Michael T. Bhatty (31.07.2014)

Interview mit Michael T. Bhatty

Literatopia: Hallo, Michael! Einige kennen Dich als Game Designer, mancher auch als Autor. Verrate und doch zuerst, wer sich hinter dem Namen verbirgt?

michael t bhatty1Michael T. Bhatty: Eine rastlose Seele, die immer neue Wege geht, um sich kreativ auszudrücken? Meine Eltern wollten ja eigentlich, dass ich etwas Ehrbares wie ein Elektroingenieur oder Physiker werde, doch am Ende habe ich Kunst-, Literatur und Medienwissenschaften studiert. Dabei habe ich, seit ich 12 Jahre alt bin, Filme gedreht (noch auf Super 8), gezeichnet, klassisch  ‚photographiert‘ und  digital ‚fotografiert‘, gemalt und natürlich auch geschrieben. Gegenstand meiner Arbeiten war immer das Fantastische. Schon als Kind – noch bevor ich selbst lesen konnte – hatte ich gebannt den Griechisch-Römischen Sagen gelauscht, bin mit Errol Flynn, Kirk und Spock aufgewachsen, wurde 1978 von „Star Wars“ im Kino verzaubert und wollte genau so etwas auch machen.

Und genau hier lag die Crux: Keiner glaubte daran, dass man Action, Fantasy und Science Fiction in Deutschland machen könnte. „Das können nur die in Hollywood!“ hörte ich wieder und wieder. Meinen Freunden und mir war das egal: Wir drehten Science-Fiction- und Fantasy-Filme, ich schrieb Drehbücher und führte Regie, und wir suchten so manches Festival heim. Doch die Filmförderung sah nie die Förderungswürdigkeit in unseren Projekten: „Zuviel Action! Zuviel Hollywood!“.
Also lernten wir zu improvisieren, erprobten andere Dinge wie LARP und Pencil-&-Paper-Rollenspiele, bis ich im Studium schließlich richtig von Games angefixt wurde.

Ich schrieb schließlich meine Dissertation zum Thema „Interaktives Story Telling“ und erhielt 1999 die Doktorwürde und begann meine Karriere in der Games-Branche, weil die es mir erlaubte, genau jene Geschichten hier in Deutschland zu realisieren, die ich machen wollte. Das Fantasy-Epos „SACRED“ wurde ein internationaler Hit und auf einmal war es möglich, genau das hier zu tun. Ich produzierte eine Zeit lang Casual Games wie „Moorhuhn – Piraten“ oder „TinCan – Escape“.

Ab 2007 hatte ich mich selbständig gemacht und meine ersten Aufträge für den Panini-Verlag waren zwei Bücher zur Reihe „FarCry“, einem actiongeladenen Shooter. Hier verfasste ich die offiziellen Romane „FarCry - Götterdämmerung“ und „FarCry2 - Blutige Diamanten“, gefolgt von der „Runes of Magic“-Trilogie um die drei streitbaren Damen „Shareena“, „Asiya“ und „Iszma“.

Aus dem Kielwasser von „Iszma“ entstand der englischsprachige Roman „Azarya: Dark Passion Tales“, in dem ich viele Lebensberichte von Damen aus dem Milieu verarbeitete, die ich durch die Recherche für „Runes of Magic - Iszma“ erhalten hatte, die es jedoch nicht ins Buch geschafft hatten (weil mich manche Mails erst Monate nach Release erreichten). Doch es war mir wichtig, diese sehr heftigen Erfahrungsberichte irgendwie in mein Schaffen einfließen zu lassen.
Oh, und für Nordmedia schrieb ich dann noch ein Kinodrehbuch namens „Rolling Thunder“. Somit kann ich sagen, dass ich mich immer wieder ausprobiere, ganz gleich ob als Game Designer, Autorenfilmer, Drehbuchautor oder eben als Romanautor.

kyle im kreis des feuersLiteratopia: Kürzlich ist Dein Fantasyroman „Kyle – Im Kreis des Feuers“ erschienen – was erwartet interessierte Leser?

