Katzendämmerung (Arthur Gordon Wolf)

Verlag: Luzifer (Oktober 2013)
Klappbrochur, 672 Seiten, € 16,95
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3943408157

Genre: Horror


Klappentext

"Das, was ich bislang für die wirkliche Welt, die Realität, gehalten hatte, war nichts weiter als eine plumpe Täuschung, eine dünne Haut, hinter der sich das wahre Grauen verbarg."
Es gibt Geheimnisse, die besser für alle Zeiten im Verborgenen bleiben. Zu dieser Erkenntnis gelangt der Fotograf Thomas Trait jedoch etwas zu spät. Hals über Kopf verliebt er sich in eine junge und überaus attraktive Übersetzerin antiker Schriften. Natascha hat jedoch nicht nur einen ungewöhnlichen Beruf etwas Mysteriöses, ja Düsteres, scheint ihr anzuhaften; wild und bedrohlich. Doch es sind gerade diese Schattenseiten, die sie für Trait noch anziehender werden lassen.
Als er versucht, das Geheimnis seiner Geliebten zu ergründen, bezahlt er einen hohen Preis. Und der Tod ist nicht das Ende ...


Rezension

Als sich der Fotograf Thomas Trait während eines Fotoshootings zufällig in eine
Passantin verliebt, setzt er alles daran, die so mysteriöse wie attraktive Natascha kennenzulernen. Er ahnt nicht, worauf er sich einlässt, denn diese Frau und ihr Geheimnis ziehen sein Leben in eine Spirale des Horrors, die sich nicht einmal vom Tod aufhalten lässt ...

Wolfs Roman wartet mit einem Konzept auf, welches frischen Wind im Genre verspricht: Eine komplexe, in der ägyptischen Mythologie wurzelnde Story, die sich bis in unsere Zeit erstreckt, präsentiert in elaboriertem, angenehmen Schreibstil, ausgezeichneter Recherchen und verpackt in eine Mischung aus Thriller und anspruchsvollem Grusel. Warum dann nur eine mittelmäßige Wertung? Machen wir es der Reihe nach, wobei es gerade bei diesem Roman sehr schwierig ist, ihn zu besprechen, ohne gleichzeitig zu viel zu verraten.

