Ein Tanz mit Drachen - Das Lied von Eis und Feuer (George R.R. Martin)

Verlag: Penhaligon Verlag (Mai 2012)
Broschiert: 797 Seiten; 16 €
ISBN-13: 978-3764531027

Genre: Fantasy


 Klappentext

Das grösste Epos unserer Zeit

Neuntes Buch:
Ein Tanz mit Drachen

„Der amerikanische J.R.R. Tolkien.“
TIME Magazine


Rezension

Unsere Klingen sind scharf

Westeros bleibt in Aufruhr. Vor allem der Norden. Dort spielen sich Ereignisse ab, die entscheidend für die Welt des Lied von Eis und Feuer, sein können und werden. Stannis Baratheon beschließt Winterfell zurückzuerobern und Jon Schnee schickt Manke Ryder, den einstigen König jenseits der Mauer aus, die vermeintliche Arya Stark vor Ramsay Bolton zu retten. Dieser bricht auch sofort mit ein paar Speerfrauen auf, den Auftrag auszuführen. Das alles hinter dem Rücken von Stannis, der Manke tot glaubt und auch ebenso dafür sorgen würde, wenn er wüßte, dass dieser noch am Leben ist. Das einzig Positive für Jon Schnee ist die Stärkung der Nachtwache durch das freie Volk. Mankes ehemalige Untergebene werden von dem Lordkommandanten rekrutiert und zur Besetzung alter Festungen genutzt. Das bleibt aber erstmal die einzige gute Nachricht für ihn.
Daenerys hingegen muss ihre Abmachung mit Hizdar Zo Loraq einhalten und ihn heiraten, was weitere Probleme hervor bringt und sogar in einem Anschlag auf ihr Leben endet, der aber letztlich zweitrangig ist, überstürzen sich doch die Ereignisse, als sie mit ihrem schwarzen Drachen davonfliegt. Jetzt, weiß niemand mehr, wo sie ist und Ser Barristan sieht sich mehr Problemen gegenüber als je zuvor. Eine Hilfe könnte Ser Jorah Mormont sein. Aber der ist nach wie vor von Daenerys verbannt und gerät zusammen mit Tyrion in Gefangenschaft und wird als Sklave verkauft.
Und dann sind da noch die Martells, von denen einer Daenerys eigentlich heiraten soll und bei denen noch nicht klar ist, ob sie Gefahr oder Hilfe sind.

Band Neun und Zehn der deutschen Ausgabe bilden zusammen Buch Fünf der englischen Ausgabe und so liegt hier naturgemäß, wie schon beim Vorgänger, der Fokus Martins nicht auf der großen Geschichte, sondern erneut auf der Charakterentwicklung. Vor allem der Blick auf Jon Schnee und auf Tyrion Lennister wird weiter geschärft. Der eine muss immer mehr in seine Rolle als Anführer der Nachtwache hineinwachsen und dabei immer schwierigere Entscheidungen fällen, der andere erlebt das Leben zum ersten Mal von ganz unten.
Jon Schnee vollführt dabei ständig einen Tanz auf der Rasierklinge. Wenn sein Plan schiefgeht und die Wildlinge sich gegen ihn und die Nachtwache wenden, dürfte es für ihn mehr als nur ungemütlich werden. Diese Entscheidung ist quasi eng mit seinem Schicksal verknüpft, denn Stannis Baratheon wird garantiert nicht gnädig sein, wenn sie sich als Fehler entpuppt. Womit auch gleich das zweite Problem für Jon genannt wäre. Er muss sich immer akuter der Frage stellen, wie weit er den Weg mit Stannis gehen darf und wie viel er dem König verweigern kann. Bis hierhin löst Jon Schnee die Aufgaben zwar mit Zweifeln aber am Ende immer souverän, aber keine davon ist leicht. Es zeigt wie stark Jon Schnee geworden ist und wie er weiter in seine Rolle als Lordkommandant hineinwächst. Es bleibt auf jeden Fall spannend seine Entwicklung zu verfolgen, vor allem da die Rote Priesterin Interesse an ihm entwickelt hat.
Tyrion müsste man eigentlich nicht mehr groß erwähnen, er ist immer ein Höhepunkt in den Romanen. Dennoch muss er extra erwähnt werden, denn er bekommt einen neuen Blickwinkel auf den Lauf der Welt. Aus der Sklavenperspektive. Selbstverständlich kann er auch als Sklave nicht seinen Mund halten und er schmiedet schnell einen Fluchtplan. Seine Beziehung zu Ser Jorah Mormont wird dabei gestärkt, denn ohne Tyrion wäre der Bär verloren. Seine Lebenswille scheint ihn verlassen zu haben. Aber dies ist nur augenscheinlich so, am Ende findet er zu seiner Stärke zurück. Mit Sicherheit werden die Beiden entscheidend für Daenerys Zukunft sein.
Diverse andere Charaktere bekommen ebenso noch ihre Momente. Ser Barristan Selmy ist hier noch sehr wichtig. Seine Loyalität wird geprüft und damit steht auch sein ganzes bisheriges Leben in Frage. Er muss sich fragen, in wieweit seine Eide gelten und ob seine früheren Entscheidungen richtig waren. Für den alten Recken garantiert nicht leid. Aber er besitzt große innere Stärke, die er immer wieder unter Beweis stellt und so bekommt der Leser eine gute Einsicht in den Kämpfer und Angehörigen und Anführer von Daenerys Königswache.