Michael T. Bhatty: Eine Reise in eine Welt voller Verlockungen. Stellt euch eine Welt vor, die urwüchsig ist, in der ihr den Geruch von Pferden vernehmt. Oder das metallische Klirren von Schwertern, das Knarzen von Leder… oder auch das Parfüm schöner, gefährlicher Frauen. Und mittendrin findet ihr Kyle, den Protagonisten, der seine ganz eigene Reise antritt, um sich selbst zu entdecken.

Es geht ums Kämpfen, aber auch ums Wiederaufstehen!

Es geht ums Lieben (und glaubt mir, ein siebzehnjähriger ‚Held‘ kann da verdammt viel Mist bauen!)

Es geht ums Leiden. Hier müsste ich spoilern - findet es einfach heraus.

Literatopia: Du selbst beschreibst die Welt von „Kyle“ als archaisch-mittelalterlich. Was können wir uns konkret darunter vorstellen?

Michael T. Bhatty: Ich liebe Fantasy in der Form, wie es sie früher in „Conan – The Barbarian“ gab. Oder in Verhoevens „Flesh and Blood“. Eine fiktive, mittelalterliche Welt, an der Grenze zur Renaissance. Eine Welt, in der die Magie auf dem Rückzug ist. Zwerge gibt es nicht (mehr) und die Elfen (ich bevorzugen diesen Begriff und meine damit keine Tinkerbell ;-) ) eine aussterbende Spezies sind. Doch das Wilde, das Ursprüngliche ist da, durchdringt jede Ebene dieser Welt.

Die Welt ist hart, grausam. Die Leute kämpfen um ihr Überleben. Nicht immer nur auf der breiten, epischen Basis, sondern auf der des alltäglichen Lebens: Der Wirt klagt über die Steuern, Händler nehmen Wucherpreise und so mancher fällt, denn es ist eben eine Welt ohne jegliches soziales Netz. Willkür herrscht auf der versteckten Ebene; der Schwächere zieht den Stärkeren an, doch nicht immer den Guten, sondern eben jene, die ihre Macht missbrauchen, weil sie es können - weil die anderen sie lassen…

Literatopia: Kyle soll ein Tunichtgut sein, der mehr Ärger als Glück im Leben hat. Was hat Dich zu seinem Charakter inspiriert? Hattest Du sofort ein klares Bild von Deinem Protagonisten? Oder musstest Du selbst ihn erst einmal richtig kennenlernen?

Michael T. Bhatty: (Lacht) Ja, in der Tat. Kyle ist während einer der wenigen Rollenspielsessions entstanden, an denen ich einmal als Spieler und nicht als Spielleiter teilgenommen hatte. Allerdings war es nicht der Kyle, den wir im Buch hatten, sondern eine ältere Variante (die so nicht mehr vorkommen wird). Aber ich mochte diese Figur, hatte sie immer wieder in meinen Geschichten eingesetzt und irgendwann, während meines Studiums der Literaturwissenschaften in Anglistik/ Amerikanistik, wieder herausgeholt.

kyle2Kyle ist der Underdog, der zur Zielscheibe von Schlägern und Rüpeln wird und die Lektion erlernt, dass sie das solange tun werden, wie er es diese Typen tun lässt.

Aber natürlich gehört ein Kennenlernen immer dazu. Ich liebe es, wenn meine Figuren sich gänzlich anders verhalten, als ich es ursprünglich einmal geplant habe; das ging mir ja auch schon in meinen Romanen „FarCry 2“ und „Runes of Magic – Shareena“ so. Es entpuppten sich z.B. plötzlich völlig andere Figuren als Verräter, als ich es im Exposé definiert hatte. Aber das ist für mich in Ordnung: Ich muss mit meinen Figuren ‚reden‘ können. Meine Figuren müssen mir berichten, wer sie sind. Erst dadurch fühlen sie sich für mich ‚echt‘ an.

