durch den Kopf schießen, man liest sozusagen seine eigenen Gedanken. Aber die Autorin bezweckt auch noch etwas Spezielles, denn die Geschichte "Gleich hinter Wolke sieben" wurde nur für Brooke geschrieben.

In der Geschichte geht es um die Schwestern Eve und Sam und Eves Freundin Anna. Eve hat sehr früh ihr erstes Kind bekommen und kümmert sich seitdem um Lily und ihr zweites Kind, Max, der am liebsten Blumentopferde zu Mittag isst. Liam, ihr Mann, verdient die Brötchen, wobei er allerdings viele Auslandsreisen übernehmen muss. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Oder sind es doch nicht die richtigen Gedanken, die einem dabei sofort durch den Kopf schießen? Eve lässt sich in ihrer Rolle als Hausfrau von allen ein schlechtes Gewissen einreden, da sie ihrem Mann ja auf der Tasche liegt und eigentlich den ganzen Tag zuhause die Füße hochlegen kann und nichts Richtiges zu tun hat. Liam ist dabei der Erste, der Druck auf sie ausübt, wenn er befiehlt, hat Eve zu springen. Wofür haben nur all die Frauenrechtlerinnen gelitten, wenn sich Frauen heute noch so behandeln lassen. Trotzdem wartet Eve seit neun Jahren sehnsüchtig auf einen Heiratsantrag von Liam.

Sam, ihre Schwester, ist in ihrer Beziehung auch in einer Sackgasse gelandet. Derek macht ihr schon den dritten Heiratsantrag, erwartet dann aber auch von ihr, zuhause zu bleiben und ihre äußerst erfolgreiche Karriere als Schriftstellerin auf Eis zu legen. Als er ihr nun ein Ultimatum stellt, gerät Sam gehörig ins Grübeln. Sie schlägt Eve einen Rollentausch für einige Zeit vor, damit sie erfährt, wie es ist, sich um eine Familie zu kümmern und Eve mal wieder ein bisschen Zeit für sich selbst hat.

Und dann gibt es da noch Anna und Ronan, die seit sechs Jahren verlobt sind und sich von Kindesbeinen an kennen. Sie schaffen es einfach nicht, einen Termin festzulegen. Als Anna dann schwanger wird und sie es nicht fertigbringt, Ronan davon zu erzählen, gerät man schon schwer ins Grübeln. Was sind wohl die Gründe und wie wird es den anderen Paaren ergehen? Melissa Hills Roman ist zum Glück nicht vorhersehbar, und manchmal ist man auch sehr froh, dass man in Gedanken nicht Recht hatte. Und was hat vor allem auch noch Brooke damit zu tun? Um das herauszufinden, muss man bis zum Schluss lesen, man kann es auch ansatzweise wirklich nicht erahnen.

Aber das fällt auch nicht sehr schwer, Melissa Hill hat einen fesselnden Schreibstil. Sie erzählt mitten aus dem Leben, so einiges hat jeder schon mal mit Sicherheit erlebt. Unsensible, egoistische Männer, wer kennt sie nicht? Frauen, die sich ausbeuten lassen, Frauen, die lieber Karriere als Kinder möchten, sind auch bestens bekannt. Aber die Art, wie sie hier alle zusammentreffen, macht den außergewöhnlichen Reiz dieses Buches aus.

Im letzten Drittel bringt Melissa Hill noch eine sehr dramatische Wendung ein, eigentlich wie das wahre Leben, für den Leser aber ein absoluter Schock und man fragt sich unwillkürlich, ob diese Wendung der Geschichte wohl gut bekommt. Gespenstisch ist dann auch direkt die Reaktion Brookes darauf, sie gibt genau die Gedanken wieder, die jedem Leser bestimmt sofort in den Sinn gekommen sind. Und was danach passiert, das muss man selber lesen, nicht vorhersehbare Wendungen geben dem Buch einen ganz besonderen Reiz. Und danach weiß man auch, wieso die Männer so vorsintflutlich sind und ihre Frauen sich das gefallen lassen.

Das Buch regt zum Nachdenken an. Durch die zwei miteinander verwobenen Geschichten wird man besonders gefesselt. Wer ist Brooke und wie hat sie mit der eigentlich erfundenen Geschichte zu tun? Seiten drehen sich von ganz alleine und atemlos verschlingt man das Geschehen, nur um das Geheimnis endlich lüften zu können. Als dann alle losen Fäden verknüpft werden, lässt es einen vieles klarer sehen und man versteht so manche Handlung viel besser. Der Schreibstil fesselt ungemein und mit der ungewöhnlichen Erzählperspektive ist Melissa Hill hier ein wahres Meisterwerk gelungen.



Fazit

Australische Leser lieben irische Frauenromane und wie schön, dass es immer noch Geschichten gibt, die einen absolut fesseln und überraschen können.



Pro und Contra

+ fesselnder Schreibstil
+ die Geschichte in der Geschichte
+ beim Lesen seine eigenen Gedanken über den Roman wiederfinden
+ wunderschönes Cover
+ nicht vorhersehbar
+ aus dem Leben gegriffen
+ verblüffende Wendungen

Wertung:

Handlung: 5/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 3/5