Anno Salvatio 423 – Das Licht der Ketzer (Tom Daut)

Papierverzierer (März 2017)
Taschenbuch
794 Seiten, 14,95 EUR
ISBN: 978-3-959623049

Genre: Science Fiction/ Urban Fantasy


Klappentext

Straßenpriester Desmond Sorofraugh hat im Untergrund seiner Heimatstadt New Bethlehem neue Freunde und einen ebenso gerissenen wie zwielichtigen Mentor gefunden, der ihn in den verbotenen Praktiken des Heiligen Geistes ausbildet. Unversehens offenbart sich ihm jedoch ein Geheimnis, welches so monströs erscheint, dass es ihn voller Zorn als maskierten Vigilanten gegen die eigenen Mitbrüder ziehen lässt. Doch dieser persönliche Kreuzzug zwischen Rache und Gerechtigkeit ruft schnell die Heilige Inquisition auf den Plan. Plötzlich riskiert Desmond nicht mehr nur das eigene Leben, sondern praktisch alles, was für ihn Bedeutung gewonnen hat: seine Freunde, die erste Liebe, die Wahrheit über seine Eltern ... und er scheint alles zu verlieren.


Rezension

Bereits im ersten Teil ist Desmond Sorofrough als ein etwas naiver junger Priester in Erscheinung getreten, der aufrichtig an Gott glaubt und daran, dass die Kirche ihren Weg zurück zu ihm finden kann. Doch in „Das Licht der Ketzer“ raubt ihm die Begegnung mit Kindern, die von Priestern missbraucht wurden, einige seiner Illusionen. Außer sich vor Wut zieht er los, um Vergeltung für diese Verbrechen zu üben. Als maskiertes „Licht der Ketzer“ entführt und richtet er die Schuldigen in waghalsigen Aktionen. Natürlich bleiben diese nicht unbemerkt und der Inquisitor Nathan Thorn heftet sich an Desmonds Fersen. Also hat der Leser zusammen mit dem jungen Priester guten Grund zur Sorge, als Desmond plötzlich zum Papst gerufen wird. Doch es ist nicht sein Doppelleben als Priester und heimlicher Unterstützer der Ketzer-Gemeinde, das das Interesse des zutiefst korrupten Innozenz geweckt hat.

Stattdessen hat sein außergewöhnliches Talent im Umgang mit dem „Heiligen Geist“, der Kraft, die Priester zu einer Art Magie befähigt, Innozenz auf eine ungewöhnliche Idee gebracht: Desmond soll bei einem verstoßenen Meister dieses Ordens die Fähigkeiten eines Exorzisten erlernen. Denn zum ersten Mal seit Jahrzehnten hat sich die mächtige Dämonin Muriel gezeigt und Besitz von einer jungen Frau namens Sina ergriffen. Desmond soll Muriel aus deren Körper austreiben und fangen, weil die Wesenheit, die sich „Gott“ nennt, sie unter ihre Kontrolle bringen will.

Der alternde Exorzist Derroc, der bei Innozenz so sehr in Ungnade gefallen ist, dass dieser lieber auf die Dienste des unerfahrenen Desmond zurückgreift, erweist sich nicht nur als kundiger Lehrmeister, sondern scheint noch auf andere Art mit Desmond verbunden zu sein und mehr über dessen Herkunft zu wissen, als er preisgibt. Er hat nur wenig Zeit, um den jungen Priester auf die Begegnung mit einer gefährlichen Gegnerin vorzubereiten und die Gefühle, die Desmond für Sina entwickelt, machen ihn verletzlich.

Während die Handlung im ersten Viertel des Buches etwas ziellos erscheint, gewinnt sie eine klare Richtung, sobald Muriel und Sina auftauchen. Die Kirche wird interessanter und facettenreicher, als die grundlegend verschiedenen Kulturen und die mörderische Konkurrenz der Exorzisten und Inquisitoren eingeführt werden und Desmond unter ersteren Männer trifft, die aufrichtig bemüht sind, zu helfen. Die Inquisitoren dagegen sind ausnahmslos klischeehaft und undifferenziert böse dargestellt, bis zu dem Punkt, wo sie an Glaubwürdigkeit verlieren.

Ein Pluspunkt ist dagegen, dass man ein paar weitere Informationsbröckchen über Gott und Satan, Engel und Dämonen erhält, welche an sich nicht aufschlussreich sind, aber die Neugier des Lesers noch weiter anstacheln und eine welterschütternde Enthüllung in einem späteren Band versprechen. Ansonsten ist „Das Licht der Ketzer“ dem ersten Teil in seinen Stärken und Schwächen sehr ähnlich: Die Sprache ist hier und da ein bisschen holprig, aber beschwört eindrucksvolle Bilder einer dystopischen Welt herauf. Die zahlreichen Actionszenen sind dramatisch geschildert und nutzen das Nebeneinander von Magie und Technologie geschickt aus. Die Figuren sind oft nicht sehr vielschichtig, aber funktionieren in ihren Rollen.

Desmond ist ein recht sympathischer Protagonist, aber da für ihn so gut wie immer jenseits jeden Zweifels feststeht, was die moralisch richtige Handlungsweise ist und er sich sofort daranmacht, diese umzusetzen, fehlt es ihm ein wenig an inneren Konflikten, Ecken und Kanten. Auch ist es ein wenig schwer zu glauben, dass er sich unter reichlich abschreckenden Umständen und ohne die Gelegenheit, sie mehr als oberflächlich kennenzulernen, so bedingungslos in Sina verliebt, wie er es rasch tut. Allerdings war dies wahrscheinlich notwendig, da der Konflikt dadurch persönlicher wird und Desmond dadurch eine starke Motivation gewinnt, große Risiken einzugehen.


Fazit

„Das Licht der Ketzer“ führt die Geschichte um Desmond Sorofrough weiter und schildert wie der Vorgängerband spannend und bildgewaltig eine dystopische Welt, in der Magie, Technologie und Religion untrennbar miteinander verflochten sind. Doch genau wie in „Der gefallene Prophet“ gibt es in Plot- und Figurenkonstruktion ein paar Schwächen, über die man beim Lesen stolpert.


Pro und Contra

+ Andeutungen über die Wahrheit über Gott, Satan, Engel, etc
+ Welt und Magiesystem schaffen viel Potenzial für Konflikte und bildgewaltige Action
+ man erfährt mehr über den Orden der Exorzisten
+ rasante Actionszenen

- hier und da etwas holpriger Stil
- Desmonds Gefühle ändern sich zu jäh
- karikaturenhaft böse Antagonisten

Wertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 3,5/5


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Tags: deutschsprachige SF