Doch alles inspiriert mich. Erfahrungen, die man selbst in dem Alter gemacht hat, aber nun eben durch die Brille des Älteren anders bewertet werden können. Ebenso inspirieren mich Erfahrungen aus dem Bereich des Fechtens oder der Martial Arts, Mittelaltermärkte oder ein gutes, duftendes Brot, welches sich heiß und rau unter den Fingern anfühlt, wenn man es bricht (ja, Essen spielt auch eine Rolle in meinen Büchern).

Doch das Wichtigste sind Emotionen. Die ganze Bandbreite. Nicht weichgespült und nicht politisch korrekt geschönt.

Literatopia: „Kyle“ ist im Selbstverlag als eBook erschienen. Was hat Dich dazu bewogen, ein „Indie“ zu werden? Was sind die Vorteile/Nachteile?

Michael T. Bhatty: Da muss ich ausholen: Eine solche Geschichte und komplexe Welt auf den Weg zu bringen, erfordert viel Energie und Zugeständnisse. Ohne die Unterstützung meiner Frau, die (viel zu) oft akzeptiert hat, dass ich samstags früh aufgestanden bin, um zu schreiben oder mich abends um das ein oder andere Stündchen in meinem Arbeitszimmer eingeigelt habe. Oder auch so manches Gespräch mit plötzlichen Fragen wie „Kann ich dem Charakter dies und das antun?“ torpediert habe.

Wenn man durch diese Geburtswehen seines „Babys“ durchgegangen ist, möchte man Kontrolle darüber behalten.  Doch genau diese Kontrolle hat man eben nicht, wenn man seine Idee an andere verkauft. Film- und Game-Rechte gehen an die Markeninhaber  und werden an wieder andere lizensiert. Ein „SACRED 2“ hat genauso wie ein „SACRED 3“ auch nur irgendetwas mit meiner Ursprungsvision zur Story und Welt von dem Original „SACRED“ zu tun (außer das einige Aspekte dramaturgisch falsch ‚verwurstet‘ wurden. Das war der Moment, als ich mir sagte, dass ich bei der „Kyle“-Saga die Kontrolle behalten möchte und es selbst herausbringen werde.  

Die Kontrolle über das eigene Werk ist ein Vorteil. Für „Kyle“ bin eben ich der Markeninhaber, sei es für Buch, Film oder Game. Der Nachteil ist natürlich, dass man eine Einmann-Show ist (eigentlich Zwei-‚Mann‘, da meine Frau natürlich tatkräftig mit hilft). Diese Dinge entstehen neben dem Tagesjob her: Abends, am Wochenende…

Mittlerweile habe ich eine Professur im Bereich Game Design – an der MD.H in Düsseldorf – und bilde die nächste Generation Game Designer und Interaktions-Dramaturgen aus, was einen Mordsspaß macht, aber eben auch viel Zeit in Anspruch nimmt.

 

kyle1

 

Literatopia: „Game Design“ als Studium ist ja relativ neu. Wie gestaltest Du den Alltag Deiner Studenten? Was muss ein angehender Game Designer lernen?

Michael T. Bhatty: Nah an der Branchenpraxis! Ein guter Game Designer muss sich für folgendes interessieren: Einfach alles! Das ist kein Scherz, sondern von Spieltheorie über Mechaniken, von Character- und Weltendesign zu Physik und Biologie, von Geschichte zur Technologie ist alles dabei. Hier Architektur, dort Mode, dann noch Musik, Sound, Animationen, Concept Arts, und natürlich kommen gefühlt 100.000 andere Themen hinzu. Und natürlich Interactive Story Telling.

Meine Studenten (und die meiner Kollegen) haben an der MD.H vormittags Seminare und nachmittags ihre Selbststudienzeit. Hier konfrontieren wir sie wieder und wieder mit Aufgabenstellungen, an denen sie systematisch wachsen. In Projekten entstehen dann spielbare Prototypen.

