Die Höfe von Sonne und Mond - Sonnenblut (Michelle Natascha Weber)

Drachenmond (September 2017)
Taschenbuch
500 Seiten, 14,90 EUR
ISBN: 978-3-95991-086-6

Genre: High Fantasy


Klappentext

Die Höfe von Sonne und Mond

Von Feindschaft getrennt. Durch Liebe vereint.

Vor Jahrhunderten hat die Hexenfürstin Seraphia einen Fluch auf die Höfe von Sonne und Mond herabbeschworen, um ihre ewige Fehde zu beenden. Seither sind Hexen und Schattenwandler zu einem Bündnis gezwungen, das ihr Überleben sichert. Als Seraphias Zauber die Hexe Alysea Valerian an den Schattenwandler Dameo Angelis bindet, lasten die Hoffnungen beider Höfe auf ihren Schultern. Denn Seraphia hat den Bewohnern Gemeas einen letzten Ausweg gelassen: das Silberband, das eine Hexe und einen Wandler erwählt und ihnen den Versuch gewährt, den Fluch zu brechen. Doch bisher ist keine der Hexen lange genug am Leben geblieben, um es zu vollbringen.

Bald spürt Alysea den Sog des Glockenturmes, von dem all ihre Vorgängerinnen in den Tod gestürzt sind. Und auch Dameo kämpft mit einem dunklen Geheimnis, das sie beide vernichten könnte. Denn zwei Leben, die durch ein Silberband verbunden sind, können nie mehr getrennt werden, ohne dass sie gemeinsam erlöschen. Und diesmal bedeutet es das endgültige Verderben für Gemea.


Rezension

Gemea blickt auf eine blutige Vergangenheit zurück: Einst wurden die Menschen dort von Dämonen beherrscht, bis magisch begabte Menschen – Hexen – sich gegen deren Herrschaft auflehnten. Zu diesem Zweck schufen sie die Schattenwandler, Geschöpfe der Nacht, die ihre übernatürlichen Kräfte durch das Trinken von Blut stärken und mit ihren Klauen, Zähnen und in einigen Fällen auch schattenhaften Schwingen furchterregende Kämpfer sind. Doch kaum waren die Dämonen besiegt, schwangen sich die Hexen zu Herrschern auf. Der Krieg zwischen ihnen und den Schattenwandlern dauerte an, bis die mächtige Hexe Seraphia Schattenwandler und Hexen durch einen Fluch in Abhängigkeit voneinander zwang. Es heißt, dass ein Paar aus Hexe und Schattenwandler, verbunden durch das geheimnisvolle „Silberband“, diesen Fluch brechen könne, aber die Überlieferungen sind lückenhaft und auf den Paaren scheint ein Fluch zu liegen. Bisher hat keine Hexe den Tag ihrer Hochzeit erlebt, was immer auch den Tod ihres Schattenwandler-Gefährten bedeutete.

Alysea, die stets im Schatten ihrer Schwester stand, bereitet sich darauf vor, eine Vernunftehe einzugehen, um die Position ihrer Mutter, der unnachgiebigen Hexenfürstin Aurea, zu stärken. Doch dann kommt alles anders: Am Tag ihrer Hochzeit erwählt Seraphias Fluch sie und Dameo, den Fürsten der Schattenwandler. Um ihrer beider Leben zu retten muss Alysea ihm an den Hof des Mondes folgen, wo die beiden gemeinsam daran arbeiten, dem Schicksal ihrer Vorgänger zu entgehen. Doch am Hof der Nacht ebenso wie am Sonnenhof hat das Paar mächtige Feinde, die aus den Schatten heraus versuchen, sie zu vernichten, und damit sogar dem Fluch zuvorkommen könnten. Und am Ende stellt sich heraus, dass sie in noch weitreichendere Konflikte verstrickt sind.

Michelle Natascha Weber schreibt in ihrem üblichen gut lesbaren, etwas schwärmerischen Stil und erweckt die Pracht der Höfe zu farbenfrohen Leben. Gerade die dunkle Eleganz des Mondhofes wird eindrucksvoll heraufbeschworen. Zugleich scheinen die Höfe und Gemea beinahe im luftleeren Raum zu existieren. Obwohl sich diese später noch als wichtig erweisen, bleiben die Vergangenheit Gemeas, die Natur der Dämonen und die Welt um die Stadt herum skizzenhaft. Im Vordergrund stehen die persönlichen Dramen der Figuren, die von selbstzerstörerischer Leidenschaft, hasserfüllten Feinden und dunklen Familiengeheimnissen bestimmt werden. Auch Gemea außerhalb der Höfe und das Leben der gewöhnlichen Menschen, die einen Großteil der Bevölkerung auszumachen scheinen, wird nur in winzigen Ausschnitten geschildert, sodass es der Welt ein wenig an Plastizität und Überzeugungskraft fehlt.

