Schwarze Tränen (Thomas Finn)

schwarze traenen

Droemer Knaur (März 2014)
Paperback, 544 Seiten, 14,99 EUR
ISBN: 978-3-426-51349-1

Genre: Fantasy


Klappentext

Im »Gasthaus zum Löwen« in Staufen findet Lukas Faust, Nachfahre des berühmten Doktor Faust, ein mittelalterliches Zauberbuch. Als er einen kostbaren Diamanten aus dem Einband herausbricht, geht auf einmal ein Froschregen über der Stadt nieder, und die Jagd auf ihn wird eröffnet. Erst der schwarze Pudel Mephistopheles, der sich als Teufel persönlich entpuppt, rettet ihn. Mephisto erklärt ihm, dass in der Hölle ein Machtkampf tobt. Wer die drei Teufelstränen besitzt, von denen Lukas’ Diamant eine ist, vermag die Apokalypse heraufzubeschwören. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, denn die zwei müssen die übrigen Tränen vor ihren Verfolgern finden.


Rezension

Lukas Faust träumt von großer Zauberkunst, schlägt sich jedoch als Trickbetrüger und Taschendieb durch. Als er in Staufen zwei Männer beim Hütchenspiel über den Tisch zieht, fliegt er auf und muss fliehen – da kommt ihm seine diebische Exfreundin zur Hilfe. Auf unerklärliche Weise schafft sie ihn ins Gasthaus zum Löwen, wo er im Zimmer des legendären Doktor Faust wohnen soll. Lukas‘ Exfreundin entpuppt sich als Sukkubus und verlangt von ihm, sein Erbe anzutreten, denn Lukas soll ein direkter Nachfahre des berühmten Zauberers sein. Kurz darauf bricht sprichwörtlich die Hölle los und ausgerechnet der Teufel Mephistopheles kommt Lukas – in Gestalt eines schwarzen Pudels – zur Hilfe. Im infernalischen Abgrund tobt ein Machtkampf, der die Welt an den Rand der Apokalypse führt, und Lukas wird zur Zielscheibe für die dämonischen Widersacher des Teufels …

„Schwarze Tränen“ ist ein nach altbewährten Rezepten gestrickter Fantasyroman, der zuerst die Protagonisten vorstellt und sie dann auf die Suche nach magischen Artefakten schickt, um die Welt zu retten. In diesem Fall handelt es sich um drei ganz besondere Diamanten, die auch als Teufelstränen bezeichnet werden. Wer alle drei besitzt, kann das Höllentor öffnen und damit die Apokalypse heraufbeschwören. Die Dämonen würden aus dem infernalischen Abgrund ausbrechen und die Welt der Menschen verwüsten. Der legendäre Doktor Faust, dessen Seele in der Hölle schmort, sieht im Streit um den Thron der Hölle seine Chance, den Pakt mit Mephistopheles zu lösen und in die Welt der Lebenden zurückzukehren. Dafür will er den Körper seines Nachfahren benutzen – Lukas. Dem gefällt das verständlicherweise gar nicht und aus der Not heraus lässt er sich auf Mephistopheles ein, allerdings ohne einen Höllenpakt zu schließen.

Lukas zur Seite stehen außerdem der Zauberer Abraham und die Hexe Millepertia, die zwar schon einige Jahrhunderte auf dem Buckel hat, aber kaum älter als Lukas aussieht. Zu Beginn verstehen sich Lukas und Millepertia überhaupt nicht, was vor allem an ihrer ablehnenden Haltung ihm gegenüber liegt. Später erfährt man mehr über die Gründe für ihre Abneigung und die beiden nähern sich an. Eine stürmische Liebesgeschichte sollte man dennoch nicht erwarten, viel mehr geht es um Freundschaft und langsam erblühende Zuneigung. Abraham und Millepertia sind auf ihre Art einzigartige Charaktere, jedoch nicht frei von stereotypen Eigenschaften. Stellenweise wirken sie geradezu auf Lukas zurechtgeschnitten und mancher Dialog liest sich unnatürlich, vor allem, wenn sie gemeinsam Rätsel lösen. Da wird der Leser mit der Nase auf das Offensichtliche gestoßen. Andererseits gelingt es dem Autor ebenso zu überraschen und berührende Szenen zu schreiben.

Mit dem Faust-Stoff hat sich Thomas Finn an etwas Großes gewagt, bei dem sich unweigerlich Vergleiche mit Goethes Werk aufdrängen – und natürlich kann ein vor allem für junge Leser konzipierter Fantasyroman einen solchen Vergleich nicht bestehen. Muss er auch nicht, denn Thomas Finn verarbeitet den Mythos um Doktor Johannes Faustus und seinen Höllenpakt auf gänzlich andere Weise zu einem modernen Buch, das in erster Linie unterhalten soll und nebenbei historisches Wissen vermittelt. Der Autor führt den Leser an historisch bedeutsame Orte, stellt wichtige Persönlichkeiten der Geschichte vor und greift diverse deutsche Sagen auf. Das alles vermischt er zu einem magischen Abenteuer, in dem die Welt fantasytypisch von ihrem Ende bedroht wird. Leider erfährt man dabei zu wenig über die Geschehnisse in der Hölle und die Dramatik der Situation bleibt beim Indiana Jones-mäßigen Rätselraten auf der Strecke.  

Der Humor kommt ebenfalls nicht zu kurz und ist etwas eigenwillig. Allein den Teufel als schwarzen Pudel darzustellen, ist schon skurril, und es fällt bis zum Ende schwer, sich an die tierische Gestalt zu gewöhnen. Der Herr der Hölle verhält sich seinem Ruf entsprechend schamlos und unverschämt,  doch als Hund kommt er einfach nicht richtig böse und schlecht rüber. Mephistopheles ist mehr der tierische Berater, dessen Bemühen, sich als finster und mies darzustellen, (unfreiwillig) komisch wirkt. Zwar ist es wirklich mal etwas Neues, den Teufel als Pudel darzustellen, doch diese Gestalt will einfach nicht zu ihm passen. Fast so wie die traumhafte Gestaltung des Buches, das mit einem originellen Cover glänzt – allerdings lässt dieses den Abenteuerkern nur schwer erahnen.


Fazit

„Schwarze Tränen“ verarbeitet den legendären Faust-Stoff zu einem unterhaltsamen Abenteuerroman mit einem schwarzen Pudel als Teufel und einem Trickbetrüger als Protagonisten. Lukas und seine Gefährten müssen drei magische Artefakte finden, erforschen nebenbei die Geschichte und verbünden sich mit dem Höllenfürsten höchstpersönlich, um die Apokalypse abzuwenden. Klingt ziemlich skurril und ist es auch – man muss diesen Roman einfach mit einer gehörigen Portion Humor nehmen.


Pro & Contra

+ unterhaltsame Abenteuerversion des Faust-Mythos
+ sympathischer Protagonist mit Ecken und Kanten
+ historische Fakten und deutsche Schauplätze
+ schöne Gestaltung des Romans

- die Pudelgestalt passt nicht richtig zum Teufel
- altbekannte Muster

Wertung: sterne4

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5


Interview mit Thomas Finn (2013)