Dadurch, dass ich selbst mein Unwesen in der Branche getrieben habe, lernen meine Studenten eben auch, wie man etwas Spielbares im Team (ganz wichtig) produziert: Ein Spiel, das man eben auch mal länger als fünf Minuten spielen kann, denn darum geht es ja letztlich.

Literatopia: Du rührst kräftig die Werbetrommel für „Kyle“ und präsentierst den Leser unter anderem einen coolen Buchtrailer. Wie wichtig ist das Internet heutzutage, um ein Buch zu promoten? Und hätten Indies ohne das Netz überhaupt eine Chance?

kyle3Michael T. Bhatty: Ich frage mich ernsthaft, wie ich das zeitlich eigentlich gemacht habe (Danke an meine Frau, die hier wahre Opfer auf sich genommen hat). Das Internet ist extrem wichtig, weil es uns Autoren ja endlich die Möglichkeit gibt, direkt mit unseren Lesern zu reden. Und ‚Nein‘, ohne das Web hätten wir Indies keine Chance. Eine langfristig zu meisternde Hürde sind jene Leute, die alles gerne ‚für lau‘ abgreifen wollen, weil sie überhaupt nicht verstehen, dass die Produktion von Dingen Geld kosten. Oder das Betreiben einer Webseite, die Lizenzen für Software usw.

Es gab gerade einen Facebook-Post, dass einer meinte, es sei ja ‚nur‘ ein eBook und dafür könnte man doch keine 9,49 € nehmen. Ich sehe das anders, denn es steckt viel Arbeit in fast 600 Seiten, die so dick wie zweieinhalb ‚normale‘ Romane sind. Diese mangelnde Akzeptanz ist gefährlich, denn sie setzt uns Kunstschaffende herab (wenn man dies zulässt). Ebenso wie die Nimm-Mentalität von Raubkopierern. Ich denke, es ist wichtig, dass das Werk eines Autors – ganz gleich, ob man es mag oder nicht – mit Respekt behandelt wird.

Ebenso wie das eines Musikers, eines Dichters, Malers, Filmemachers oder Schauspielers. Wir geben schließlich nicht nur mehrere Stunden der Unterhaltung preis, sondern auch viel von uns selbst.

Madonna nannte das einmal „Resonanz“ der Zielgruppe, wenn ich mich Recht erinnere. Sie meinte damit, dass man nur für diejenigen seine Kunst machen würde, die sie auch zu würdigen wissen. Und die anderen sollen eben einfach etwas anderes genießen. Also Leute, Leben und Leben lassen ;-)

Literatopia: Mancher behauptet, das eBook wird gedruckte Bücher bald ersetzen, andere meinen, dass das eBook immer ein Nischendasein führen wird. Was denkst Du darüber?

Michael T. Bhatty: Das eBook ist auf dem Vormarsch. Ich bin mit Büchern aufgewachsen und fluche mittlerweile, weil sie in einigen Regalen in zwei Reihen stehen müssen. Die eBooks waren eine Befreiung: Heh, ich gehe nicht mehr ohne meinen J.R.R. Tolkien oder R.E. Feist aus dem Haus. Und mit meinen schlechten Augen kann ich die Schrift auch besser lesen, das ebook ist bei dicken Büchern besser in der Hand zu halten usw. Trotzdem wird es eines Tages eine Papiervariante geben, weil einfach beide Formen ihre Berechtigung haben.

Und genauso wenig wie der Film das Theater abgelöst hat, oder das Fernsehen den Film, wird das eBook die Druckversion ablösen.

Literatopia: Zu „Kyle“ gibt es  im Trailer einige Concept Arts zu sehen. Wer zeichnete die Figuren aus Deiner Welt?  