Ein Tanz mit Drachen hat genau wie Der Sohn des Greifen ein großes Problem. Die große übergreifende Handlung tritt etwas auf der Stelle. Sicher es passiert viel, allein Tyrions Reise bietet viel, aber all das könnte auch verkürzt verpackt werden. George R.R. Martin scheint in die Falle zu tappen, möglichst viel über die Charaktere erzählen zu wollen. Das ist generell nichts schlechtes, aber wenn es ein Buch bestimmt, dass Teil einer Reihe ist, die so sehr von den großen Ereignissen lebt, dann bekommt diese Reihe schnell ein Problem. Es stellt sich mittlerweile die Frage, wie George R.R. Martin alles in nur zwei weiteren Büchern zusammenführen will. Bei seiner jetzigen Konzentrierung auf die Charaktere eigentlich unmöglich, selbst wenn er wieder ein höheres Tempo anschlagen würde, wäre dies fast nicht machbar, allein aufgrund der vielen Nebenhandlungen und – schauplätzen. Einzig ein größere Zeitsprung könnte da Abhilfe schaffen. Seine Situation erinnert immer mehr an die Robert Jordans beim Schreiben vom Rad der Zeit. Auch er verlor sich zeitweise in Nebensächlichkeiten und -handlungen. Vor seinem Tod kündigte dieser seinen Willen an, alles mit einem Buch zu beenden und doch weitere drei durch Brandon Sanderson, diese andere große Fantasyreihe zu beenden.
George R.R. Martin könnte ähnliches bevorstehen. Aus den zwei geplanten Romanen, können durchaus mehr werden. Aber das ist Zukunftsmusik. Derzeit lässt sich nur sagen, dass Martin nach wie vor stark bei den Charakteren ist, aber eben leider vergisst, die großen Ereignisse vorranzutreiben. Hoffentlich ändert sich dies mit dem nächsten Roman wieder, denn es wird Zeit, dass neuer Schwung in die Welt von Westeros kommt. Trotzdem ist Das Lied von Eis und Feuer nach wie vor lesenswert, mit kleinen Abstrichen.


Fazit

Ein Tanz mit Drachen bringt zwar die Charaktere vorran aber die Handlung nicht wesentlich. Noch ist das alles nicht so schlimm, aber im Nachfolger sollte die Schlagzahl der Ereignisse und das Tempo wieder erhöht werden, wie es in den ersten drei Romanen der Fall war. George R.R. Martins Lied von Eis und Feuer zählt trotzdem weiterhin zum Besten, das die Fantasy zu bieten hat.


Pro & Contra

+ Jon Schnee wächst weiter in seine Rolle hinein
+ Tyrion am Boden
+ Ser Jorah findet neue Kraft
+ Theon Graufreud findet sich selbst wieder

0 viele Nebenschauplätze und Charakterisierung, aber kaum Vorwärtskommen in der Haupthandlung

- schlecht lektoriert
- Gewalt nimmt teilweise überhand

Bewertung:

Charaktere: 5/5
Handlung: 4/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 3,5/5


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Tags: Grimdark, George R.R. Martin