Das Ikarus-Evangelium (Tanya Carpenter)

Bookshouse (Januar 2015)
Taschenbuch, 448 Seiten, 14,99 EUR
ISBN: 9789963526819

Genre: Mystery-Thriller / Romantic Suspense


Klappentext

Die Madrider Polizistin Catherine Navole ist im fernen Australien auf der Suche nach ihren Wurzeln. Sie will herausfinden, warum ihr leiblicher Vater ihre Mutter vor so vielen Jahren gehen ließ, obwohl sie sein Kind unter ihrem Herzen trug und er sie offenbar noch immer liebte.
Damit gerät sie unwissentlich in eine Welt, die weit gefährlicher ist, als es ihr Job beim Morddezernat jemals sein könnte und muss ein Erbe antreten, das ihr gesamtes Weltbild zu zerbrechen droht.
Auch der smarte Cyril Bergin, der für Cat mehr als eine flüchtige Bekanntschaft wird, scheint von Geheimnissen umgeben, die zu ergründen für Cat nicht ohne Folgen bleibt.
Die beiden verbindet bald schon eine leidenschaftliche Liebe, die allen Gefahren trotzt und deren Wurzeln tiefer liegen als sie ahnen. Gemeinsam folgen sie den Spuren von Cats Vater und begeben sich auf eine Hetzjagd über den halben Globus, an deren Ende eine Wahrheit liegt, die die Welt verändern könnte.


Rezension

Der Tod ihrer Mutter reißt eine schmerzliche Lücke in Catherines Leben – und er deckt ungeahnte Geheimnisse auf: Catherine hat noch einen Vater und dieser lebt in Australien. Emotional bewegt lässt sich Cat vom Polizeidienst beurlauben und kauft ein Flugticket nach Down Under, wo sie tatsächlich ihren Vater findet. Und dieser offenbart ihr weitere Geheimnisse, die ihr Weltbild ins Wanken bringen. Auch Cyril Bergin, ein charmanter junger Mann, den sie im Flugzeug kennengelernt hat, steht mit diesen Geheimnissen in Verbindung. Und er ist ein Auftragskiller, der es auf Catherins Vater abgesehen hat. Als dieser die aufkeimende Liebe zwischen ihr und Cyril erkennt, bietet er letzterem an, die Seiten zu wechseln und Cat zu beschützen. Denn auf dem Weg, den das Schicksal für sie bereithält, braucht sie Cyrils Schutz und vor allem seine Liebe …
 
„Das Ikarus-Evangelium“ beginnt mit einer sehr heiklen Konstellation, schließlich will der Mann, in den sich Catherin verliebt, deren gerade erst gefundenen Vater ermorden. Diese verwirrende Situation löst sich auf, als der Vater einen Teil seiner Geheimnisse offenbart und Cat über die Ikarus-Loge, deren Großmeister er ist, aufklärt. Die Aufgabe dieses Geheimbundes ist es, die Silberlinge, die einer von Jesus Jüngern (nicht Judas!) für seinen Verrat erhalten hat, vor diesem zu verstecken – und dessen Pakt mit dem Bösen aufzuheben. Ausgerechnet Catherin soll diejenige sein, die zusammen mit einem Gefährten den Verräter stellen kann. Und so beginnt eine Suche voller Rätsel und eine rasante Verfolgungsjagd rund um den Globus, die an eine romantische Version von „Illuminati“ erinnert, wobei „Das Ikarus-Evangelium“ sich mehr auf phantastische Elemente stützt.

Tanya Carpenter greift den Verrat an Jesus auf und spinnt aus der Theorie, dass Judas nicht der eigentliche Verräter war, einen Mystery-Thriller mit intensiver Liebesgeschichte. Cyril und Catherine sind sich auf Anhieb sympathisch, doch zunächst flirten sie nur miteinander – wobei es von Anfang an heftig knistert. Cyril muss sich seine Gefühle erst eingestehen, doch letztlich ist er bereit, seine Aufraggeber zu verraten, was ihm jedoch einiges abverlangt. Schließlich kennt er kein anderes Leben als das eines Killers. Seine kriminellen Talente sind aber auch genau das, was Catherine immer wieder das Leben rettet. Cyril ist ein geschickter und erbarmungsloser Kämpfer, doch bei Cat wird er zu einem leidenschaftlichen und fürsorglichen Mann, der sie immer wieder auffängt, wenn die Ereignisse sie überrollen.

