Shades of Grey - Geheimes Verlangen (E.L. James)

Verlag: Goldmann (30. Juni 2012)
Broschiert, 12,99 €, 608 Seiten
ISBN: 978-3442478958

Genre: Erotik


Klappentext

Sie ist 21, Literaturstudentin und in der Liebe nicht allzu erfahren. Doch dann lernt Ana Steele den reichen und ebenso selbstbewussten wie attraktiven Unternehmer Christian Grey kennen - und möchte ihn eigentlich schnellstmöglich wieder vergessen, denn die Begegnung mit ihm hat sie zutiefst verwirrt. So sehr sie sich aber darum bemüht: Sie kommt nicht von ihm los. Denn Christian hat etwas an ihr berührt, das sich seitdem nicht mehr verdrängen lässt. Und als Christian einige Zeit später wieder vor ihr steht, kann sie nicht anders, als ihren Gefühlen nachzugeben. Von da an ist nichts mehr wie zuvor. Denn Christian führt Ana ein in eine dunkle, gefährliche Welt der Liebe - in eine Welt, vor der sie zurückschreckt und die sie doch mit unwiderstehlicher Kraft anzieht ...


Rezension

Als Anastasia Steele aufgrund der Krankheit ihrer Freundin Kate das Interview mit dem unglaublich erfolgreichen Billiardär Christian Grey statt ihrer führen muss, ahnt sie noch nicht, dass diese Begegnung ihr gesamtes Leben auf den Kopf stellen wird. Denn Christian ist geheimnisvoll und unnahbar - und geht ihr nach dem Interview partout nicht mehr aus dem Kopf. Doch nicht nur ihr geht es so. Auch Christian kann sich nicht von Ana fernhalten. Er hat Gefühle in Ana geweckt, die sie noch nie gespürt, noch nie erlebt hat. Und so sehr Anastasia versucht, ihm zu widerstehen, gibt sie ihm am Ende doch nach und lässt sich in Christians dunkle und geheimnisvolle Welt der Liebe einführen. Doch kann und wird Ana diese Erfahrung stärker machen - oder wird sie am Ende daran zerbrechen?
 
Der Auftakt zur Fifty Shades of Grey-Trilogie Geheimes Verlangen, welches von E.L. James geschrieben wurde, ist ein sehr ambivalenter und auf einer gewissen psychologischen Ebene ein sehr komplexer Roman über zwei Menschen, wie sie unterschiedlicher mit sein könnten. Mit einem Thema, welches definitiv nicht dem Mainstream angehört, welches in der Öffentlichkeit große Debatten auslöste und welches auch jetzt noch heiß diskutiert wird. Es ist die Geschichte einer sexuell unerfahrenen Frau und eines sexuell sehr erfahrenen Mannes, welche ein Spiel zwischen Dominanz und Unterwerfung eingehen.  Wie sie sich dabei in sich selbst, ihren Persönlichkeiten, ihren Vergangenheiten und in der anderen Person verlieren. Und der Frage, ob sie gemeinsam wirklich genau das wollen. 
 
Die Geschichte wird aus der Perspektive von Anstasia Steele erzählt. 21, Literaturstudentin, kurz vor dem Abschluss. Jungfrau und mehr als unerfahren in Sachen Sex, da sie ihr gesamtes bisheriges Leben niemanden zu zugetan war, dass sie sich auf etwas eingelassen hätte. Sie ist still, in sich gekehrt, dennoch allerdings auf ihre Art und Weise humorvoll und sarkastisch. Lernt man sie zu Beginn so kennen, kann man gar nicht glauben, wie sich diese Figur nach und nach verändert. Nicht nur wird sie, sowohl optisch als auch geistig, mehr zu einer richtigen Frau, als sie es je zuvor war. Auch ihre Persönlichkeit ändert sich stark. Sie tritt selbstbewusster auf, lässt Christian warten, ja spielt gar ein eigenes Spiel mit ihm, dass sich als immer riskanter erweist. Ab einem gewissen Punkt übernimmt sie, nicht Christian, die Kontrolle, ohne das dieser sich dessen bewusst wird. Denn Christian verliebt sich nicht in Frauen. Als reicher und attraktiver Mann könnte er jede bekommen. Dennoch fasziniert ihn irgendwas an Ana mehr als alle Frauen, die er vorher gehabt hat. Und so muss er sie um jeden Preis haben. Doch sie entzieht sich ihm, was Christian definitiv nicht gewohnt ist und was sicherlich einer der vielen Aspekte ist, warum genau er sich genau Ana als sein nächstes Zielobjekt ausgesucht hat.
 
Nachdem Ana versteht, in was sie da eigentlich hineingeraten ist, stellt sie sich immer mehr die Frage, was Christian wohl geprägt, was er in seiner Vergangenheit erlebt haben muss, um der Mann zu sein, der er heute ist. Und diese geheimnisvolle Aura zieht ihn zu ihm an wie ein Magnet. Die Entwicklung der Beziehung dieser beiden Figuren ist dabei unglaublich komplex. Es geht nicht um Christian und Ana als Personen und wie sie sich entwickeln, sondern auch um das Spiel, das sie spielen. Die schmale Gradlinie zwischen Dominanz und Unterwerfung, und zwar nicht nur in rein körperlicher Hinsicht und psychisch während den Sessions, in die Christian Ana nach und nach einführt. Es ist viel mehr auch ein Spiel zwischen Macht innerhalb der Beziehungsstruktur, welche diesen besonderen Reiz der Charaktere darstellt, die einem einfach nur sympathisch sind und den Leser durchgehend faszinieren.
 
