Die Leichtigkeit (Catherine Meurisse)

Verlag: Carlsen (Dezember 2016)
Gebundene Ausgabe: 144 Seiten; 19,99 €
ISBN-13: 978-3551734242

Genre: Biographie


Klappentext

„Was mir nach dem 7. Januar plötzlich als das Kostbarste erschien, das sind die Freundschaft und die Kultur.“
„Bei mir ist´s die Schönheit.“
„Ist doch das Gleiche.“

Am 7.Januar 2015 wurden Freunde und Kollegen der Zeichnerin Catherine Meurisse, die seit über zehn Jahren für Charlie Hebdo arbeitet, brutal ermordet. Um nach dieser Tragödie Abstand zur Gewalt und deren Folgen zu bekommen, machte sie sich auf die Suche nach dem Gegenteil des Chaos: der Schönheit. Auf ihrem Weg liegen die Villa Medici in Rom, der Louvre, das Meer und die Orte der Renaissance, der Wiedergeburt – und des Wiederentdeckens der Leichtigkeit.


Rezension

Am 7. Januar kommt Catherine Meurisse zu spät zur Arbeit. Die Nacht davor konnte sie aus Liebeskummer nicht schlafen. Genau dieser Umstand rettet ihr das Leben. Es sind nur ein paar Minuten, die sie später als sonst da ist, aber diese entscheiden über Leben und Tod. Denn so erfährt sie vor dem Betreten des Gebäudes, dass Terrorristen bei Charlie Hebdo eingedrungen sind und die Anwesenden töten. Viele ihrer Freunde werden ermordet oder schwer verletzt. Aber das wirkliche Grauen beginnt für sie danach. Denn wie soll sie weiterleben? Wie wieder die Kraft finden zu arbeiten? Alles fällt ihr schwer.

Genau wie Fred Dewilde, der seine Erlebnisse in Bataclan – Wie ich überlebte verarbeitete, musste Catherine Meurisse das Schlimmste erleben, was man sich vorstellen kann. Ein Terroranschlag riss sie aus ihrem normalen Leben und tief hinab. Denn nicht nur die Toten sind Opfer des Terrors, auch die Überlebenden werden von diesen Ereignissen bis ins Mark erschüttert. Und dies ist  unzweifelhaft bei Catherine Meurisse geschehen. In den Tagen nach dem Anschlag scheint sie nur zu existieren, aber nicht zu leben. Wer sie ist, was sie ausmacht scheint ausgelöscht. Ihr Körper und ihr Geist haben sich getrennt. Sie leidet an Dissoziation. Oder um es in Catherine Meurisse Worten zu sagen: Sie sieht sich dabei zu, wie sie seelisch implodiert. Sie muss sich also der Fragen stellen: Wie überlebt man das Überleben? Denn einfach weitermachen, funktioniert nicht. Auch wenn sie es zunächst schafft bei Charlie Hebdo zu bleiben, kündigt sie letztendlich doch. Ihre Reise zurück zur Leichtigkeit des Lebens, zu sich selbst, erzählt sie in diesem Comic. Sie nimmt dabei kein Blatt vor dem Mund, lässt den Leser teilhaben an ihren Schritten zurück ins Leben, wie sie sich zunächst herantastet und dann mit Nachdruck ihren Weg sucht. Dies macht sie in dem sie Die Leichtigkeit praktisch als Tagebuch benutzt und so den Leser miteinschließt in ihre Erfahrungen und Gedanken. Auf diese Weise erlaubt sie einen tiefen Blick in ihre verletzte Seele. Sie äußerst direkt ihre Gedanken und Gefühle zu den Dingen, die mit dem Attentat im Zusammenhang stehen. Sei es der Personenschutz unter dem sie stand und litt oder das überall auftauchende Je suis Charlie, welches nicht vermochte, ihr Mut zu machen, sondern ihr im Prinzip egal war. Trotz allem hat sie ihren Humor nicht verloren und gerade im Zusammenhang mit Je suis Charlie, zeigt sich, dass der sehr bissig sein kann. Ansonsten überwiegen jedoch die sanften Töne, die leisen, zwischen den Zeilen. Und so fühlt man jederzeit mit ihr mit, lernt sie kennen und verstehen. Ihre Lösung des Problems, wieder zu heilen, kommt aus ihr selbst. Sie beschließt ihre Leichtigkeit in der Kunst und der Schönheit wiederzufinden und reist deswegen nach Italien in die Villa Medici. Dort hofft sie ihre Mitte zu finden. Aber dies will noch nicht gelingen, erst der Louvre kann ihr wieder das Gefühl für die verlorene Leichtigkeit wiedergeben. Freundschaft und Schönheit sind die Dinge, die für sie in der Lebensmitte stehen und zum Wichtigsten werden.

Ihre Suche und ihr seelischer Zustand drücken sich ebenfalls direkt in den Zeichnungen von Catherine Meurisse aus. Ihre Arbeit bei einem Satiremagazin ist klar ersichtlich, weil sie den Stil ihrer Karikaturen pflegt. Vor allem zu Beginn, ist alles mehr wie eine Karikatur, was vermutlich darauf zurückzuführen ist, dass sie sich nur so dem Thema nähern konnte. Später werden die Bilder ausgefeilter, runder und im gleichen Maße auch bunter, heller und freundlicher. Die letzten Seiten drücken pure Hoffnung und Zuversicht aus und beenden ihre Reise zurück ins Leben. Sowohl auf textlicher als auch auf zeichnerischer Ebene ist Die Leichtigkeit ein beeindruckendes Werk von Catherine Meurisse.


Fazit

Intensiv, emotional, humorvoll, direkt und offen verarbeitet Catherine Meurisse ihre Erfahrungen in Die Leichtigkeit und lässt auf diese Weise den Leser teilhaben. Ein wichtiges Buch, welches in jedem Regal stehen sollte, da es trotz seines Themas Hoffnung vermittelt und ein positives Gefühl hinterlässt.


Bewertung:
Handlung: 5/5
Charaktere:5/5
Aktualität: 5/5
Zeichnungen: 4,5/
Preis/ Leistung: 5/5