Ein Amerikaner in Berlin (Ralph Martin)

DUMONT Literatur und Kunst Verlag; Auflage: 1 (24. August 2009)
Broschiert: 190 Seiten, 14,95 €
ISBN-13: 978-3832195151

Genre: Humor


Klappentext

„Die erste Straßenszene, die mir auffiel, war eine Horde Punks mit Unmengen von Piercings, die an der Ecke Eberswalder Straße und Schönhauser Allee an einer roten Ampel standen und geduldig warteten, bis es grün wurde. Das war neu für mich: In New York gab es längst keine Horden von Punks mehr, und niemand, wirklich niemand – und am allerwenigstens einer von den paar übriggebliebenen Punks – blieb an einer roten Ampel stehen.


Rezension

Ralph Martin, durch und durch New Yorker mit viel zu wenig Geld, aber zu vielen hohen Ausgaben, beschließt 2003 von Amerika nach Berlin zu ziehen. Der Grund ist die Liebe zu einer deutschen Frau, auch wenn er sich zunächst gar nicht sicher ist, warum er so empfindet. Aber Europa und damit Berlin erscheint ihm wie das gelobte Land, zumal seine Freundin ein „von“ im Namen trägt. Schließlich zeugt dies von Adel und der hat bekanntlich auch heute noch Schlösser und große Ländereien. Zumindest in der Vorstellung von US-Amerikanern, wenn man Ralph Martin glauben darf.
Und so steht ihm der erste Schock ins Haus, als ihn seine Freundin FvD (Fräulein aus Deutschland) in einem alten lila Golf vom Flughafen abholt. Auch ansonsten will es nicht rund in seinem Leben laufen. Eine Arbeit ist für ihn schwieriger zu finden, als gedacht und die Menschen benehmen sich auch seltsam. Was also tun? Er beschließt, sich anzupassen und erforscht dafür den deutschen Alltag, um ihn dann prompt überspitzt zu übernehmen. Martin erzählt und kommentiert seine Versuche mit einer solchen Kindlichkeit, dass man ihn trotz der vielseitigen Faux-Pas, die er begeht, mögen muss. