Rezensionen im Januar (2016)

Liebe LeserInnen,

einmal geblinzelt und schon ist der erste Monat des neuen Jahres auch wieder vorbei. Auch in der Literatopia-Redaktion hat sich eine Jahreswechselmüdigkeit gezeigt, sodass der Januar verhältnismäßig ruhig war. Trotzdem sind ein paar fundierte Rezensionen zusammengekommen, von denen wir euch die wichtigsten Titel natürlich wieder in unserem Monatsrückblick vorstellen möchten.
Viel Spaß!



Belletristik

"Raum" erzählt eine tief bewegende Geschichte über die Liebe zwischen einer Mutter und ihrem Kind und die Kraft, die beide auseinander in schweren Zeiten ziehen. Emma Donoghue erzählt hier die Geschichte eines kleinen Jungen, der zusammen mit seiner Mutter in einem Raum von wenigen Quadratmetern aufwächst. An seinem fünften Geburtstag muss er erfahren, dass es noch eine Welt außerhalb dieses Raumes gibt. Eine schwere Aufgabe liegt vor ihm, denn er muss nicht nur seiner Mutter zur Flucht verhelfen, sondern sich dieser großen, neuen Welt mit all ihren fremdartigen Gegenständen, Menschen und Regeln stellen.

"Auf dass uns vergeben werde" ist eine tragikomische und nicht selten durchgeknallt-liebenswerte amerikanische Familiengeschichte. Auf pointierte, teils überspitzte Art zeichnet A. M. Homes das Bild eines ebenso aufregenden wie beängstigenden Amerikas.

Fantasy

Mit "An Bord der Smaragdsturm", dem vierten Teil der Riyria-Saga, bringt Michael J. Sullivan die globale Handlung zwar nicht wesentlich voran, eröffnet dafür aber einige frische, vielversprechende Facetten und wartet mit neuen, exotischen Schauplätzen auf. Die Story liest sich trotz leichter Schwächen nach wie vor flott und unterhaltsam, und noch immer sind wir von einem endgültigen Ende mindestens zwei Bände entfernt.

"Der Winter der schwarzen Rosen" von Nina Blazon ist ein wild romantischer und gleichzeitig düsterer Jugendroman, der das Schicksal zweier Schwestern mitreißend und spannend erzählt. Tajann und Liljann könnten kaum gegensätzlicher sein und trotzdem ähneln sich ihre Leben auf erschreckende Weise. Dazu ist die Geschichte stets von einem Hauch Magie durchwoben, der es schwer macht, das Buch aus der Hand zu legen.

Science Fiction

"Vor dem Fall" ist ein ziemlich unübersichtlicher und düsterer zweiter Band, der Rojan erbarmungslos mit den Konsequenzen seines Heldentums konfrontiert. Mahala steht kurz vor dem Kollaps und in seinem Bemühen, die Stadt irgendwie zu retten, wird Rojan zum Getriebenen und Spielball für jene, die ihren Vorteil aus dem Chaos schlagen wollen. Das trübt den Lesespaß etwas, doch das dystopische Fantasysetting und die derbe Sprache von Francis Knight begeistern auch dieses Mal.

"Kinder der Glut" bringt die Phoenix-Trilogie von Ann-Kathrin Karschnick zu einem überraschenden und gelungenen Abschluss. Während Tavi sich stark auf ihren Ziehsohn konzentriert, wird Leon quasi zum Anführer einer Rebellion gegen die Saiwalo. Trotz einiger Längen in der ersten Hälfte, kann auch dieser Part der Geschichte überzeugen – schlichtweg, weil man die Charaktere längst ins Herz geschlossen hat und die düstere Tesplapunk-Welt nach wie vor spannend ist.

Thriller

Margaret Millars "Die Süßholzraspler" ist ein intelligenter, spannender Thriller, wobei lange unklar bleibt, worum es geht: ein tragisch endendes Ehedrama oder den perfekten Mord. Raffiniert, kühl und perfekt durchkalkuliert bis auf die letzte Stelle hinterm Komma.

