Rezensionen im August (2014)

Liebe LeserInnen,

viel zu früh haben wir bereits im August die ersten Anzeichen des kommenden Herbstes zu spüren bekommen. Regentage und für einen Sommer viel zu niedrige Temperaturen waren wie gemacht für ausgiebige Lesenachmittage und –abende auf dem heimischen Sofa, eingewickelt in eine kuschelige Decke, mit einer Tasse heißer Schokolade vor sich auf dem Tisch. Auch die Redaktion hat diese Tage gut genutzt und einige tolle Titel für euch gelesen und besprochen. Eine kleine Auswahl präsentieren wir euch natürlich wieder in unserem Monatsrückblick. Viel Spaß!


Belletristik

"Wo immer du bist"
von Cylin Busby ist ein gefühlsbelastender, intensiver Roman über das Spiel des Schicksals und dem Umgang mit den Folgen. Auf eindrucksvolle Weise schildert die Autorin in dieser Geschichte, wie nah Glück und Unglück beieinander liegen und dass man das Leben nehmen muss, wie es kommt - auch wenn man manchmal nicht alles zu besseren wenden kann. Ein schwieriges Thema, mutig und hochemotional ergreifend erzählt und voll nachdenklicher Tiefe.

"Bevor die Nacht geht"
ist ein wunderschöner, zauberhafter Jugendroman, der nicht nur den Blick auf Berlin verändert, sondern den Leser auch darüber nachdenken lässt, ob es sowas wie Schicksal tatsächlich gibt. Patrycja Spychalski beweist einmal mehr jede Menge Einfühlungsvermögen für ihre jugendlichen und auch erwachsenen Leser und schafft es mit ihrem vierten Roman, für gute Unterhaltung und neue Reiselust zu sorgen. Eine Empfehlung für diejenigen, die Berlin mögen oder gerne mögen wollen und für jeden, der an die Liebe glaubt.

Dark Fantasy


"Hunter’s Moon"
bietet Britta Strauß ihren Lesern historische Dark Fantasy der ganz besonderen Art. Die Atmosphäre ist so klirrend kalt, wild und finster, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Kate beeindruckt mit einer großen inneren Stärke und trotzt den Widrigkeiten im Fort, während Kainah die Leserschaft mit seiner kriegerischen Ausstrahlung und intelligenten Worten um den Finger wickelt. Einzig die Nebencharaktere sind etwas zu verdorben. Insgesamt ein unheimlich stimmungsvoller Roman, der aus indianischen Mythen eine düstere und vielschichtige Geschichte voller Leidenschaft spinnt.

In der Atmosphäre von Paris Ende des 19. Jahrhunderts entführt Page Morgan den Leser in eine Welt von Gargoyles, Dämonen, gefallenen Engeln und Normalsterblichen. "Grotesque" ist eine gelungene Mischung verschiedener Dark Fantasy-Elemente, die trotz einiger Schwächen für ein düsteres Lesevergnügen sorgt und durch ein recht offen gehaltenes Ende die Hoffnung auf baldige Fortsetzung weckt. Endlich mal wieder ein Genre-Treffer, in dem es nicht um glitzernde Vampire und Konsorten geht – kein unbedingtes Lesemuss, aber sehr vielversprechend und den einen oder anderen genaueren Blick definitiv wert.

Fantasy 

Mit "Diablo III - Sturm des Lichts" beweisen Panini und Blizzard erneut, dass sie ein wunderbares Team sind, denn das Zusammenspiel von Game und Roman gelang ihnen bisher jedes Mal. Nate Kenyons neuer Beitrag ist nicht nur inhaltlich betrachtet ein echter Hingucker. Das dafür entworfene Titelbild erweckt den Anschein hier wirklich gute Fantasy vorzufinden. Und der Schein trügt nicht. In einer literarischen Zeit, in der viele Autoren versuchen in Tolkiens Spuren zu wandeln, gibt es auch diejenigen, die ein eigenes Universum haben. Dadurch werden Geschichten erschaffen, die imposant sind, Spaß machen und nicht zwangsläufig von Zwergen und Elben leben. Preis und Inhalt sind stimmig wie nie. Ein Kauf lohnt sich. Hier sollten auch diejenigen zugreifen, die noch nie was von Blizzard, Diablo oder Panini gehört haben. Das Fantasy-Genre beherbergt noch viele Schätze und der Sturm des Lichts ist einer davon. Und man muss nach der Lektüre nicht verzagen, denn früher oder später gibt es immer einen Nachfolger. In diesem Sinne ist auf das oberste Übel Verlass.

