Weisser Schatten (Antoine Azanam, Antoine Carrion)

Verlag: Splitter-Verlag; (März 2015)
Gebundene Ausgabe: 96 Seiten; 19,80 €
ISBN-13: 978-3958390102

Genre: Fantasy


Klappentext

Seit einigen Jahren siecht König Benedek dahin.
Seine Legende hat bis jetzt dafür gesorgt, die Rivalitäten zwischen den verschiedenen Thronaspiranten einzudämmen.

Doch als Prinz Mozes von einem monströsen Tier entführt wird, braucht es nicht lange, bis der alte Groll wieder aufflammt. Und auch die vom Reich organisierte Jagd, um den rechtmäßigen Thronfolger wiederzufinden, vermag nichts daran zu ändern.

Ganz im Gegenteil...


Rezension

König Benedek liegt im Sterben, bereits seit Jahren, und vermag es praktisch nur noch von seinem Bett aus sein Königreich zu regieren. Dabei unterstützt ihn der treu ergebene Baron Akos. Einer der wenigen, denen der König vertraut. Da erreicht den Hof die Nachricht, dass der Sohn des Königs von einem wilden, legendären Tier, dem „Namenlosen“, entführt wurde. Die Soldaten, die bei ihm waren, wurden bis auf General Koszeg von jenem Wesen abgeschlachtet.
Der König nutzt die Gelegenheit und befiehlt alle herrschenden Häuser zu sich, um an einer Treibjagd auf das Wesen teilzunehmen und so seinen Sohn zu retten. Dies ist natürlich nur ein Vorwand alle an einem Ort zu versammeln und so Zugriff auf sie zu haben. Denn da Benedek vermutlich nicht mehr lange leben wird, schließlich hat er einen Giftanschlag ungewöhnlich lange überlebt und irgendwann ist es selbst für ihn tödlich, will der König seine Nachfolge in seinem Sinne regeln. Dass dabei ordentlich Blut fließt, ergibt sich allein schon aus den alten Fehden zwischen den Häusern. Aber auch so manche Überraschung wartet darauf, enthüllt zu werden.

Beim ersten Blick auf das Cover von Weisser Schatten erhält der Leser den Eindruck, ein düsteres Fantasyabenteuer mit Magie und Ungeheuern würde ihn erwarten. Das Coverbild ist dementsprechend überaus stimmungsvoll. Dies lösen Antoine Ozanam und Antoine Carrion allerdings nicht direkt ein. Denn auch wenn Weisser Schatten nicht in unserer Welt spielt, ist ihre Geschichte sehr bodenständig und weit ab von den großen Fantasyepen, sie haben einen eher realistischen Ansatz für ihre Geschichte genommen, einen der an den Beginn von George R.R. Martins Epos Das Lied von Eis und Feuer (Game of Thrones) erinnert. Hier wie dort geht es um die Frage, wer der königliche Nachfolger wird und verschiedene Häuser wetteifern um den Thron. Dabei ziehen Autor und Zeichner alle Register. Blut fließt, Intrigen gibt es in Hülle und Fülle und sogar ein, zwei überraschende Geheimnisse. Trotzdem ist all das relativ offensichtlich. Dass König Benedek tot ist und sich jemand anderes als ihn ausgibt, dürfte den meisten Lesern von Anfang an klar sein, zu offensichtlich ist dieser Umstand vor allem in den Zeichnungen zu erkennen. Was auch ein Schwachpunkt in der Geschichte ist. Ein paar Tage oder Wochen mag sich jemand als König ausgeben, aber nicht volle zwei Jahre auf diese Art und Weise. Die wichtigen Charaktere haben alle eine eigene Motivation für ihr Handeln, wenn auch das Hauptmotiv bei fast allen Rache und Machtgier ist. Einzige Ausnahme bildet der Königssohn Mozes, der erst am Ende entscheidend eingreift. Weisser Schatten birst nicht vor Spannung, erzeugt aber genug um den Leser zu halten, so dass dieser die Geschichte im Ganzen liest und nicht immer wieder unterbricht. Für ein ganz großes Epos, wie George R.R. Martins reicht es nicht. Zum einen liegt dies natürlich am Umfang, zum anderen an den Figuren, die für mehr etwas zu eindimensional sind. Hier wäre mit etwas mehr Raum mehr möglich gewesen. Insgesamt ist Weisser Schatten rau, düster und gnadenlos und eine gute Fantasylektüre abseits der Norm.

Antoine Carrions Zeichnungen sind ebenso düster und rauh, wie auf jeden Fall positiv zu erwähnen ist. Sie passen sich der Geschichte an, sind aber eindeutig Geschmackssache. Vielen dürfte der kantige, sehr einfache Zeichenstil nicht sehr gut gefallen. Ein ums andere Mal sind die Bilder schon zu einfach, zu eckig. Gesichter sind häufig nicht wirklich detailliert und können so nicht so recht Emotionen vermitteln. Nur bei extremen Gefühlen wie Wut sind diese direkt erkennbar, alle anderen ergeben sich mehr aus dem Text. Was Schade ist, hier wäre eindeutig mehr drin gewesen. Die Kampfszenen gestaltet Carrion gut und übersichtlich. Ein paar Zeichnungen heben sich etwas ab und zeigen mehr Details und vergrößern dadurch sofort ihre emotionale Wirkung. Dies reicht aber nicht, um den Gesamteindruck zu heben. Die Kolorierung hingegen ist wirklich gelungen. Sie fängt die Stimmung der einzelnen Szenen ein und gleicht manche Schwäche in den Zeichnungen aus.

Das Splitter Double Weisser Schatten enthält zudem die Cover der Einzelbände und eine Übersichtskarte über die Häuser des Königreichs Etelkoz, die dringend nötig ist, um all die ganzen Namen richtig einordnen zu können.


Fazit

Weisser Schatten hat eine solide Geschichte, die zwar nicht herausragt, aber gut unterhält. Die Zeichnungen hingegen sind Geschmackssache, da sie sehr grob und kantig sind, und vor dem Kauf sollte man auf jeden Fall einen Blick hineinwerfen, um zu sehen, ob sie einem zusagen.


Pro & Contra

+ spannender Auftakt
+ gelungene Cover

- Zeichnungen sind extrem einfach und grob

Bewertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 3,5/5
Zeichnungen: 3/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 4/5