Krimi

Manchmal gibt es herausragende Autorenpaare. Ein solches waren Ross Macdonald (Kenneth Millar), der gerade eine Wiederentdeckung zu erleben scheint, und seine Frau Margaret Millar. Beide waren sehr gute Schriftsteller und Genreautoren. Millar (1915-1994) schrieb mehr als zwei Dutzend Mystery-Romane und erhielt zweimal den begehrten Poe Award. Ihre Romane wurden, seinerzeit eher selten der Fall, in mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt. Heute kann man sie durchaus eine der besten weniger bekannten Schriftstellerinnen nennen. Ihr 2015 neu aufgelegter Kriminalroman "Ein Fremder liegt in meinem Grab" hat nicht nur einen sehr guten Titel, dessen Grundlage ein Alptraum der Hauptfigur Daisy ist, die sich aus dem Griff ihrer herrschsüchtigen Mutter befreien will, um ein eigenes Leben führen zu können. Er ist auch ein exquisit erzählter und komplexer psychologischer Thriller über ein tödliches Familiengeheimnis, intelligent verbunden mit der Emanzipation einer Frau und dem Trauma Rassismus. Die Handlung ist sorgsam konstruiert, mit einem überraschenden Ende und einer Auflösung buchstäblich mit den letzten zwei Worten.

Comic

"Black Widow" von Nathan Edmonson und Phil Noto ist ein sehr gut geschriebener Comic mit ebensolchen Zeichnungen. Es wäre zu wünschen, Marvel wäre immer so mutig und experimentierfreudig wie hier.

Jeff Smiths "RASL" ist ein spannender Thriller im Science Fiction-Genre. Komplex und verschachtelt erzählt er seine Geschichte und nutzt alle Möglichkeiten, die sich ihm bieten, um den Leser bestens zu unterhalten.

Manga

"Gangsta." von Kohske bietet die perfekte Mischung aus Action und spannenden Geheimnissen, um eine große Leserschaft zu erreichen und zu fesseln. Wer eine gut aufgebaute Story sucht, sollte sich nicht von den vielen Kämpfen abschrecken lassen.

"Das Funkeln des Augenblicks" von Waka Sagami ist ein schöner Shonen-Ai, der sich ganz auf die Entwicklung der Liebesgeschichte konzentriert. Er beinhaltet neben der süßen Geschichte um Nanami und Shu noch eine nette Bonusstory.

Anime

"Madoka Magica – Rebellion" ist ein außergewöhnlich vielschichtiges Magical-Girl-Abenteuer im psychedelischen Patchwork-Stil. Solch wunderschöne Bilder bekommt man selten geboten und auch die Story überzeugt mit vielen Wendungen und einer intelligenten Auflösung. Diese Animeperle gehört definitiv in jede Sammlung!

"Dusk Maiden of Amnesia" ist ein geheimnisvoller und romantischer Anime, der sehr gekonnt mit verschiedenen Lichtstimmungen spielt und die melancholische Geschichte visuell grandios umsetzt. Der erotisch angehauchte Humor ist Geschmackssache, doch im Angesicht der vielschichtigen und schönen Beziehung zwischen Teiichi und Yuko kann man über diesen leicht hinwegsehen.

Sachbuch

"Weiß wie der Mond" von Francois und Emmanuel Lepage ist ein sehr schön gestalteter Band über eines der letzten großen Abenteuer. Kälte, Einsamkeit, aber auch die unendliche Weite werden spürbar und lassen den Leser eine fantastische Welt erleben, die einzigartig und einer der letzten Orte unberührter Natur ist. Unbedingt kaufen und lesen!



Für den Februar versprechen wir euch, uns wieder kräftiger ins Zeug zu legen und für etwas mehr Abwechslung zu sorgen. Lesestoff gibt es ja mehr als genug und es warten viele tolle Neuerscheinungen auf uns und euch. In der Zwischenzeit dürft ihr wie immer in unserem Rezensions-Archiv austoben.

Wir wünschen euch einen lesereichen Februar,
euer Literatopia-Team