Der Turm von Avempartha (Michael J. Sullivan)

Verlag Klett-Cotta (23.08.2014)
Broschiert, 400 Seiten, € 16,95
Sprache: Deutsch
Originaltitel: Avempartha
ISBN: 978-3608960136

Genre: Fantasy


Klappentext

In einem Turm – ein uraltes Geheimnis. Das Problem – ein Ungeheuer. Die Rettung – zwei Diebe. Hadrian und Royce möchten eigentlich nur ein paar Bauern in einer armen Gegend helfen. Und auf einmal sind sie in die undurchsichtigen Pläne des Zauberers Esrahaddon verwickelt.


Rezension

Ein mittelloses Bauernmädchen namens Thrace bittet Hadrian und Royce um Hilfe, in ihrem Heimatdorf würde eine mörderische Bestie ihr Unwesen treiben. Keine Frage, dass die beiden da nicht Nein sagen können, aber das Unternehmen gestaltet sich schwieriger als erwartet. Das Ungeheuer scheint unbesiegbar, doch laut einer uralten Prophezeiung fände sich im genauso uralten Elbenturm von Avempartha eine Lösung. Mit einem Mal entwickelt sich die weit abgelegene Gegend zum Nabel der Welt, es erscheinen Vertreter von Adel und Kirche, und auch der Zauberer Eshrahaddon ist plötzlich vor Ort. Jeder verfolgt dabei seine eigenen Pläne, und niemand ist mit der Wahl seiner Mittel besonders zimperlich ...

Das Wiedersehen mit den sympathischen Gaunern Hadrian Blackwater und Royce Melborn, die man im ersten Buch regelrecht lieb gewinnen konnte, knüpft locker an die Handlung des Vorgängerbandes an, klärt gleich zu Beginn eine noch offene Frage zu ihrem damaligen Auftrag und wirft einige neue, interessante Aspekte auf. Um diese soll es aber gar nicht gehen, vielmehr verschlägt es das illustre Duo in die hinterste Ecke des Landes, wo eine holde Maid in Schwierigkeiten steckt. Parallel dazu startet ein zweiter Erzählstrang aus der Sicht von Arista, der Schwester des Königs; beide Stränge laufen etwa in der Mitte der Geschichte zusammen.
Nach einem gemächlichen Anfang nimmt die Story allmählich Fahrt auf und entwickelt sich rasch zu der unterhaltsam-spannenden Mischung, die bereits den ersten Band ausgezeichnet hat. Action kommt zwar nicht zu kurz, doch das Hauptgewicht liegt hier eher weniger auf rasanten Einlagen. Dafür bekommt man diverse Einblicke in die politischen Zusammenhänge des Reiches und seiner Geschichte, auch über das Elbenreich erfährt man ein bisschen mehr. Das mag möglicherweise langatmig klingen, ist es aber nicht, denn all diese Informationen sind so geschickt in die Handlung verwoben, dass sie auch von Lesern, die viel Wert auf Action legen, voller Spannung verfolgt werden können.

Der Plot setzt sich zu großen Teilen aus Elementen der klassischen Fantasy zusammen und bietet im Grunde wenig Neues; was die Story dennoch zu etwas Besonderem macht, ist die ausgezeichnete Charakterdarstellung. Die Figuren handeln differenziert und folgerichtig, jeder von ihnen ist eine Persönlichkeit. Keiner benimmt sich nur gut oder nur böse und die Frage, wer ist Freund und wer Feind, wer sagt die Wahrheit und wie viele Wahrheiten gibt es überhaupt, stellt sich nicht nur einmal. Zudem wird intrigiert und manipuliert, was das Zeug hält. Einige Charaktere, die im ersten Band eine Nebenrolle innegehabt hatten, trifft man hier ebenfalls wieder und erfährt zum Teil auch mehr über ihre Beweggründe. Genauso wird die bis dato undurchsichtige Herkunft der Protagonisten ein klein wenig näher beleuchtet und bietet auf diese Weise Spielraum für Spekulationen aller Art. Etwas störend fällt auf, dass wenn die beiden Hauptfiguren in ernstere Gefahr geraten, es niemals wirklich lebensbedrohlich aussieht, beziehungsweise man als Leser nie das Gefühl hat, ihnen könnte etwas Schlimmes zustoßen. Außerdem sind ein paar wichtige Tatsachen entschieden zu stark vorhersehbar. Trotzdem wiegen die positiven Punkte die Schwächen um ein Vielfaches auf, der Fantasyfan bekommt solides, stimmig ausgearbeitetes Lesefutter, das einfach Spaß macht. 
Den ersten Band der Reihe muß man nicht unbedingt gelesen haben, um hier alles zu verstehen, aber es erleichtert die Sache und man hat einfach mehr davon. Am Ende des Buches ist man nach wie vor meilenweit entfernt, all die Geheimnisse des Reiches Elan auch nur annähernd zu durchblicken oder künftige Wendungen vorauszuahnen, doch zumindest eine Tatsache scheint festzustehen: Da kommt noch viel, viel mehr!


Fazit

Michael J. Sullivan setzt mit „Der Turm von Avempartha“ seine Reihe rund um das Gaunerduo Hadrian und Royce stimmig fort. Auch diesmal gibt es ein paar kleine Schwächen, über die man aber problemlos hinwegsehen kann, denn die Abenteuer der beiden Auftragsdiebe sind spannend, unterhaltsam und machen einfach Spaß.


Pro & Kontra

+ unterhaltsam und spannend
+ sympathische Protagonisten
+ Politisches Intrigenspiel
+ differenzierte Charaktere
+ Wiedersehen mit bekannten Figuren
+ Humor
+ angenehm zu lesender Schreibstil
+ weckt Vorfreude auf den nächsten Band

o zwei Erzählstränge, die später zusammengeführt werden

- die Protagonisten wirken etwas zu unverwundbar
- Probleme lassen sich oft zu leicht lösen
- ab und zu ein bisschen mehr Tiefgang hätte nicht geschadet
- ein paar wichtige Sachverhalte sind zu stark vorhersehbar

Wertung

Handlung:4/5
Charaktere:4/5
Lesespaß:4,5/5
Preis/Leistung:4/5


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