Das Schwert der Dämmerung (Saladin Ahmed)

Heyne (Februar 2016)
Originaltitel: Throne of the Crescent Moon
Übersetzer: Simon Weinert
Taschenbuch, Broschur
460 Seiten, 13,99 EUR
ISBN: 978-3-453-31589-1

Genre: Fantasy

Hinweis: gelesen wurde die amerikanische Originalausgabe (erschienen im Dezember 2012 bei DAW, etwa 7,99 EUR).


Klappentext

Dhamsawaat ist die Stadt aller Städte: Prachtvoll, einzigartig und alles überragend, ist sie seit Jahrhunderten Zentrum der Macht und Magie der vereinten Königreiche. Hier lebt auch der alternde Adoullah, der letzte große Ghul-Jäger. Eigentlich will Adoullah nur seine Ruhe, doch als immer mehr Menschen Opfer besonders grausamer Ghule werden, begibt er sich noch einmal auf die Jagd. Und macht gemeinsam mit seinem jungen Assistenten und einer geheimnisvollen Nomadin eine unglaubliche Entdeckung ....


Rezension

„Das Schwert der Dämmerung“ spielt in einer Welt, in der Magie allgegenwärtig ist: Adoullas Assistent Raseed kämpft mit einem gesegneten Schwert und übermenschlichen Kräften, Zaubersprüche lassen Menschen mühelos von Dach zu Dach springen oder helfen bei der Dechiffrierung von Texten, und Adoulla arbeitet schließlich eng mit einem Paar von Alchemisten zusammen. Auch zahlreiche Kreaturen aus arabischen Sagen und Mythen (Ghule, Djinns und viele mehr) haben Auftritte. Das Setting ist stark von den blühenden Metropolen und der Erzähltradition der arabischen Welt im Mittelalter inspiriert, aber in Bezug auf Magie und Kultur sind auch viele neue Ideen eingeflossen.

Die gelungene Balance zwischen Eigenem und Entlehntem und die Entscheidung, Magie, Religion und Folklore untrennbar miteinander und mit vielen Aspekten des Alltagslebens zu verflechten, gibt der Handlung einen originellen und atmosphärischen Schauplatz. In Saladin Ahmeds Welt sind neben den magisch-märchenhaften Elementen auch Gewalt und soziale Ungerechtigkeit nur zu präsent: Ein gieriger, gleichgültiger Khalif und eine korrupte Stadtwache sorgen dafür, dass der Falkenprinz (eine ehrgeizigere Version von Robin Hood) unter den Armen und Benachteiligten viele Anhänger findet, vielleicht sogar genug, um eine Rebellion gegen den Khalifen möglich zu machen.

Die Handlung selbst ist relativ simpel: Adoulla und sein fanatischer junger Assistent jagen einen ebenso mächtigen wie bösen Magier, dessen Pläne das ganze Land bedrohen. Dabei treffen sie auf die Werlöwin Zamia, deren ganze Familie von den Ghul-Dienern ihres schattenhaften Feindes getötet wurde. Mithilfe eines Alchemistenpaares tasten sie sich näher und näher an ihren Feind heran. Ihre Jagd auf den Unbekannten fördert ein uraltes Geheimnis zu Tage und zieht sie auch in die Auseinandersetzungen zwischen Khalif und Falkenprinz hinein. Über die Feinde und ihre Motive erfährt man wenig, sie sind einfach nur machtgierig und abgrundtief böse – eine Bedrohung, die beseitigt werden muss.

Interessant ist, dass Adoulla, aber auch seine älteren Freunde, von ihrer Suche immer wieder zu alten Bekannten zurückgeführt werden und die Entscheidungen in Frage stellen, die sie im Laufe ihres Lebens getroffen haben. Gerade Adoulla hat immer wieder Momente des Zweifelns und Selbstmitleids. Das verleiht ihm eine Tiefe und Glaubwürdigkeit, die Raseed und Zamia leider fehlt. Zwar fechten auch diese beiden ihre inneren Konflikte aus, sind aber jeweils sehr auf einen einzelnen Konflikt reduziert (Raseeds starre religiöse Prinzipien kollidieren immer wieder mit einer komplexen Realität, während Zamias Gedanken vor allem darum kreisen, wie sie mit dem Verlust ihres Stammes umgehen soll). Auch die romantischen Gefühle, die sich rasch zwischen den beiden entwickeln, werden ein bisschen unbeholfen geschildert.

„Das Schwert der Dämmerung“ ist actionreich und die Handlung schreitet schnell voran. Es gibt überraschende Enthüllungen, unerwartete Wendungen und schließlich eine finale Konfrontation, bei der alles auf dem Spiel steht. Obwohl es sich um den ersten Band einer Serie handelt, ist die erzählte Geschichte in sich geschlossen. Der Stil erlaubt eine rasche, mühelose Lektüre. Etwas geübtere Leser englischer Bücher sollten mit dem Original keinerlei Probleme haben.


Fazit

„Das Schwert der Dämmerung“ entführt den Leser in eine atmosphärische Welt, die Bewährtes geschickt mit neuen Ideen verknüpft und eine spannende, unterhaltsame Geschichte erzählt. Leider erwachen dabei nicht alle Figuren gleichermaßen zum Leben.


Pro und Contra

+ farbenprächtiges, orientalisch anmutendes Setting
+ geschickt in den Weltentwurf integrierte Magie
+ Atmosphäre
+ ungewöhnliche Protagonisten
+ durchgängige Spannung
+ überraschende Wendungen

o Handlung ist relativ einfach und linear

- Charakterzeichnung nicht bei allen Figuren gleichermaßen gut gelungen
- Antagonisten bleiben flach und schwer greifbar

Wertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5

Tags: orientalische Fantasy