Nur über deine Leiche (Dan Wells)

nur ueber deine leiche

Piper (Oktober 2015)
Taschenbuch
384 Seiten; 12,99€
ISBN: 978-3492280242

Genre: Thriller


Klappentext

Mein Name ist John Cleaver. Ich bin geheilt. Ich habe keine dunklen Gedanken mehr. Keinen Drang, zu töten. Kein Verlangen, die Menschen auszulöschen, die ich liebe. Wirklich, ihr könnt mir glauben. Mein Name ist John Cleaver, und ich bin geheilt ...


Rezension

John Cleaver ist auf der Flucht und auf der Jagd zugleich. Fort Bruce war ein Blutbad gewesen. Über dreißig Menschen haben ihr Leben gelassen, aber letztlich auch zwei Verwelkte – uralte Dämonen, die John geschworen hat, zu vernichten. Wäre es nach John gegangen, hätte das FBI ihn alleine arbeiten lassen, dann wäre das alles nicht passiert. Aus diesem Grund ist er untergetaucht und versucht vor den Agenten seine Spuren zu verwischen. Lediglich Brook und sein Hund, Boy Dog, begleiten ihn. Brook ist sein Kompass, denn sie trägt das Wissen und die Erinnerungen der Verwelkten „Niemand“ in sich. Sie kennt die Namen der letzten Ungeheuer und manchmal erinnert sie sich an deren Fähigkeiten und schon bald ist es der Name Attina, der auf Johns Todesliste steht.

Nach einem kurzen Intermezzo zu Beginn des Buches nach typisch amerikanischer Art, merkt man schnell, dass Band 5 der Serienkiller-Reihe einen anderen Ton einschlägt als im letzten Band. Ein zweischneidiges Schwert wie sich herausstellt. Gerade im Vergleich zum Vorgänger, der überladen war mit Figuren, Verwelkten, Leichen und Action kommt dieser Teil ziemlich zahm daher. Aus einem Big-Budget Monsterfilm ist ein zurückhaltender Indie-Thriller geworden. Dan Wells drosselt recht schnell das Tempo auf Schrittgeschwindigkeit und lässt auf über einhundert Seiten John sein Restgeld bis auf den letzten Cent zählen, Brook ihre Binden wechseln und Boy Dog Beef Jerky essen. Man könnte auch sagen, dass Wells seinen Figuren mehr Raum zur Entfaltung geben möchte. John ist überfordert mit Brooks ständigem Wechsel ihrer Persönlichkeit, gleichzeitig gibt er sich die Schuld an Brooks Zustand. Als dann eine neue Person Brooks Körper zeitweise übernimmt, stürzt es John in ein Dilemma. Dieses Gefühlschaos ist ein interessanter Ansatz und hält einen bei Laune, aber so richtig mitfühlen will man dann doch nicht. Vielleicht ist es schwer Empathie für eine Person zu empfinden, die keine Empathie hat. Oder eigentlich keine haben sollte per Definition des Soziopathen. Als solchen will Dan Wells John immer noch darstellen, allerdings hat dieser im Laufe der Romane Gefühle entwickelt, die er früher nicht kannte und die ihn nun überfordern und ihn schlichtweg zu einem normalen Menschen machen. Seitdem ist Johns Charakter sehr inkonsistent. Während des Lesens vergisst man förmlich, dass er ein Serienkiller sein soll, bis er aus dem Nichts darüber nachdenkt, jemanden in Stücke zu schneiden oder ihm die Haut abzuziehen. Was aber so gestelzt daherkommt, dass es nicht mehr wirklich glaubwürdig ist.

In der zweiten Hälfte kommt schließlich doch noch Spannung auf. Es schimmern die Qualitäten durch, die diese Bücherreihe so populär machen. Attinas Aufenthaltsort ist gefunden. Die ersten Morde geschehen und John versucht, das Muster zu durchschauen, aber es scheint schlichtweg keines zu geben. Wendungsreich geht es bis zum unausweichlichen Showdown, der leider etwas kurz ausfällt, dafür viel Tragik offenbart. Man hätte gerne mehr erfahren über die Hintergründe und es bleibt das Gefühl zurück, das volle Potenzial der Attina sei nicht genutzt worden.

Man muss Dan Wells wirklich zu Gute halten, dass er immer wieder versucht, sich neu zu erfinden, neue Ansätze sucht und jeden Verwelkten mit einem völlig neuen Skill-Set ausstattet. Kein Buch gleicht dem anderen. Dennoch scheinen die besten Ideen bereits in den Vorgängern niedergeschrieben. Die Geschichten werden seit der Originaltrilogie beständig schwächer; die Glaubwürdigkeit von Johns Charakter bröckelt, denn Wells will der Balanceakt zwischen dem alten und dem neuen John nicht so richtig gelingen und wie schon in Band 4 fehlen die pointierten Dialoge der Vorgänger.

Eine besondere Erwähnung gebührt dem Klappentext und der Inhaltsbeschreibung dieses Buches, die so weit weg vom tatsächlichen Inhalt sind, wie noch keine zuvor. Respekt.


Fazit

Es wäre falsch, zu sagen, der neuste Roman um John Cleaver wäre nicht lesenswert. Der Roman hat seine spannenden Momente und obwohl lange nichts besonderes passiert, liest er sich schnell und flüssig. Als Teil einer sechsbändigen Reihe ist „Nur über deine Leiche“ ein netter Zeitvertreib für zwischendurch, aber leider auch nicht mehr. Möge das kommende Finale einen stärkeren Eindruck hinterlassen.


Pro und Contra

+ sehr flüssiger Schreibstil
+ Attina
+ das Final birgt eine tiefe Tragik

- zeitweise zäh
- Johns Charakter ist inkonsistent
- abruptes Ende
- verschenktes Potenzial

Wertung: sterne3

Handlung: 2,5/5
Charaktere: 3/5
Lesespaß: 3,5/5
Preis/Leistung: 3/5


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