Dark Wood (Thomas Finn)

Knaur TB (August 2016)
Broschiert, 464 Seiten, € 9,99
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3426518748

Genre: Horror / Mystery


Klappentext

Die Handlung: Ein gnadenloser Kampf ums Überleben
Die Schauplätze: Norwegens undurchdringliche Wälder. Ein unheimliches Höhlensystem. Ein geheimes Militärlager aus dem Zweiten Weltkrieg mit Forschungslabor. Ein uraltes Wikingergrab.
Die Charaktere: sechs Angestellte einer Hamburger Werbeagentur, vier Männer, zwei Frauen, die sich nicht besonders mögen. Das TV-Team einer neuen Reality-Show. Ein Verräter. ETWAS, das in den Wäldern lauert: uralt, grausam – und ansteckend!


Rezension

Um ihre Firma vor der Pleite zu bewahren, lassen sich sechs Angestellte einer kleinen, hamburger Werbeagentur für eine neue Trash-Realityshow namens ‚Survive‘ in einen abgelegenen Teil Norwegens verfrachten. Drei Tage haben sie Zeit, diverse Aufgaben und Hindernisparcours zu meistern, Schaffen sie es, winkt ein saftiges Preisgeld plus noch ein Extrabonus für denjenigen, der es zum Publikumsliebling schafft.
Drei Tage im nirgendwo, wo zudem der Aussage von Einheimischen zufolge immer wieder Menschen spurlos verschwinden. Das nimmt zunächst niemand sonderlich ernst, dafür nehmen sich alle vor, als Team zu agieren und sich nicht provozieren zu lassen. Ihre hehren Grundsätze scheitern bereits an der ersten Aufgabe, doch sehr schnell wird klar, dass das ihr geringstes Problem ist ...

Auf den ersten Blick klingt das Ganze wie ein klassischer Horrorplot: Nach dem Zehn-kleine-Negerlein - Prinzip wird eine geschlossene Gruppe systematisch und mehr oder weniger bluttriefend dezimiert, bis nur noch der Held übrig bleibt. Davon finden sich hier natürlich ebenfalls einige Elemente, doch Dark Wood hat mehr zu bieten.

Da wären erst einmal die Charaktere, die alle ihre persönlichen, kleinen Geheimnisse hüten, von denen man als Leser erst nach und nach erfährt. Wirklich sympathisch wirkt anfangs niemand. Dazu fallen sie sehr stereotyp aus und besetzen zunächst ihren jeweiligen Nischenplatz, etwas, was im Horrorgenre genauso verbreitet - und akzeptiert - ist, wie das gefräßige Monster: Von der grauen Maus über den übergewichtigen Computernerd, den gut aussehenden Muskelprotz bis hin zur wunderschönen Diva ist alles vertreten. Im klassischen Horror haben all diese Figuren eine klar definierte Funktion, doch hier hat sich der Autor erkennbare Mühe gegeben, diese Grenzen zu sprengen. Rasch beginnen die Charaktere, mehr Tiefgang zu entwickeln, es tut eben nicht mehr jeder das, was der Leser von ihm oder ihr erwartet, und es werden Gründe für die verschiedenen Aktionen und Verhaltensmuster geliefert. Die Fieslinge erscheinen deswegen zwar nicht sympathischer und die Nervensägen nicht weniger nervig, aber man kann ein gewisses Verständnis für alle aufbringen, wenn schlüssig erklärt wird, warum jeder so ist, wie er ist. Allmählich bilden sich dann auch erste Sympathieträger heraus.

Der Plot präsentiert sich, obwohl im Grunde nichts Neues, hochgradig spannend und bietet diverse unvorhergesehene Wendungen. Nicht nur der durchaus vorhandene Gruselfaktor sorgt für Unterhaltung, die Beziehung der einzelnen Gruppenmitglieder untereinander ist ebenfalls nicht ohne und wartet häufig mit der einen oder anderen Überraschung auf. Recht schnell weiß man nicht mehr so genau, wer nun eigentlich Held und wer ein Opfer ist, welches gerettet werden muß (was nicht immer gelingt). Interessant, gut nachvollziehbar und dennoch oft verblüffend liest sich zudem die jeweilige Entwicklung, die beinahe jede Figur durchzumachen hat - sofern sie lange genug am Leben bleibt. Denn zusätzlich zu ihren schon vorhandenen Problemen gibt es natürlich auch ein Gruselelement, das den Gruppenmitgliedern zusetzt und über einen gesunden Appetit verfügt. Die Resultate dieser Angriffe werden zwar anschaulich beschrieben, doch nicht so heftig, dass jedes Stückchen zerfetzten Gedärms ausführlichst geschildert werden würde. Wer Splatter sucht, ist hier eher verkehrt.

Soweit so gut, trotzdem sind ein paar Dinge zu bemängeln. Sprache und Grammatik holpern immer wieder unschön vor sich hin, auch hat der Autor eine Vorliebe für bestimmte Worte. So stolpert man beispielsweise auf nahezu jeder Seite über die ‚Kollegen‘. Noch auffälliger sind die Logiklöcher, von denen es einige problemlos mit den Tiefen eines Mondkraters aufnehmen können. Zudem wirken manche Entwicklungen zu stark konstruiert und einige Handlungen der Figuren nicht richtig nachvollziehbar. Das geht leider sehr heftig auf Kosten der Glaubwürdigkeit, doch erstaunlicherweise kann man damit leben. Das wichtigste Gesetz der Horrorliteratur wird nämlich vom Autor strikt eingehalten: Du musst deine Leser ständig unter Spannung halten, sodass sie am besten kaum zum Atmen kommen und sich keine Sekunde langweilen! Genau das funktioniert großartig von Anfang bis Ende des Romans, genau das macht seinen Reiz aus und das Buch zu einem lesenswerten Vertreter seines Genres.


Fazit

Dark Wood von Thomas Finn ist kein literarisches Kunstwerk, will es auch gar nicht sein. Es bietet vielmehr sehr spannende Unterhaltung in einem interessanten Setting, viele Überraschungen und plastisch entwickelte Figuren. Wenn man über die Mängel hinwegsieht, bekommt man eine fesselnde Story, über der man ohne Weiteres den Alltag vergessen kann.


Pro & Kontra

+ mörderisch spannend
+ vielversprechendes Setting
+ gut angelegte Figuren
+ temporeich und mit vielen Wendungen
+ locker und flott geschrieben

o mehr Thriller als Horror

- einige kilometertiefe Logiklöcher
- Charaktere nicht immer glaubwürdig
- streckenweise zu stark konstruiert
- sprachliche Mängel

Wertung:

Handlung:3,5/5
Charaktere:4/5
Lesespaß:4/5
Preis/Leistung:4/5


Rezension zu "Schwarze Tränen"

Interview mit Thomas Finn (2013)

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