Gone Girl – Das perfekte Opfer (Gillian Flynn)

FlynnG-Gone Girl

Fischer Verlag, 1. Auflage, August 2014
Taschenbuch, 590 Seiten,
OT: Gone Girl
aus dem Amerikanischen von Christine Strüh
9,99 Euro [D] | € 10,30 [A]
ISBN-13: 978-3-596-18878-9

Genre: Thriller


Klappentext

Was denkst du gerade, Amy? Das habe ich sie oft gefragt. Was denkst du? Wer bist du? Wie gut kennt man eigentlich den Menschen, den man liebt?
Genau das fragt sich Nick Dunne an diesem sonnigen Morgen seines fünften Hochzeitstages. An diesem Morgen verschwindet seine Frau Amy spurlos. Die Polizei verdächtigt sofort Nick. Amys Freunde berichten, dass sie Angst vor ihm hatte. Was geschah mit Nicks wunderbarer Frau Amy?


Die Autorin

Gillian Flynn wuchs in Kansas City, Missouri, auf. Nach College und Universitäts-Studium in Kansas und Chicago zog es sie nach Kalifornien, anschließend nach New York. Sie war zehn Jahre lang die leitende TV-Kritikerin von Entertainment Weekly. Im Jahr 2006 erschien ihr erster Roman „Cry Baby“, mit dem sie großes Aufsehen erregte. Die Autorin lebt heute mit ihrer Familie in Chicago.


Rezension

Der Thriller Gone Girl - Das perfekte Opfer wurde 2014 von David Fincher (Alien 3, Fight Club) verfilmt. Ben Affleck (Argo) und Rosamund Pike (James Bond 007 - Stirb an einem anderen Tag) übernehmen die Rollen der Eheleute Dunne. Durchgehend positibe Kritiken brachten Film und Buch in meinen Fokus, und ich widmete mich der Geschichte der Dunnes. Das Buch beginnt am 5. Hochzeitstag. Nick Dunne trifft seine Frau am Morgen in der Küche, wo sie im Pancakes zubereitet. An sich ein idyllisches Bild, doch wenig später hängt Nick bereits in der Bar, die ihm uns einer Schwester Margo gehört, über einem Bier. Gegen Mittag ruft ein besorgter Nachbar an und behauptet, die Tür des Hauses stehe weit offen. Als Nick irritiert nach Hause fährt, findet er das Wohnzimmer verwüstet, das Bügeleisen im Schlafzimmer ist an und seine Frau Amy verschwunden. Die Polizei vermutet eine Entführung. Suchtruppen werden organisiert. Amy bleibt verschwunden. Derweil verdichten sich die Hinweise darauf, dass die Ehe der Dunnes nicht so gut lief. Nachbarn berichten von Streits und Tränen, und Nick rückt immer mehr in den Fokus der Ermittler. Während sich Polizei und Presse auf ihn einschießen, folgt Nick der Schnitzeljagd, die Amy wie jedes Jahr zum Hochzeitstag für ihn veranstaltet hat. Die liebevollen Nachrichten sorgen dafür, dass er sich erneut in seine Frau verliebt, verdichten aber auch einen furchtbaren Verdacht.

Flynn hat ihren Roman in drei Teile unterteilt. Im ersten erlebt der Leser die Geschehnisse des Hochzeitstages und die Tage danach aus Nicks Sicht sowie einzelne Tagebucheinträge von Amy, die sich über die Zeit des Kennenlernens bis zu ihrem Verschwinden erstrecken. Dies erzeugt ein sehr ambivalentes Bild. Da ist zum einen Amy, die glücklich erscheint, offen und ehrlich. Sie beschreibt eine Beziehung, in der sich die Partner akzeptieren, die dann aber über die Jahre in Stille, Unmut und sogar Angst umschlägt, obwohl sie sich redlich bemüht. Dem gegenüber erleben wir einen distanzierten Nick, der nicht nur der Polizei Dinge verschweigt, sondern trotz aller Sorge nicht wirklich emotional involviert erscheint. So beginnt der Leser an Nick zu zweifeln, ihn und seine Taten zu begutachten. Wie echt ist seine Sorge? Was hat ihn oder jemand anderen dazu getrieben, die sympathische Amy zu entführen? War es Eifersucht? Besessenheit? Als berühmte Persönlichkeit von außerordentlicher Schönheit wäre dies nicht das erste Mal, das ihr jemand nachstellt - wie Nick von den Eltern erfährt.

Neben Nick gibt es da noch eine alte Schulfreundin, die sich in der Schule die Haare färbte, die Eltern verfolgte und Amys Platz einnehmen wollte. Ebenso wohnt ein ehemaliger Exfreund, der sie in Schule verfolgte nur eine halbe Stunde von den Dunnes entfernt. Aus dem düsteren Anfang spinnt sich so ein verworrenes Netz aus Verdächtigen. Hier zeigt sich Flynns Stärke, vielschichtige Charaktere zu zeichnen. Nick erscheint nett und aufgeschlossen, gleichzeitig aber auch emotional verkrüppelt durch eine problematische Kindheit. Er möchte nicht schwach wirken, anderen gefallen und positiv auffallen. Mit dem Lächeln im Gesicht wirkt er aber nicht wie ein besorgter Ehemann, sondern steht neben den weinenden Eltern wie ein Psychopath. Vor allem, wenn man bedenkt, dass das Geld für seine Bar von Amy kam. Amy ist nämlich nicht nur ein wohlbehütetes Einzelkind. Sie ist "Amazing Amy" - eine Kinderbuchfigur, mit der ihre Eltern ein Vermögen verdient haben. Als Nick und Amy ihre Jobs in New York verlieren, ist es Amys Vermögen, das sie über Wasser hält, ihr Geld, das den Kauf des Hauses und der Bar und die Begleichung der Arztkosten von Nicks kranker Mutter ermöglicht.

Es soll hier nicht zu viel verraten werden, doch in diesem Buch ist nichts wie es scheint. So wie die Ehe der Dunnes nur Schein ist, blättert auch der Putz nach und nach von den Charakteren. Gone Girl - Das perfekte Opfer hat mitunter einige Längen. Gerade die Tagebucheinträge oder Nicks Gedanken hätte man an der ein oder anderen Stelle sicherlich kürzer fassen können. Auch das Ende zieht sich etwas hin. Dennoch bleibt das Buch ein Genuss, denn Flynn schafft es gekonnt, den Leser an der Nase herumzuführen und mit sensationellen Wendungen zu überraschen. Am Ende bleibt man sprachlos und mit einem Knoten in der Brust zurück.


Fazit

Gone Girl - Das perfekte Opfer beschreibt den Verfall einer Ehe und spielt raffiniert mit den Rollen von Opfer und Täter. Nick Dunne sucht seine verschwundene Frau und gerät dabei immer mehr ins Fadenkreuz der Ermittler, als er sich in Widersprüche verstrickt und deutlich wird, wie schwierig die Ehe der beiden Eheleute war. Ausgeklügelte Charaktere, eine spannende Geschichte sowie intelligente Wendungen machen Gillian Flynns Thriller zu einem Pageturner.  


Pro/Contra

+ ausgereifte Charaktere mit vielen Facetten
+ spannend inszenierte Handlung
+ überraschende Wendungen

- teilweise etwas langatmig
- Nachende zu ausgereizt

Bewertung: sterne4.5

Charaktere: 4,5/5
Handlung: 4,5/5
Lesespaß: 5/5
Preis/Leistung: 5/5