Dark Heroine - Dinner mit einem Vampir (Abigail Gibbs)

Piper (April 2014)
Klappenbroschur
Übersetzt von Katrin Behringer, Diana Bürgel
640 Seiten, 16,99 EUR
ISBN: 978-3-492-70297-3

Genre: Dark Fantasy


Klappentext

Diese Nacht verändert Violets Leben für immer: Mitten auf dem Trafalgar Square in London geschieht ein furchtbarer Mord, und die 18-Jährige ist die einzige Augenzeugin. Erfolglos versucht sie, vor den Tätern zu fliehen - und wird in ein abgelegenes Herrenhaus verschleppt, das von nun an ihr Gefängnis ist. Doch Violets Kidnapper sind keine Menschen, sondern Vampire, faszinierend und todbringend zugleich. Der charismatische Blutsauger Kaspar hat besondere Pläne mit Violet, denn sie ist Teil einer gefährlichen Prophezeiung. Wird sie sich Kaspar hingeben, um zur sagenumwobenen dunklen Heldin zu werden – oder hat er Violets Mut unterschätzt, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen?


Rezension

Violet vertreibt sich die Nächte mit Partys – bis sie von ihrer Freundin wegen einem Kerl allein auf dem Trafalgar Square zurückgelassen wird. Ungeduldig wartet Violet, als plötzlich militärisch anmutende Männer auf dem Platz aufmarschieren. Violet kann sich gerade noch verstecken, bevor die Hölle losbricht. Mehrere junge Männer stürzen sich auf die anderen und schlachten sie regelrecht ab. Violet kann das Grauen nicht ertragen und wagt einen Fluchtversuch, doch die Mörder schnappen sie und verschleppen sie in ein abgelegenes, düsteres Herrenhaus. Dort offenbaren sie ihr, dass sie Vampire sind – und der Vampirprinz Kaspar, der sie eigentlich hätte töten sollen, lässt ihr eine schreckliche Wahl: Sie kann als Mensch in Gefangenschaft bei ihnen leben oder freiwillig zu einem Blutsauger werden …

Die ersten Kapitel von „Dark Heroine“ gehen unter die Haut: Endlich wieder ein wahrhaft düsterer Dark Fantasy-Roman, in dem Vampire keine melancholischen Weichlinge sind, sondern finstere Blutsauger, die sich an Menschen und Tieren laben und ihre Widersacher gnadenlos ausschalten. Für Violet ist diese Erfahrung höchst traumatisch, trotzdem behält sie den für sie typischen Trotz und ihr loses Mundwerk. Auch wenn sie von nun an als verletzlicher Mensch unter gierigen Vampiren lebt, bietet sie ihnen die Stirn, wo sie nur kann. Denn Violet denkt gar nicht daran, sich verwandeln zu lassen. Viel mehr sitzt sie die Situation aus und hofft darauf, dass ihr Vater, der immerhin ein hohes Regierungsmitglied ist (weshalb man sie auch nicht einfach zur Verwandlung zwingen kann), sie rettet. Violet hasst die Vampire, allen voran ihren Prinzen Kaspar, der sie wie Dreck behandelt und sich ihr auf unverschämte Weise nähert.

Doch dann passiert es: Sie lässt Kaspar von sich trinken. Und er ist auch nicht immer das fiese Arschloch, sondern manchmal überraschend verständnisvoll. Auf den Leser wirkt Kaspar anfangs ebenfalls wie ein verzogener Vampirprinz, dem Reichtum und Macht zu Kopf gestiegen sind und der seinen sadistischen Neigungen hemmungslos nachgeht. Doch hinter seiner widerwärtigen Fassade verbirgt sich ein tief sitzender Schmerz: Seine Mutter wurde bei dem Versuch, Frieden mit den Menschen zu schließen, feige ermordet. Zwar wissen die meisten Menschen nichts von Vampiren und die Regierungen der Welt legen Wert darauf, dass das so bleibt, aber die Fronten verhärten sich zunehmend. Kaspar ist zudem der Kronprinz des dunklen Reiches und kommt mit dieser Rolle nicht zurecht. Er will weder Verantwortung tragen, noch sich um ein besseres Verhältnis zu den Menschen bemühen. Der Hass sitzt einfach zu tief.