Denn Cat muss einiges verkraften: Sie verliert ihre Familie und ihr Leben in Madrid. Außerdem muss sie, um ihre Aufgabe zu erfüllen, ihr Gewissen über Bord werfen und es ertragen, dass sie für Verbrechen gesucht wird, die sie gar nicht begangen hat. Insofern hat man Verständnis dafür, wenn Catherine ab und an die Nerven verliert, wobei man sich auch wundert, wieso eine Kriminalpolizistin so sensibel reagiert – an diesen Stellen muss man sich einfach nochmal die krasse Ausnahmesituation, in der sich Cat befindet, vor Augen führen. Zudem sind ihre Moralvorstellungen anfangs zu hoch für die düstere Welt, in die sie notgedrungen abrutscht. Auch wenn die Ikarus-Loge eigentlich für etwas Gutes kämpft, gibt es bei ihr grausame Rituale, die Cat als Polizistin niemals unterstützen kann.    

Zeit für (anregende und niveauvoll beschriebene) Zweisamkeit bleibt Cyril und Cat nur selten, denn ihre Verfolger sind ihnen immer dicht auf den Fersen – kaum glauben sie sich vorerst in Sicherheit, bricht die nächste Katastrophe über sie herein. Das hält die Spannung zwar konstant hoch, doch zum Ende hin nehmen die Rückschläge überhand. Die Geschichte entwickelt sich immer schneller und in den letzten Kapiteln bleibt keine Zeit mehr, neu eingeführte Nebencharaktere richtig vorzustellen. Man muss es einfach hinnehmen, wenn Cat und Cyril unerwartete Hilfe erhalten. Der Inhalt wird immer dichter und auf den letzten Seiten hat man das Gefühl, als hätte die Autorin die Geschichte schnell zu Ende bringen müssen. Es passiert einfach zu viel auf einmal.

Im Zentrum der Ikarus-Loge steht die Verehrung von Maria Magdalena und der Dreifaltigkeit, die in diesem Fall durch Jesus, Judas und Maria symbolisiert wird. Tanya Carpenter knüpft verschiedene (frei erfundene) Verbindungen zum Templerorden und lässt ihre Protagonisten auf der ganzen Welt nach versteckten Artefakten suchen. Dabei verschlägt es Cat und Cyril beispielsweise in die Hagia Sophia oder den Vatikan, aber auch zu eher unscheinbaren und abgelegenen Orten wie einer kleinen Kirche in England. Cats Vater hat ihr verschlüsselte Hinweise hinterlassen, die zu den Artefakten führen. Manchmal sind die Lösungen dieser Rätsel sehr gelungen, manches Mal erscheinen sie jedoch auch recht weit hergeholt – zumindest aber kommt man dann als Leser nicht drauf. Weitere Hinweise erhält Cat zudem aus mysteriösen Visionen, die sie unter anderem mit dem Verräter konfrontieren.

Die Taschenbuchausgabe wartet mit einem stimmungsvollen Cover auf, wobei die abgebildete Dame nur bedingt den Vorstellungen, die man sich von Catherine macht, entspricht. Schriftart- und größe sind gut gewählt, allerdings lässt sich das Buch schwer auseinanderbiegen und bekommt relativ schnell Risse im Buchrücken. „Das Ikarus-Evangelium“ gibt es auch als eBook in vier verschiedenen Formaten (epub, mobi, pdf und prc) für 6,49 EUR.


Fazit

„Das Ikarus-Evangelium“ ist ein rasanter Mystery-Thriller mit einer leidenschaftlichen Lovestory, die eng mit der Suche nach Artefakten und der ständigen Flucht vor Verfolgern verwoben ist. Catherine muss einiges wegstecken und ihr Weltbild überdenken, wobei ihr Cyril stets tatkräftig zur Seite steht, sei es mit seiner ruhigen Ausstrahlung oder mit seinen Talenten als Killer. Die vielen Handlungsorte bringen viel Abwechslung in die immer schneller fortschreitende Geschichte, die christliche Mythologie und düstere Phantastik auf unterhaltsame Weise verbindet.  


Pro & Contra

+ heikle Konstellation gleich zu Beginn
+ der erste, prickelnde Flirt im Flugzeug
+ leidenschaftliche Liebes zwischen Cat und Cyril
+ düstere Geheimnisse und viele Rätsel
+ verschiedene Handlungsorte von Europa bis Australien
+ Verknüpfung von historischen Fakten und Mythen
+ Verbindung von christlicher Mythologie und Phantastik
+ dramatische Verfolgungsjagd
+ man erkennt, wie stark sich die Autorin weiterentwickelt hat

o recht komplex für einen Einzelband

- zum Ende hin inhaltlich überladen
- Lösung mancher Rätsel erscheint sehr weit hergeholt
- wenig Zeit für Nebencharaktere in der zweiten Hälfte

Wertung: sterne4

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 3/5


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