High Fantasy abseits von den üblichen Gestalten – "Der Herr der Tränen" kommt gänzlich ohne Trolle, Zwerge, Drachen, Elfen und ähnlichen Wesen aus und schafft es genau aus diesem Grund, dem Leser endlich mal wieder saubere, lesbare und fesselnde Fantasy zu liefern. Sam Bowring bringt in seinem Debüt eine andere Art der Magie zu Tage, die nicht weniger faszinierend ist, und zeigt somit, dass Fantasy nicht nur mit alten Mustern sehr erfolgreich sein kann. Ein gelungener Einstieg und eine tolle Grundlage für weitere Romane!

Horror / Mystery


"Die Überlebenden"
– das sind Kinder wie Ruby, die eine tödliche Krankheit überlebt, nun aber mit einer Fähigkeit bedacht worden, die sie in die Ausgrenzung treibt. Als ihr endlich die Flucht aus einem der Konzentrationslager und somit aus jahrelanger Folter gelingt, findet sie ihr Land in Trümmern, die Menschen erstarrt vor Angst oder blind in ihrem Hass. Mit Hilfe eines sympathischen Trios versucht sie, den Flüchtling zu finden, um endlich ihre gefährliche Gabe zu meistern, die ihr ein Miteinander mit anderen Menschen unmöglich macht. Alexandra Bracken gelingt hier eine spannende Vision, voller dunkler Momente, Augenblicke zum Lachen und Weinen. Spannend und packend von der ersten bis zur letzten Seite – ein echter Pageturner, der Lust auf mehr macht!

"Indigo – Das Erwachen"
wird aus vielen Perspektiven erzählt, was Jordan Dane weitgehend gut gemeistert hat. So kann man die mysteriöse Geschichte von allen Seiten betrachten, auch wenn die Gegenspieler leider recht klischeehafte Bösewichte sind. Trotzdem bietet dieser Auftaktband viele spannende Ideen und einen lockeren Schreibstil, der die Seiten nur so dahinfliegen lässt. Bisher eine unterhaltsame Lektüre für zwischendurch, mit einer zarten Lovestory und viel Potential für die Folgebände.

Science Fiction


Ursula Poznanski
schließt mit "Die Vernichteten" ihre Eleria-Trilogie um Ria und ihre Freunde eher ruhig ab, obwohl es auch im dritten Band einige spannende Höhen gibt. Insgesamt wird der Leser in weitere Geheimnisse und Enthüllungen eingeweiht, erfährt gemeinsam mit den Protagonisten mehr über die Hintergründe und auch so manche Überraschung wird bereitgehalten. Es ist ein guter, würdiger Abschluss einer besonderen Thriller-Dystopie-Reihe, die nicht nur gut zu unterhalten weiß, sondern dem Leser auch viele Denkanstöße mit auf den Weg geben kann. Eine echte Empfehlung für Genre-Fans und auch für Genre-Skeptiker. Unbedingt lesen!

"Fragmente"
ist ein typischer Zwischenband, der viel Aufklärungs- und Vorbereitungsarbeit leisten muss und daher zwischenzeitlich ein klein wenig zäh wird. Die großen Enthüllungen lassen lange auf sich warten und im Angesicht der heiklen Situation entwickelt sich Ungeduld auf Seiten des Lesers. Der stimmungsvolle Schreibstil von Dan Wells und die dichte, bedrückende Atmosphäre machen Fragmente dennoch zu einem echten Lesegenuss und der Cliffhanger am Ende sorgt dafür, dass man das Erscheinen des dritten Bandes kaum erwarten kann.

Thriller


Ein gut durchdachter, rasanter Psycho-Thriller, der dem Leser alles bietet, was Genre-Liebhaber glücklich macht - "Krähenmädchen" von Erik Axl Sund ist ein wahrer Pageturner, der seinesgleichen sucht. Authentische, problembehaftete Charaktere und zahlreiche leider aktuelle Themen werden in diesem Trilogie-Auftakt zu einer mitreißenden Story verbunden, die den geneigten Leser durchaus in einen echten Rausch versetzen können. Definitiv kein einfaches Buch, aber in jedem Fall eines, das von Genre-Kennern näher unter die Lupe genommen werden sollte.

"Anima"
von Wajdi Mouawad ist eine beinahe psychedelische Odyssee durch eine Welt voller bestialischer Menschen und menschlicher Tiere. Der Homo Sapiens kommt hier nicht gut weg, was das Lesen zu einer harten Bewährungsprobe macht, die nicht jeder bestehen wird. Kein Gute-Laune-Buch, aber voller, schwer hinnehmbarer Wahrheit. Nur das Ende trägt fragwürdig stark auf.