Das Verhältnis von Violet und Kaspar ist das zentrale Element der Geschichte – neben der Frage, ob Violet sich freiwillig verwandeln lassen wird. Tut sie es nicht, bleibt sie bis zum Lebensende eine Gefangene der Vampire. Verständlicherweise lehnt sie die Blutsauger zu Beginn ab, doch je mehr Zeit sie mit ihnen verbringt, umso mehr Menschlichkeit sieht sie in ihnen und freundet sich mit einigen sogar an. Auch Kaspar sieht sie mit der Zeit in einem anderen Licht und aus dem anfänglichen Hass erblüht eine unstete und zarte Liebe, die zwischen dem kalten Krieg und einer mysteriösen Prophezeiung droht, zerrieben zu werden. Neben den Protagonisten gibt es eine Vielzahl weiterer Charaktere, die zur königlichen Familie gehören und bei ihr leben. Doch nur wenige reifen zu herausragenden Figuren heran. Die meisten bleiben blass und erfüllen lediglich vorbestimme Funktionen für die Story.

Die angekündigte Prophezeiung spielt lange Zeit keine Rolle. Erst in der zweiten Hälfte sammeln sich Hinweise auf die dunklen Heldinnen, von denen eine ein Vampir sein soll. Die erste, die die anderen sucht, stammt jedoch aus einer anderen Dimension und gehört einer anderen dunklen Rasse an. Da der Roman überwiegend aus Violets Sicht (manchmal auch aus Kaspars) geschrieben ist und die Vampire vieles vor ihr verheimlichen, erfährt auch der Leser kaum etwas über diese anderen Dimensionen. Das Thema wird in „Dark Heroine“ nur angeschnitten und wird wohl im zweiten Band „Autumn Rose“ bedeutsam.

Durch die zahlreichen Konflikte bleibt die Spannung meist hoch, doch zwischen unheimlich stimmungsvollen Szenen finden sich leider auch immer wieder längere Passagen, in denen die Story nicht vorankommt. Zudem werden bedeutsame Ereignisse zwischen all den anderen Ereignissen teilweise nicht gut genug in Szene gesetzt. Als Violet beispielsweise eine sehr wichtige Entscheidung trifft, geschieht dies beiläufig und das Gespräch darüber verliert sich in der nächsten Szene. Am Ende wirkt es, als hätten der Geschichte auch hundert Seiten weniger gereicht. Es bleibt zu hoffen, dass Abigail Gibbs im nächsten Band nicht wieder zu dieser Verzögerungstaktik greift. Denn mit „Dark Heroine“ beweist sie, dass sie sehr dicht und hochemotional schreiben kann, sodass man das Buch kaum aus der Hand legen kann.


Fazit

„Dark Heroine – Dinner mit einem Vampir“ ist äußerst finstere Dark Fantasy, die Vampire als die überirdisch schönen Monster darstellt, die sie sind. Hier fließt Blut und hier wird zugebissen – das Buch ist also nichts für zartbesaitete Gemüter, sondern eignet sich vor allem für jene, die emotional aufreibende Geschichten voller Schmerz, Dunkelheit und widerstreitender Gefühle lieben.


Pro & Contra

+ toughe, sympathische Protagonistin
+ finsterer Vampirprinz mit zweifelhaftem Charme
+ glaubwürdige Motive
+ gefährliche, blutsaugende Vampire
+ wunderschöne Aufmachung

- wichtige Ereignisse manchmal schlecht in Szene gesetzt
- das Finale wird zu stark hinausgezögert
- Nebencharaktere zu blass

Wertung: sterne4

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5

Tags: Vampire