Krampus (Brom)

Knaur (September 2013)
Hardcover, 504 Seiten
ISBN 978-3426653340
€ 19,99 [D]

Genre: Fantasy


Klappentext

Seit 500 Jahren geknechtet – nun ist die Zeit seiner Rache gekommen!

Einst war Krampus der gefeierte Herr des heidnischen Julfestes. Bis zu dem Tag, an dem er einem Komplott des Nikolaus zum Opfer fiel. Entmachtet und in eine dunkle Höhle in der neuen Welt ver¬¬bannt, musste Krampus mit ansehen, wie der
Nikolaus das Weihnachtsfest zum Jahres¬höhepunkt im Dezember erhob. Doch seine Zeit der Gefangenschaft neigt sich dem Ende zu. Denn dem mittellosen ¬Musiker ¬Jesse ist zufällig der Schlüssel zu Krampus’ Freiheit in die Hände gefallen.


Rezension

Tiefer kann ein Mann nicht sinken. Jesse hat seine Frau und Tochter an den wohl miesesten Kerl weit und breit verloren, Dillard, über den das Gerücht kursiert, dass er seine Ex-Frau umgebracht haben soll, und der auch noch ein korrupter Sheriff ist. Mit dem Gesetz im Nacken, ist es Jessie nicht möglich, irgendetwas zu unternehmen. Ein falscher Zug und er landet im Gefängnis, da er sein Geld als ein unbedeutender Handlanger verdient; für einen immer irrer werdenden Gangster, der von allen nur ‚der General’ genannt wird. Monetär kommt aber nicht viel rum, denn nicht einmal die Puppe, die sich seine Tochter wünscht, kann er sich leisten. Zur Auswahl stehen Bankraub oder eine Kugel in den Kopf, um dem Elend endlich zu entfliehen. Während Jesse sich in seinem Auto betrinkt und vor sich hin sinniert, huscht der Weihnachtsmann an ihm vorbei. Ihm auf den Fersen sind finstere Gestalten mit gelb leuchtenden Augen und Hörnern auf der Stirn. Sie liefern sich einen brutalen Kampf in Nikolaus’ Schlitten, der doch tatsächlich abhebt und davon fliegt. Vorher stürzt noch eine dieser Kreaturen mit Wucht auf einen Chevrolet und ein weiteres Objekt landet in Jesses Wohnanhänger. Ein eigenartiger Sack, aus dem er jedes Spielzeug herausziehen kann, an das er denkt. Das Glück scheint sich endlich auf seine Seite geschlagen zu haben, in Wahrheit jedoch gerät er zwischen die Fronten eines uralten Krieges.

Während man noch die letzten, spätsommerlichen Sonnenstrahlen genießt, füllen sich die Supermärkte bereits wieder mit Lebkuchen, Zimtsternen und Christbaumdekorationen, denn was ist schöner als die Kommerzialisierung eines ursprünglich „heidnischen“ Festes? Nicht einmal von der christliche Idee, an Christi Geburt und dessen Gütigkeit und Vergebung zu erinnern, scheint noch etwas übrig geblieben. Stattdessen frönen die Kinder einer Coca-Cola Werbegestalt. Passend dazu veröffentlicht der Knauer-Verlag „Krampus“. Hierbei handelt es sich um den zweiten Roman von Brom, der nach seinem Meisterwerk „Der Kinderdieb“ nun beweißt, dass er sein Handwerk versteht und nicht nur einen Zufallstreffer gelandet hat. Erfreulich ist zudem, dass „Der Kinderdieb“ nicht künstlich zu einer umsatzorientierten Fantasyreihe stilisiert wurde, sondern auf eine gänzlich andere Geschichte gesetzt wurde. Und was für eine! Dass Brom sich für Krampus entschieden hat, dürfte für Freunde von altertümlicheren Sagen und Bräuchen besonders erfreulich sein. Krampus – oder auch der Teufel - ist der Begleiter des Heiligen Nikolaus in z.B. Tschechien, Teilen Österreichs und Italien und quasi das Pendant zum in Deutschland bekannten Knecht Ruprecht.