Michael T. Bhatty: Um meinen Leserinnen und Lesern einen Eindruck vom Look meiner neuen Welt zu geben, habe ich renommierte Künstler aus der Medienbranche um mich gesammelt. Concept Artists wie Daniel Lieske (bekannt durch die www.wormworldsaga.com) und Anca Adelina Finta, die mit mir bereits zu Ascaron-Zeiten zusammengearbeitet hatten, sind ebenso vertreten wie Newcomer wie Antje Krüger und Sandra Püttner. Musikalische Kompositionen produzierte Andreas Adler von Adler Audiopictures, mit dem ich bereits an Titeln wie „Tortuga“ und „TinCan“ zusammengearbeitet hatte.

iszmaLiteratopia: In Deinem Blog gehst Du auf diverse Fanmails ein, die sich mit dem Thema „Sex und Gewalt“ in Deinen Romane beschäftigen. Interessanterweise beklagen sich vor allem männlichen Rezensenten über zu viel Gewalt und zu viel Sex. Wie erklärst Du Dir das?  

Michael T. Bhatty: Ich glaube, dass Frauen tougher sind. Hey, zeig mir eine Frau, die Angst vor Blut hat. Das mit der verhaltenen Reaktion der Männer hatten wir insbesondere bei „FarCry 2“ erlebt.

Den Männern war das Schicksal zu heftig, das ich einem Vergewaltiger angedeihen ließ, während die Frauen schrieben, dass sie die ‚Lösung‘ genau richtig fanden. Ich zitiere einmal die Künstlerin Sandra Püttner, die viele der Illustration zu „Kyle“ erschaffen hat: „Die Arbeit an KYLE […] macht mich vor allem stolz. Michael T. Bhatty's Welten sind […] ein Vorreiter. Er spricht Tabu-Themen ohne Furcht an und breitet diese vor dem Leser aus.“

Und die Künstlerin Anca Adelina Finta sagte, dass ich ihr Bilder in den Kopf gesetzt hatte, die sie zeichnerisch rauslassen musste.

Ich tippe darauf, dass es daran liegt, dass ich nicht nur die bloße „Aktion“ darstelle, sondern eben beschreibe, wie sich etwas anfühlt, wie es riecht oder wie Staubpartikel durch das Sonnenlicht tanzen…

Und jene Männer, die mehr in Touch mit dieser ‚femininen‘ Wahrnehmung sind, gefällt diese Art der Geschichte dann auch wieder besser.

Literatopia: Inwiefern unterscheidet sich die Arbeit Videospielromanen wie „FarCry“ und „Runes of Magic“ zu der an einem eigenständigen Werk? Hattest Du viele Vorgaben zu erfüllen?

Michael T. Bhatty: Bei „FarCry - Götterdämmerung“ waren die Vorgaben sehr eng, da es ein abgenommenes Exposé gab. Doch ab „FarCry“ und insbesondere den „Runes of Magic“-Romanen hatte ich eigentlich weitestgehend freie Hand. Es galt natürlich die Rahmenbedingungen der Welt zu berücksichtigen, damit es sich zumindest ähnlich wie im Game anfühlt. Zaubersprüche, Personen, Orte etc. müssen aus dem Game übernommen werden, die Interpretationen dazu liegen bei mir.

Bei den „Runes of Magic“-Romanen hatte ich sogar den Luxus, meine Cover-Vorstellungen mit in die Umsetzungen des Artists einfließen lassen zu können. Aber auch hier tauscht man sich aus. Welchen Ort will man darstellen? Welche Charaktere zeigt man?

Allerdings werden diese Romane eben in engen Zeitfenstern geschrieben. Mehr als ein Korrekturdurchgang ist in der Regel nicht drin in vier, fünf Monaten. Bei „Kyle“ habe ich insgesamt acht (!) Überarbeitungen gehabt (und die waren sehr intensiv).

Literatopia: Waren das bei „Kyle“ vor allem kosmetische Korrekturen oder hast Du auch mehrmals den Inhalt umgestellt / neu erfunden?