Der Anfang wird den Erwartungen noch mehr als gerecht; es bietet sich ein spannender, geschichtlicher Hintergrund dar, der das Interesse des Lesers restlos zu fesseln vermag. Nach 50 Seiten ist die Story dann in der Jetztzeit angekommen und man trifft auf einem sich im Selbstmitleid wälzenden Mann mittleren Alters namens Thomas Trait, der den Tod seiner Geliebten beklagt, an welchem er offenbar in irgendeiner Form mitschuldig ist. Auch wenn so etwas zugegebenermaßen einen Schicksalsschlag übelster Art darstellt, erscheint Thomas als ein ausschließlich um sich selbst kreiselnder Jammerlappen, für den man nur schwer Sympathie aufbringen kann. Leider werden die aufkeimenden Befürchtungen wahr: Wir haben soeben Bekanntschaft mit dem Protagonisten geschlossen. In Ich-Form erzählt er ab diesem Zeitpunkt seine Geschichte, wie die Katastrophe beginnt und ihren Lauf nimmt.
Natascha, die Protagonistin, die kurz darauf erscheint, wirkt zunächst noch interessant und geheimnisvoll, wobei sehr bald schon vorhersehbar ist, wer beziehungsweise was sie ist. Wirklich zu punkten vermag sie beim Leser allerdings auch nur schwer, ist doch ihre Mentalität rein egoistisch und sind ihre Beweggründe in erster Linie auf Körperlichkeit ausgerichtet. Man könnte beinahe sagen, Natascha und Thomas verdienen einander in ihrem unsympathischen Auftreten.
Das Verhalten der beiden reicht von krankhaftem Begehren über Hörigkeit und sexueller Obsession bis hin zu Gleichgültigkeit anderen gegenüber und eiskalter Brutalität; eine ziemliche Bandbreite an abstoßenden Dingen, die mit allem Möglichen zu tun haben, doch niemals mit Liebe, von der auffallend häufig die Rede ist.
Zu alledem driften im weiteren Verlauf die Charaktere immer tiefer in die Unglaubwürdigkeit. Von einer Gottheit würde man entschieden mehr Tiefgang erwarten, als dass sie ausschließlich die Befriedigung ihrer körperlichen Bedürfnisse im Sinn hat, während bei einem auch nur einigermaßen normal veranlagten Menschen irgendwann die Grenzen dessen erreicht sind, was er um den Erhalt einer Affäre willen noch auf sich zu nehmen bereit ist.
Mit unsympathischen Protagonisten kann man sich als Leser durchaus arrangieren, sofern sie interessant und vielschichtig angelegt sind. Handeln diese dann aber durch und durch unlogisch und jenseits der Grenzen alles Nachvollziehbaren, wird es extrem schwer, zu diesen Figuren eine Beziehung aufzubauen.
Von Thomas‘ Seite findet kaum eine innere Auseinandersetzung mit der ständig weiter eskalierenden Situation statt. Anfängliches Entsetzen wandelt sich binnen kürzester Zeit in Gleichgültigkeit und sogar Akzeptanz; für ihn geht es ab einem gewissen Zeitpunkt nur noch darum, seine Geliebte ins Bett zu bekommen. Diesem Ziel wird alles andere untergeordnet, und zwar in einer Form, die selbst bei einem restlos hörigen Charakter nicht mehr glaubwürdig ist. Dementsprechend seelenlos lesen sich die erotischen Szenen, denn eine über einen längeren Zeitraum mitreißende Erotik benötigt außer einer gewissen Raffinesse auch ein Mindestmaß an emotionaler Tiefe, um ihre Wirkung zu entfalten. Davon ist hier nichts gegeben, zusätzlich sorgt die kontinuierlich ansteigen Abstrusität der gesamten Situation dafür, dass diesbezügliche Passagen ein Gefühl von Oberflächlichkeit und Langeweile vermitteln.
Nebencharaktere treten nur sehr wenige auf und wenn, bleiben sie farblos und uninteressant und werden in einem Fall auf den Status von ‚Frischfleisch‘ herabgewürdigt. Gelegentlich gewinnt man den Eindruck, Thomas und Natascha würden im luftleeren Raum agieren, da ihre Handlungen kaum Auswirkungen auf ihr Umfeld zu haben scheinen.
Zwischendurch erfährt man eine Menge über altägyptische Rituale, was sich sehr interessant liest und der sonst etwas dünn geratenen Story zumindest ein wenig Tiefe verleiht. Thomas zeigt auch hier gelegentlich den einen oder anderen Alibi-Skrupel, macht aber bei allen Dingen, die von ihm verlangt werden, anstandslos mit beziehungsweise akzeptiert alles, was seine Geliebte ihm abverlangt.
Ab der Hälfte schleichen sich einige Längen ein, während Thomas endgültig zu einem unglaubwürdig - notgeilen Trottel mutiert, dessen Handlungen man einfach nicht mehr ernst nehmen kann.
Das Ende ist im Großen und Ganzen vorhersehbar, birgt aber zumindest noch ein paar kleine Überraschungen. Trotzdem bleibt am Ende ein Gefühl der Enttäuschung - und die Überzeugung, dass hier so vieles mehr möglich gewesen wäre.


Fazit

Trotz atmosphärisch dichter Handlung, tollen Ideen und ausgezeichnetem Schreibstil überzeugt ‚Katzendämmerung‘ nicht wirklich. Der Roman enthält zu wenig glaubhafte Emotionalität, zu viele unlogische Entwicklungen und Charaktere, zu denen man als Leser keine Beziehung aufbauen kann, weil ihr Verhalten selbst für Genre-Verhältnisse über weite Strecken einfach nicht mehr nachvollziehbar ist.


 Pro & Kontra

+ tolle Idee
+ komplex angelegt
+ sprach- und bildgewaltig
+ flüssiger und angenehm zu lesender Schreibstil
+ ausführlich recherchiert

o wird aus der Ich-Perspektive erzählt
o alles in Form einer Rückblende

- extrem unsympathische Protagonisten
- deren Verhalten die Grenzen der Glaubhaftigkeit zu häufig sprengt
- Identifikation deswegen nur schwer möglich
- Logik nicht immer nachvollziehbar
- kaum Nebencharaktere
- emotionslose Erotik
- vieles zu vorhersehbar
- einige Längen

Gesamtwertung:

Handlung: 3/5
Charaktere: 1,5/5
Lesespaß: 2,5/5
Preis/Leistung: 3/5

Tags: ägyptische Mythologie, Katzen