Endzeit (Olivia Vieweg)

Verlag: Carlsen (März 2018)
Broschierte Ausgabe: 288 Seiten; 22 €
ISBN-13: 978-3551761699

Genre: Drama/ Endzeit


Klappentext

Vor zwei Jahren haben Zombies die Erde überrannt. Die Städte Weimar und Jena haben es geschafft, einen Schutzzaun zu errichten und den Kreaturen zu trotzen. Die einzige Verbindung ist ein automatisierter, für Personen verbotener Güterzug.

Aber genau in dem begegnen sich Vivi und Eva, zwei sehr unterschiedliche junge Frauen, die hoffen, nach Jena zu gelangen. Doch es kommt zu einem Zwischenfall, und die beiden müssen den Rest des Wegs gehen. Zu Fuß durch eine Welt, in der der Tod gelernt hat zu rennen...

Olivia Viewegs preisgekrönte Geschichte über eine Apokalypse, wie man sie noch nicht gesehen hat!


Rezension

Deutschland in der Zukunft. Eine Zombieapokalypse ist ausgebrochen und die Menschen haben sich in den Städten Weimar und Jena verbarrikadiert. Ein automatisierter Zug für Frachtgüter stellt die Verbindung zwischen den beiden Orten dar, die gerade einmal 20 Kilometer auseinanderliegen. In Weimar leben die beiden unterschiedlichen jungen Frauen Vivi und Eva. Vivi ist zutiefst traumatisiert und muss eigentlich nicht zur Arbeit, die darin besteht, die Abwehrzäune in Ordnung zu halten und die Zombies zurückzuschlagen. Eva hingegen ist eine der Wortführerin bei den Arbeiten. Eines Tages muss Vivi doch helfen und verursacht durch einen Unfall ein Unglück, dem ein anderes Mädchen zum Opfer fällt. Eva greift ein und auch sie bekommt etwas ab. Danach beschließen beide Frauen unabhängig voneinander nach Jena zu fahren. Vivi will einfach raus und Eva hat die Hoffnung, in Jena ein Heilmittel für ihre Infektion zu erhalten. Sie treffen sich im Zug und als der liegenbleibt, sind sie gezwungen, zu Fuß durch das zombieverseuchte Land nach Jena zu ziehen, mitten durch die Toten und mit den Geistern, die sie mit sich tragen.

