In Todesangst (Linwood Barclay)

Verlag: List, September 2009
Original: Fear the Worst,
übersetzt von Nina Pallandt
HC, 416 Seiten, € 16,90
ISBN: 978- 3471350171

Genre: Thriller

Klappentext

Wissen Sie, wo ihre Tochter gerade ist?
Die 17jährige Sydney kommt eines Abends nicht von ihrem Sommerjob in einem Hotel nach Hause. Sie ist nicht über Handy zu erreichen. Ihr Vater macht sich große Sorgen. Er fährt los, um sie abzuholen. Doch die Angestellten des Hotels haben noch nie von einem Mädchen namens Sydney gehört. Verzweifelt begibt Tim sich auf eine unheilvolle Suche.


Der Autor

Linwood Barclay stammt aus den USA, lebt aber seit seiner Kindheit in Kanada. Er arbeitete lange Jahre als Journalist und hatte eine beliebte Kolumne im Toronto Star. Seit dem Erscheinen seines ersten Thrillers „Ohne ein Wort“ ist Barclay ein internationaler Bestsellerautor. Seine beiden erwachsenen Kinder sind vor kurzem zu Hause ausgezogen. Er lebt mit seiner Frau in der Nähe von Toronto.


Rezension

„Ohne ein Wort“ und „Dem Tode nah“ verschwindet Sydney „In Todesangst“. Kann Linwood Barclay wohl an seine vorherigen Erfolge anknüpfen? Er kann, und schon nach den ersten Seiten ist man wieder völlig gefesselt.

Wissen Sie, wo ihre Kinder jetzt in diesem Moment sind? Wann haben Sie das letzte Mal ihre Frau / Freundin / Freund oder Mann gesehen? Wie gut meinen Sie, Ihre Freunde zu kennen? Wo und wann würden Sie anfangen zu suchen, wenn ein geliebter Mensch einfach nicht mehr nach Hause kommt? Erschreckend, wie schnell und wie gründlich doch ein Mensch verschwinden kann, ohne eine Spur zu hinterlassen, obwohl er intensiv gesucht wird.

Tims Tochter Sydney kommt eines Abends von ihrem Ferienjob in einem nahen Hotel nicht nach Hause. Als Tim sie in dem Hotel sucht, ist sie dort völlig unbekannt und verzweifelt fragt er sich, ob er seine Tochter überhaupt richtig kennt. Da Sydney schon 17 Jahre alt ist, wird sie von der Polizei als Ausreißerin behandelt und erst, als ihr Auto mit Spuren gefunden wird, intensiv gesucht. Doch bis dahin sind ihre Eltern bereits durch die Hölle gegangen, verzweifelt schöpfen sie jede Möglichkeit aus, Sydney zu finden. Natürlich ist Tim dadurch in seiner Arbeit abgelenkt und nach den ersten Tagen der Ungewissheit stößt er nur noch auf Unverständnis bei seiner Chefin. Tim geht jederzeit jedem noch so kleinen Hinweis nach, allerdings stößt er durch sein penetrantes Nachfragen bald in ein Wespennest und er muss erkennen, dass er ins Visier von skrupellosen Verbrechern geraten ist. Ob es dieselben sind, die auch der Grund für Sydneys Verschwinden sind?

Filmreif rast man geradezu durch diesen Thriller, anfangs gibt es überhaupt keine Hinweise, wieso und wohin Sydney verschwunden ist. Eindringlich und berührend beschreibt Barclay Tims Hilflosigkeit, seine verzweifelte Suche und sein ständiges Scheitern an der Bürokratie, an seinem Job und an dem Unverständnis seiner Mitmenschen. Actionreich ist der zweite Teil, als sich ein Geheimnis nach dem anderen löst, die Hinweise sich verdichten und das Puzzle sich zu einem Ganzen zusammenfügt. Besonders zum Schluss hin hat man den Eindruck, dass Barclay schon mal grob ein Drehbuch für die Verfilmung geschrieben hat, manches wirkt dann doch arg übertrieben und an den Haaren herbeigezogen.

Es gibt aber auch leise und feinfühlige Töne in dem Buch. Tim ist zwar ein guter Autoverkäufer, aber als er auf Drängen seiner Frau ein Autohaus aufmacht, scheitert er an der Verwaltung. Daran scheitert auch seine Ehe, aber im Stillen liebt er seine Frau immer noch. Deshalb ignoriert und demütigt er ständig ihren neuen Freund, und es ist ihm mehr als nur unangenehm, als er seine Hilfe bei der Suche annehmen muss. Im Laufe der Geschichte wandeln sich seine Gefühle, er lernt sowohl seine Exfrau als auch deren Freund von einer ganz neuen Seite kennen. In den Zeiten der Not halten sie zusammen und unterstützen sich alle gegenseitig.

Das Perfide an dem Buch sind die ständigen Fragen nach dem Warum. Ist Sydney absichtlich verschwunden oder wurde sie entführt? Oder sogar umgebracht? Wie hat sie es geschafft, so spurlos zu verschwinden? Irgendjemand muss doch etwas wissen! Aber bis dahin ist es ein weiter, steiniger Weg, auf dem viele Mitmenschen nicht das sind, was sie zu sein scheinen. Es dauert lange, bis das erste Licht am Ende des Tunnels erscheint, aber dann geht es in einer rasanten Achterbahnfahrt auf und ab, höchstgefährliche und tödliche Situationen inklusive.

Der Titel ist absolut treffend, denn nicht nur Tim hat Todesangst. Viele Themen werden angesprochen, neben dem absoluten Verschwinden geht es auch um einen Stalker und was eine Samenspende so alles auslösen kann. Überraschend das Ende, die Auflösung ist gelungen. Man mag zwar einiges vorher ahnen, aber die Gewissheit kommt erst ganz zum Schluss.


Fazit

Linwood Barclay hat wieder einmal bewiesen, dass er es kann und zu Recht zu den Bestsellerautoren gehört. Spannend, actionreich und geheimnisvoll, aber auch feinfühlig und nachdenklich kommt „In Todesangst“ daher. Wer glaubt, seine Mitmenschen zu kennen, wird nach dieser Lektüre von vielen erst einmal das Schlimmste annehmen, denn kaum einer entpuppt sich als das, was er vorgibt zu sein.


Pro und Contra

+ packende und eindringliche Erzählweise
+ vielschichtige Charaktere
+ perfide Ereignisse
+ überraschendes Ende
+ hintergründige Themen werden angesprochen, die zum Nachdenken anregen

° manchmal wurde die Action arg übertrieben

- einige Parallelen zu seinen vorherigen Thrillern

Wertung:

Handlung: 4,5/5
Charaktere: 4/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5