Krimi

 
Die beiden italienischen Krimiautoren Giancarlo de Cataldo und Mimmo Rafele haben mit "Zeit der Wut" einen einfallsreichen und intelligent gestrickten politischen Kriminalroman geschrieben, in dem es in klassischer Manier um nicht weniger als die Neugestaltung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen in Italien, in Europa geht. Mit archaischer Wucht bekämpfen einander zwei Netzwerke der Macht in diesem exzellent erzählten Roman, der sich wie ein Epitaph auf das heutige Europa liest.

Inge Löhnig
hat in "Deiner Seele Grab" eine Menge kompakter Themen hineingepackt. Leben im Alter, Armut, Erbschleicherei und Schwarzarbeit osteuropäischer Frauen sind nur einige der Themen. Dazu kommen noch die privaten Probleme der Ermittler, die alle auch sehr interessant sind und im Buch untergebracht werden müssen. Leider ist es dadurch nicht ganz so spannend wie die Vorgänger, aber durch den gefälligen Stil der Autorin kommt trotzdem keine Langeweile auf.

Comic


Ein Kauf lohnt sich, denn Spider-Man wird in "Gestörter Geist" erwachsen. Was in der glorreichen Zeit der Klonsaga schon geschah, geht in der Moderne weiter. Die Marvel Now!-Reihe um den Netzschwinger ist nicht nur reines Popcorn-Kino. Hier steckt vieles drin und jeder sollte sich vielleicht einen kleinen Ruck geben, dem Comic eine Chance zu geben. Die Einzigen, denen man das wohl nicht sagen muss, sind die Fans erster Stunde, die mit ihrem Helden schon durch Dick und Dünn gegangen sind.

Wer Supernatural mag, wird "Ghosted" ebenso lieben. Jackson T. Winters und sein Team geraten in höllische Schwierigkeiten und der Leser verfolgt ihren Weg gebannt. Joshua Williams und Goran Sudzuka liefern mit Ghosted eine starke Horrorgeschichte ab.

Manga


Im zweiten Band von "Unterm Wolkenhimmel" von Karakarakemuri kommt die Geschichte um die drei Brüder und den geheimnisvollen Shirasu erst richtig in Fahrt. Spektakuläre Kämpfe und erschütternde Offenbarungen reihen sich aneinander und bieten dem Leser einen hochspannenden Manga mit dynamischen Zeichnungen und coolen Charakteren.

"1001 Knights"
von Yukiru Sugisaki punktet mit frischen Ideen und großen Spannungsmomenten, verliert sich am Anfang jedoch zu sehr in Nebensächlichkeiten. Die Beziehung der Zwillinge wird intensiv dargestellt, dazu gibt es leichten Humor und jede Menge Andeutungen. Potential ist genug vorhanden, es muss nur noch ausgeschöpft werden!

Sachbuch

 
Was für ein spannendes und aufregendes Leben. Selbst wenn man nichts mit der Musik von Ozzy Osbourne und Black Sabbath anfangen kann, ist es doch sehr amüsant, was er und Chris Ayres in "Ozzy - Die Autobiografie" zu erzählen hat, was sein Brei in seinem Gehirn an Erinnerungen noch hergibt. Wie war das noch mit der Fledermaus? Natürlich gehören auch Alkohol und Drogenexzesse zu seinem Leben, unfassbar, was er alles im Laufe seines Lebens so konsumiert hat. Mit einem Augenzwinkern entschuldigt er sich bei allen, man glaubt ihm jedes einzelne geschriebene Wort sofort.

Jon Kabat-Zinn
s "Jeder Augenblick kann dein Lehrer sein" vermittelt einen ersten Eindruck von den Grundlagen der Achtsamkeit, von Sinn und Notwendigkeit, sich auf den Augenblick zu konzentrieren, statt die Gedanken fließen zu lassen, über bereits Gewesenes und noch nicht Geschehenes nachzudenken. Kurz, von Fertigkeiten die wir in unserer Kindheit besessen haben, im Lauf der Jahre verlernt haben und in jedem Alter grundsätzlich wiedergewinnen können, auch ohne einen Lehrgang in fernöstlicher Philosophie, die wir ohnehin nicht wirklich verstehen. Für alles Weitere benötigt man jedoch Kabat-Zinns Hauptwerk und viel mehr Zeit.


Das Programm war wieder bunt gemischt und so wird es auch im September weitergehen. Spannende und sehnsüchtig erwartete Titel stehen auf unseren Leselisten und ihr dürft euch wieder auf einige fundierte Buchbesprechungen freuen. Die Wartezeit bis dahin könnt ihr euch wie immer gerne in unserer Rezensions-Übersicht vertreiben.

Wir wünschen euch einen lesereichen und hoffentlich noch sommerlichen September,
euer Literatopia-Team