Endzeit ist bereits 2012 das erste Mal bei einem anderen Verlag erschienen. Damals war die Diplomarbeit von Olivia Vieweg jedoch längst nicht so umfangreich. Allein der Vergleich der Seitenzahlen macht deutlich, dass die Geschichte kräftig überarbeitet wurde und Olivia Vieweg nun vielmehr Raum hat, um die Geschichte ihrer Charaktere in aller Tiefe zu erzählen.
Sie konzentriert sich in Endzeit nicht auf den Kampf mit den Zombies, wie man vermuten könnte, sondern ganz auf ihre Charaktere. Dabei ist ihr Personal sehr gering. Sie stellt allein zwei Frauen in den Mittelpunkt und erzählt ihre Geschichte. Und die könnte in beiden Fällen nicht tragischer sein. Vivi hat zu Beginn der Zombieepedimie ihre Familie verloren und musste mit ansehen, wie ihre Schwester zum Opfer wurde, und mehrere Tage auf dem Dach des Hauses ausharren. Eva wurde von ihren Freunden im Stich gelassen, was dazu führte, dass sie sich rächte.
Beide Frauen gehen völlig unterschiedlich mit dem Erlebten um. Während Vivi völlig traumatisiert ist, an Wahnvorstellungen leidet und ganz im Allgemeinen eher ängstlich ist, geht Eva den anderen Weg. Sie ist aggressiv und kalt. Gefühle lässt sie nicht zu, und Gnade kennt sie nicht mehr.
Diese beiden Frauen sind nun gemeinsam unterwegs und zunächst gibt es große Spannungen zwischen ihnen. Vivi kann es nicht über sich bringen, Zombies zu töten, weswegen Eva immer wieder kurz davor steht, Vivi zu verlassen, kehrt aber immer wieder zurück. Mit der Zeit nähern sich die jungen Frauen immer weiter einander an und beginnen sich zu öffnen und sich zu erzählen, wie und warum sie leiden. Es wird klar, dass Eva eine große Wut in sich trägt, die vielleicht bereits früher in ihr war, aber mit der Zombieapokalyspe ihren Weg an die Oberfläche fand. Im Umgang mit Vivi lernt sie, was es heißt ein Mensch und füreinander da zu sein. Und Vivi kann mit Evas Hilfe ihr Trauma zumindest verstehen und an ihm wachsen, so dass sie am Ende der Reise nicht mehr ängstlich ist, sondern mit Zuversicht in die Zukunft sehen kann. So ist Endzeit auch kein klassischer Zombiethriller, diese kommen nur am Rande vor, sondern mehr eine Charakterstudie zweier Frauen in einer Extremsituation, die alles von ihnen fordert. Jede Begegnung mit den Zombies oder anderen Überlebenden lässt sie wertvolle Erfahrungen fürs Überleben sammeln. Der Horror steht nicht im Mittelpunkt und tritt auch kaum zutage, dafür bezieht Endzeit seine Spannung aus dem Miteinander der beiden Frauen. Größtenteils macht Olivia Vieweg dies erzählerisch sehr gut, nur manchmal entsteht der Eindruck, dass sie nicht genau wusste, wie sie etwas zu Papier bringen sollte und es gibt ein zwei Sprünge, die eleganter hätten gelöst werden können. Dann wirkt die Erzählung nicht ganz durchdacht. Das schmälert das Lesevergnügen etwas, ebenso, dass sie dann eben doch auf so manches Klischee zurückgreift. Trotzdem ist Endzeit gut erzählt.

Olivias Viewegs Zeichnungen können ihre Nähe zum Manga nicht verleugnen, tragen aber ebenso Züge des europäischen Comics in sich. Sie sind einfach gehalten, fangen aber das Wesentliche ein. Nur die Zombies wirken nie wie eine wirkliche Bedrohung, dafür sind sie einfach zu harmlos in der Darstellung. Ein Horrorgefühl will da kaum aufkommen. Wenn die Frauen dann mal einen Zombie töten, ist dies ebenso entsprechend harmlos in der Darstellung. Die Möglichkeit ihre Geschichte visuell zu einem richtigen Horrortrip zu machen und die Innenwelt ihrer Protagonistinnen somit zu spiegeln, nutzt Olivia Vieweg also nicht. Zudem hat sie nicht immer das richtige Gespür für Rhythmus und Timing und für die richtigen Ausschnitte. Da geht dann immer wieder erzähltechnisch viel verloren.
Die Kolorierung ihrer Zeichnungen durch Ines Korth und Adrian Vom Baur benutzt helle, kräftige Farben und lässt die Seiten leuchten. Auch hier ist keine Düsternis zu finden. Zwar stehen die Farben etwas im Kontrast zum Inhalt, aber letztlich erschaffen auch sie keine bedrohliche Atmosphäre, sondern verdeutlichen einmal mehr, dass es in Endzeit darum geht, dass zwei Frauen zu sich finden.


Fazit

Endzeit ist eine etwas andere Zombieerzählung, als die derzeit gewohnten. Mehr Roadtrip zu sich selbst als Horror. Olivia Vieweg erzählt ihre Geschichte recht gut, verschenkt aber auch so einiges Potenzial. Da hätte mehr bei rumkommen können, dennoch eine nette Abwechslung zum gewohnten Zombiereißer.


Pro & Contra

+ anderer Ansatz

- zu nett aussehende Zombies
- kein Horrorgefühl

Bewertung:

Handlung: 3,5/5
Charaktere: 4/5
Zeichnungen: 3,5/5
Lesespaß: 4/5
Preis/Leistung: 4/5