Was man zum Schreibstil und der Handlung selbst leider kaum sagen kann. Sind die Charaktere noch so sympathisch und die psychologische Ebene des Romans wirklich komplex, so kommt die Handlung sehr klischeehaft und stereotyp daher. Eigentlich geschieht auch gar nicht mal so viel, denn der Fokus der Storyline liegt definitiv auf der Entwicklung der Emotionen von Ana und Christian. Im Grunde genommen gibt es handlungstechnisch noch nicht mal einen roten Faden, dem man als Leser folgen könnte. Was jedoch tatsächlich gar nicht mal so tragisch ist, denn auch so wird man wirklich gut unterhalten - ob positiv oder negativ. Denn Humor ist definitiv mit von der Partie und lockert oftmals die Stimmung auf. Was jedoch mehr als grauenvoll ist, sind die ständigen Wiederholungen einzelner Ausdrücke, wie beispielsweise das berühmte "Meine innere Göttin" beweist. Auch so manch andere Sätze, welche Ana von sich gibt, wirken absolut fehl am Platz und es fällt dem Leser wirklich schwer zu glauben, dass eine 21-Jährige solche Ausdrücke wieder und wieder benutzt.
 
Die Erotikszenen selbst mitsamt BDSM-Equipment sind sehr explizit, oft schockierend oder unglaublich, sehr oft einfach wirklich schön. Was die Autorin auf jeden Fall gut gemacht hat, ist eine Balance zu schaffen, mit der das Mainstream-Publikum umgehen kann. Detailliert - allerdings nicht bis ins Extreme. Sie lässt dabei auch Luft für eigene Vorstellungen und Fantasien, was sicherlich gut gelungen ist. Die Erotik nimmt dabei einen großen Teil in dem Roman ein und ist wichtiger Bestandteil der Entwicklung zwischen Ana und Christian, ist es doch der Sex, der vordergründig (zumindest zu Beginn) für Christian zählt. Doch mehr und mehr wird dies zu einer Falle für ihn, in der Ana ihn mit ihren Emotionen immer mehr im Bann zu halten scheint. Mit fortschreitender Seitenzahl und vielen weiteren durchaus nervtötenden Ausdrücken nähernd man sich dann dem Finale - welches mehr als lächerlich daherkommt und absolut unglaubwürdig erscheint. Nach allem, was diese beiden Figuren miteinander durchmachen ist die Situation zwar verständlich, vielleicht auch die Reaktionen der beiden. Vielleicht ist die Szene auch schlichtweg schlecht geschrieben - zumindest lässt das Ende des Buchs den Leser mit wirklich mehr als gemischten Gefühlen zurück. Diesem Drang unbedingt wissen zu wollen, wie es weitergeht, gleichzeitig aber seine Zeit eigentlich nicht mit dem Lesen des nächsten Bands verschwenden zu wollen. Doch wie so oft siegt wohl die Neugier. Und ein großer Teil ist sicherlich auch den Charakteren zu verdanken, welche den Leser definitiv zum Weiterlesen animieren. Man darf also wohl gespannt sein, was die nächsten beiden Bände der Trilogie bereithalten - denn Potenzial, dass darf man nicht leugnen, ist vorhanden.

Fazit

 Geheimes Verlangen von E.L. James ist durchaus ein interessanter Auftakt einer Trilogie mit Potenzial, welches ein Tabuthema der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stellt, mit sympathischen Figuren aufwartet und eine ambivalente Atmosphäre zu kreieren weiß. Sehr positiv ist vor allem die Entwicklung der Figuren (insbesondere Ana) und dem psychologischen Spiel zwischen Dominanz und Unterwerfung. Dennoch schwächelt der Roman vor allem, was den Scheibstil der Autorin, ständige und unglaubwürdige Wiederholungen und einem absolut unglaubwürdigen Schluss des Romans angeht. Und obgleich auch eine Handlung kaum existiert und vieles sehr klischeehaft und stereotyp gezeichnet ist, will man irgendwie trotzdem wissen, wie es weitergeht. Wer also neugierig ist auf das Phänomen, der sollte definitiv einen Blick riskieren - wer weiß, was die Folgebände noch zu bieten haben ...


Pro & Contra

 + Christian und Ana als ambivalente Figuren
+ Spiel zwischen Dominanz und Unterwerfung (auf psychologischer Ebene)
+ Erotikszenen (Explitit, aber nicht zu sehr, um der Phantasie freien Lauf zu lassen)
+ Sehr intime Atmosphäre
+ Fokus auf der Entwicklung zwischen Ana und Christian
+ Tabuthema wird für Mainstream geöffnet

- Ständige Wiederholungen und einige Ausdrücke ("innere Göttin")
- Schreibstil der Autorin
- Unglaubwürdiger Schluss
- Klischeehafte und stereotype Zeichnung des Polts
- Handlung außerhalb der Beziehung zwischen Christian und Ana fast nicht existent

Bewertung:

Handlung: 2/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 3/5
Preis/Leistung 2,5/5