Dieses Buch ist aber keineswegs eine frohlockende Weihnachtsgeschichte über zwei Freunde und Verbündete. Krampus ist eine beinahe vergessene Gestalt, und Brom kennt den Grund dafür: Ein Mann, der sich selbst Sankt Nikolaus, Santa Claus oder der Weihnachtsmann nennt und dessen Eitelkeit keine Grenzen kennt, hat den Herrn des Julfests in Ketten gelegt und lässt ihn in einer Höhle versauern, bis ihn alle vergessen haben. Aber Krampus hat in den fünfhundert Jahren nicht aufgegeben. Er ist eine kümmerliche Gestalt geworden, aber seinen Verstand hat er nicht verloren und so wartet er auf seine Befreiung, um die Erde zu heilen und blutige Rache an dem rot-weiß gekleideten Scharlatan zu nehmen. Es geht also tatsächlich um den Rachefeldzug gegen den Weihnachtsmann. Allein diese Idee ist schon wahrlich grandios und das Potential wurde reichlich ausgeschöpft. Nicht nur gelingt es Brom, die historische Wandlung der heutigen Weihnacht fiktional zu erklären, sondern findet sogar einen Weg zu erklären, woher der magische Sack und fliegende Schlitten des Weihnachtsmanns kommt. Ohne zu viel verraten zu wollen, führen die Wurzeln in die wohl meist unterschätzte Sagenwelt: die germanische.

Mit genügend göttlicher Wut und Rachesucht begleitet man Krampus auf seiner Vendetta, dass es dabei nicht immer zimperlich zugeht, versteht sich von selbst. Ganz so brutal wie „Der Kinderdieb“ wird es aber nicht, was je nach persönlichem Geschmack beurteilt werden kann. Die meisten dürften die Reduzierung des Blutgehalts aber positiv bewerten. Möglicherweise ist das aber auch der simplen Tatsache geschuldet, dass es weniger Figuren zu töten gibt. „Krampus“ ist in seinem Fundament ein kleiner, schmutziger Thriller mit nur wenigen handelnden Personen. Jesse und Dillard sind Widersacher, die sich nicht wirklich in eine Schublade schieben lassen. Zwar ist Jesse als Verlier tendenziell des guten Seite zuzuordnen und Dillard der bösen, letztlich bleiben sie aber zu komplex, um ein knappes Urteil fällen zu können. Beide haben schlechte Entscheidungen getroffen und stehen mit dem Rücken zur Wand, haben aber unterschiedliche Arten damit umzugehen. Genauso verhält es sich bei den übersinnlichen Gegnern. Es ist sehr schwer zu entscheiden ob Krampus oder der Nikolaus im Recht ist. Solche zwiespältige Gestalten zu kreieren, gelang Brom bereits meisterhaft bei deinem Debüt. Eine tragende Rolle fällt auch den Belznickeln zu, den mystischen Dienern Krampus’. Eine handvoll Charaktere, die kaum unterschiedlicher sein könnten. Besonders hervorstechen kann Isabel, die einzige weibliche Protagonistin, die mehr als eine Randfigur ist und die einem sehr schnell ans Herz wächst.

Als i-Tüpfelchen eines grandiosen Romans gibt es erneut Illustrationen vor jedem Kapitel und Charakterdesigns in der Mitte. Die meisten davon sind schlichtweg umwerfend und erlauben es einem die Geschichte so zu erleben, wie Brom sie sich ausgedacht hat.


Fazit

Mit seinem Ideenreichtum hat Brom eine weitere einmalige Geschichte kreiert, die nicht nur über die gesamte Strecke zu fesseln weiß, sondern auch noch mit einer ehrbaren Moral und sozialkritischer Stellungnahme punktet. Am Ende bleibt die Vorfreude auf das Julfest.


Pro und Kontra

+ Krampus, der Herr der Julzeit
+ schöner Schreibstil
+ keine schwarz-weiß Charakterzeichnung
+ eine einmalige Story
+ sympathische Belznickel
+ grandiose Zeichnungen
+ Märchen für Erwachsene

Beurteilung:

Handlung: 5/5
Charaktere: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5


Rezension zu Der Kinderdieb