Sky Doll - Die gelbe Stadt (Alessandro Barbucci und Barbara Canepa)

Splitter (Mai 2014)
Hardcover, 48 Seiten, 14,80 EUR
ISBN: 978-3-86869-710-0

Genre: Science Fiction / Cyberpunk


Klappentext

Auf dem Planeten Papathea herrscht die Päpstin Ludowika.
Mit großartigen Wundern verzückt sie die Gläubigen.
Noa ist eine aufziehbare Puppe, ein techisches Wunderwerk und vollkommen rechtlos.
Sie arbeitet in der Autowaschanlage Heaven und gehört Gott.
Doch ist sie wirklich eine Sky Doll wie alle anderen?
Was hat es mit Agape, der verschwundenen Päpstin, Schwester und Rivalin Ludowikas auf sich?
Warum geraten alle Dinge ins Wanken, sobald sie Noa betreffen?


Rezension

„Sky Doll“ ist wieder da! Noch dazu in einer schicken Hardcoverausgabe, inklusive Ankündigung des lang ersehnten vierten Bandes „Sudra“. Aber kommen wir erst einmal zum Auftakt, der bei Splitter in neuem Glanz erstrahlt: Noa ist eine sogenannte Sky Doll, vollkommen rechtlos und den Launen ihres Besitzers Gott, dem Eigentümer einer Autowaschanlage, ausgeliefert. Ihr Versuch, für sich und die anderen Sky Dolls bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen, scheitert kläglich. Trotzdem geht sie ihrer Arbeit mit professioneller Freude nach – bis einige Kunden ablehnend auf ihren reizvollen Körper reagieren und damit einen Unfall verursachen. Gott gibt Noa die Schuld und will sie umprogrammieren – da wagt sie die Flucht …

Auch die beiden Diplomaten Jahu und Roy sind in den Unfall in der Waschanlage verwickelt und freunden sich später mit Noa an. Sie sind unterwegs zum Planeten Aqua, um eine Mission für die Päpstin Ludowika zu erfüllen. Diese herrscht auf dem Planeten Papathea und beeindruckt ihre Gläubigen mit Wundern – diese sind allerdings nichts weiter als eine ausgeklügelte und übertriebene Show. Trotzdem gelingt es Ludowika, große Teile der Bevölkerung für sich einzunehmen – doch es gibt auch Widersacher, die der verschollenen Päpstin Agape dienen. Dabei handelt es sich um niemand Geringeren als Ludowikas Schwester, mit der sie einst gemeinsam regierte. Doch die Anhängerschaft der Schwestern bekriegte sich untereinander und letztlich wurden dadurch auch Ludowika und Agape entzweit. Die Feindschaft der Päpstinnen ist das zentrale Motiv der Reihe und Noa gerät dabei zwischen die Fronten.

Die Mischung aus dreckiger Science Fiction, schwarzem Humor und beiläufiger Erotik wird von kritischen und nachdenklichen Tönen ergänzt. Die Welt ist stark überzeichnet, doch gleichzeitig nicht ganz an der Wirklichkeit vorbei. Im Chaos der technischen Möglichkeiten und dem Auseinanderklaffen der gesellschaftlichen Schichten klammern sich viele an den Pop-Art-Kult der Päpstin Ludowika, während sich andere vor der grausamen Herrscherin fürchten und ihre Liebe zur abtrünnigen Agape im Verborgenen ausleben. Neben der Gesellschaftskritik wird zudem der Frage nachgegangen, wie Persönlichkeit entsteht und inwiefern ein Androide wie eine Sky Doll ein lebendiges Wesen mit Gedanken und Gefühlen ist. Es ist auch nach all den Jahren, die zwischen der deutschen Erstausgabe und dem Erscheinen der Neuauflage liegen, erstaunlich, wie viel dieser Comic seinen Lesern bietet. Auch wenn Barbucci mit „Ekhö“ und Canepa mit „END“ zwei wundervolle neue Reihen begonnen haben, bleibt „Sky Doll“ ihr grelles Glanzstück.

„Sky Doll“ fällt vor allem durch die schrillen, knallbunten Zeichnungen auf, die im harten Kontrast zu den sterilen Metallictönen der Hintergründe stehen. Visuell erinnert der Comic stark an Cyberpink á la William Gibson, der ebenfalls einen gewissen Hang zur Farbe Pink hat. Hinzu kommen Elemente, die leicht an die 70er Jahre erinnern und perfekt in diese schrille Welt passen. Die Sky Dolls verfügen trotz Serienproduktion allesamt über individuelle Merkmale. Noa sticht dabei am meisten heraus, denn im Gegensatz zu den anderen ziert ihr hübsches Gesicht kein Dauerlächeln. Allein durch ihre vielfältige Mimik trifft sie den Leser mitten ins Herz. Sehr schick ist zudem das Design der Gebäude und der fliegenden und teils weltraumtauglichen Gefährte.

Im Vergleich zur früheren Carlsen-Ausgabe kommen die Zeichnungen im größeren Albenformat besser zur Geltung. Zudem wurde für den Dialogtext eine andere Schriftart verwendet, welche besser zum Comic passt (die der Carlsen-Ausgabe wirkte etwas kindisch).


Fazit

„Sky Doll“ ist und bleibt ein plastisches Meisterwerk: Als rechtlose Puppe in einer dystopischen Welt kämpft Noa für ihr Recht auf Persönlichkeit. Die supersympathische Sky Doll wächst dem Leser rasend schnell ans Herz und ihre Geschichte wird mit so viel Humor, Nachdenklichkeit und beiläufiger Erotik erzählt, dass man sich einfach unsterblich in diesen Comic verlieben muss. Die schreiend bunten Farben mit den kühlen Hintergründen erzeugen eine bizarre Cyberpunk-Atmosphäre, wie man sie in der Comicwelt selten geboten bekommt. Ein Must-Have für alle, die Andersartigkeit lieben und sowohl den oberflächlichen Glanz als auch den tiefsinnigen Dreck zu schätzen wissen!


Pro & Contra

+ supersympathische Protagonistin
+ humorvoll, kritisch und erotisch
+ schriller Cyberpunk
+ wahnsinnig originell
+ spannender Kontrast zwischen Bunt und Metallisch
+ dynamische Zeichnungen

- Nebencharaktere teils etwas platt

Wertung: sterne5

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4,5/5
Zeichnungen: 5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 4/5


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