Haempes offener Brief an Ullstein

Lieber Ullstein-Verlag,

ich wende mich heute an Dich, um Dir meinen tief empfundenen Dank auszusprechen. Meinen Dank für Stunden höchst amüsanten und höchst lehrreichen Lesevergnügens. Ich konnte nicht genug bekommen, so aufschlussreich, so interessant, so … spannend war es. Du hast es wirklich geschafft, mich mit einem Thriller, den das wahre Leben schrieb, zu fesseln. Man stelle sich vor: es war tatsächlich ein Buch aus Deinem Haus, dem dies gelang!

Gut, ich will ehrlich sein, denn darauf legst Du ja Wert. Es war nicht das Buch an sich, das mich so fesselte. Es waren die Berichte darüber, wie dieses Buch entstand; wie dieses Buch gemacht wurde. Denn nun weiß ich, wie heute erfolgreiche Bücher gemacht werden: mit Ehrlichkeit statt mit Originalität!

Ich weiß, lieber Ullstein-Verlag, die Zeiten sind hart. Für alle von uns. Vor allem in der Hauptstadt. Auch Du hast es nicht einfach. Ständig dieser Konkurrenz-Kampf. Mal hat jener Verlag einen Bestseller, mal präsentiert dieser Verlag den angeblich jüngsten Autoren Deutschlands. Da verstehe ich natürlich völlig, dass Du zugreifen musstest, wenn Dir ein Wunderkind wie Helene Hegemann quasi in die Tasche (gemogelt) gelegt wird. Da kann man nicht lange fackeln. Wenn sich einem so eine Chance bietet, dann muss man zugreifen und schaut nicht so unter die Oberfläche.

Wenn sich dann im Nachhinein in dem Roman „Axolotl Roadkill“ das eine oder andere als etwas … seltsam herausstellt, kann man Dir ja keinen Vorwurf machen. Du kannst nichts dafür. Du hast ja gefragt, ob alles seine Ordnung und seine Richtigkeit hat. Du trägst keine Schuld daran, dass in dem Buch ein paar Dinge drin sind, die nicht drin sein sollten. Oder anders gesagt: dass ein paar belanglose Dinge wie Verweise auf Quellen fehlen, die drin sein sollten. Du hast gefragt. Dass Du nicht so richtig unter die Oberfläche geschaut hast, kann man natürlich verstehen. Dir wurde etwas Neues und Unverbrauchtes angeboten, etwas Ehrliches. So hast Du es dann auch an die Öffentlichkeit gebracht, die Dir dankbar dafür war, dass Du uns endlich wieder ein literarisches Genie beschert hast.

Ein Blick unter die Oberfläche hätte Dir vielleicht verraten, dass es doch nicht ganz so neu, nicht ganz so unverbraucht, nicht ganz so … ehrlich ist. Aber aus Fehlern kann man lernen und beim nächsten Buch wird alles Besser. Bitte lerne aber aus diesem Fehler schnell! Darum bitte ich Dich im Namen vieler Leser. Wir möchten uns in Zukunft bei Büchern, die in Deinem Haus erscheinen, nicht fragen müssen: Wie viel von dem Autor, der auf dem Buchdeckel prangt, steckt in dem Buch auch tatsächlich drin?

Ich will Dir daher einfach noch einmal für die Stunden an Lesevergnügen und die Erkenntnisse danken, die mir dieses Buch … nein, die Artikel, Blogeinträge, Kommentare über dieses Buch gebracht haben. Wobei es um das Buch ja aber nie wirklich ging. Es ging darum, wie dieses Buch gemacht wurde, wie es zustande kam. Aber Du wirst das schon machen, da bin ich mir sicher. „The Show must go on“ und auch das Büchermachen wird weitergehen. Dessen bin ich mir sehr sicher!

Mit dankbaren und herzlichen Grüßen
Dein Thor Haempe