Dameo und Alysea begreifen von Anfang an, dass sie zusammenarbeiten müssen, und entwickeln schnell große Achtung voreinander. Auf den ersten Blick haben der stolze Wanderfürst, der gelernt hat, mit Zähnen und Klauen um seine Macht zu kämpfen und sich nie Schwäche anmerken zu lassen, und Aureas gehorsame, unauffällige Tochter wenig gemeinsam. Doch schnell stellt sich heraus, dass sie beide verantwortungsbewusst und willensstark sind und das Alysea bisher nur wenig Gelegenheit hatte, ihre Charakterstärke zu demonstrieren. Sie erweist sich in einigen Situationen sogar als diejenige, die am entschlossensten für ihre und Dameos Chance auf eine gemeinsame Zukunft kämpft und dem Wandlerfürsten mehr vertraut, als dieser selbst es tut.

Unterstützt werden die beiden von Alyseas Freundin, der Katzenfrau Sofea, von Dameos Schwester Adia und seinem besten Freund Neveas. Gerade Adia und Neveas durchlaufen eine eigene Entwicklung und haben in Adias Fall eine hochdramatische Vergangenheit, aber ihre Geschichte entwickelt eher wenig emotionale Wucht. Alysea und Adia, Sofea, Alysea und Dameo sind allesamt sehr positiv gezeichnete Figuren, stark, loyal und kompetent. Sie sind echte Sympathieträger und Figuren, die aktiv die Handlung lenken, statt Dinge passiv mit sich geschehen zu lassen. Zugleich hätten sie teilweise noch etwas mehr an Profil haben, ihre Entwicklungen deutlicher gezeigt statt wie in einigen Fällen lediglich beschrieben werden können. Ihre Möglichkeiten zur Charakterentwicklung sind auch dadurch limitiert, dass sie keine echten Schwächen zu überwinden haben (die Ängste und Zweifel, denen sie Ausdruck verleihen, erscheinen in einigen Fällen schon früh unbegründet). Ihre Feinde werden meist einseitig negativ geschildert. Es gibt jedoch auch durchaus differenzierte Figuren.

Alysea und Dameo machen zumeist nur schleichende bis kaum vorhandene Fortschritte bei ihrem Versuch, die Wahrheit über den Fluch herauszufinden, und auch die Frage, wie sich ihre Beziehung entwickeln wird, ist eigentlich schon bald geklärt. Dennoch liest sich „Sonnenblut“ spannend. Eine unerwartete Konfrontation und direkt darauf folgende Enthüllung am Ende geben der Handlung noch einmal eine völlig andere Richtung, machen aber auch deutlich, dass wichtige Fragen erst in der Fortsetzung beantwortet werden.


Fazit

Michelle Natascha Weber erzählt eine romantische Fantasygeschichte um ein Paar, das den Hass zwischen zwei wider Willen verbundenen Völkern überwindet und versucht, einer schattenhaften Bedrohung zu entgehen. „Sonnenblut“ liest sich spannend und angenehm, beschwört farbenprächtige Bilder herauf und lässt seine Leser mit den Figuren mitfiebern. Allerdings fehlt es ein wenig an Kontext für die Ereignisse und bleibt die Welt außerhalb des unmittelbaren Umfelds der Protagonisten sehr blass.


Pro und Contra

+ Alysea und Dameo als Sympathieträger
+ farbenprächtige, stimmungsvolle Schilderungen der Höfe
+ spannend und angenehm zu lesen

- Welt außerhalb Gameas bleibt blass
- eine wichtige Wendung hätte durch zusätzliche Informationen besser vorbereitet sein können
- nahezu durchgehend positive Charakterzüge der Protagonisten und ihrer Freunde nehmen diesen etwas von ihrer Individualität und ihren Entwicklungsmöglichkeiten, zwei Antagonisten werden einseitig negativ geschildert

Wertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 3,5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 3,5/5


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