Michael T. Bhatty: Inhaltlich! Passagen wurden umgestellt, Figuren wieder und wieder ausgetauscht, verändert, hinterfragt und wieder verändert. Der Prozess der szenischen Anpassung hatte viel mit der Montage im Film gemeinsam. Letztlich musste ich das Gefühl haben, das die Geschichte fertig ist, um gelesen zu werden. Nach acht langen Überarbeitungen könnte ich endlich sagen: „Ready for reading!“

farcry goetterdaemmerungLiteratopia: Du warst unter anderem Lead Game Designer für „SACRED“ – wie können wir uns diese Arbeit vorstellen?

Michael T. Bhatty: Die Jobbeschreibungen für Game Designer unterscheiden sich von Firma zu Firma. Nach „SACRED“ war es mir wichtig, die Rolle des ‚Drehbuchautors‘, des  ‚Regisseurs‘ und des ‚Executive Producers‘ zu stärken: Der Autorenanteil verfasst die Vision, der Regiepart vermittelt sie an die umsetzenden Abteilungen und arbeitet eng mit ihnen zusammen, um die Vision auf Kurs zu halten (er ist kein Diktator, wohlgemerkt, sondern mehr ein Koch oder Komponist). Und der Producer muss die logistischen Rahmenbedingungen einer solchen Produktion im Auge behalte, sonst explodieren diese Titel, die ja Millionen kosten.

Das ist ja auch genau das, was ich nun in meiner Rolle als Professor seit 2010 an Hochschulen lehre. Doch nicht nur der spielmechanische Anteil ist wichtig, sondern auch der narrative. Deswegen genieße ich Workshops wie die ‚Creative Writing‘-Kurse, die ich hin und wieder gebe. Da sind ein paar fantastische Talente am Horizont, die uns Lesebegeisterten noch viel Freude bereiten werden.

Literatopia: Wann und wie hast Du Deine Leidenschaft für Literatur und das Schreiben entdeckt?

Michael T. Bhatty: Das erste Mal, nachdem ich in der zweiten Klasse „King Kong“ in einer Jugendvorstellung gesehen hatte. Ich wollte alles nachempfinden und hatte begonnen, mein DIN-A5-Hausaufgabenheft vollzuschreiben. Ich erinnere mich noch, dass ich den Charakter „Anne“ falsch geschrieben hatte: „Enn“ stand dort.
Dann in der siebten Klasse, als aus den ganzen Drehbüchern immer größere Geschichten für unsere Filme wurden, und schließlich in jener schicksalshaften Nacht in meinem Erstsemester-Jahr an der Uni, als ich von einem Freund einen ausgeliehenen Rechner für eine Hausarbeit auf meinem Schreibtisch stehen hatte (was aus der Geschichte geworden ist, steht übrigens im Anhang zu Kyle). Tragisch, tragisch… ;-)

Literatopia: Arbeitest Du bereits an einem neuen Buch? Und kannst Du uns vielleicht schon etwas darüber verraten?

Michael T. Bhatty: Jetzt nach der Arbeit an Kyle, eine Reise, die ich vor mehr als 24 Jahren begann, brauche ich erstmal eine Auszeit. Aber „Kyle“ ist ja eine Saga. Sechs Bände habe ich vor (hmm, ich hoffe, dass ich für Band 2 jetzt nicht wieder 24 Jahre brauche).
Doch ich finde es wichtig, den Kopf freizubekommen und neue eindrücke zu sammeln. Und natürlich auch Feedback von meinen Lesern zu erhalten. Aber ganz ohne Schreiben wird es nicht gehen. Ich werde „Azarya“ wohl noch übersetzen und dann, vielleicht gegen Weihnachten, werde ich die Saga fortsetzen.

Literatopia: Herzlichen Dank für das Interview, Michael!

Michael T. Bhatty: Es war mir eine Ehre. Vielen Dank!

 

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Autorenfotos und Bildmaterial zu "Kyle": Copyright by Michael T. Bhatty

Autorenhomepage: www.michael-bhatty.de


Dieses Interview wurde von Judith Gor für Literatopia.de geführt. Alle Rechte vorbehalten.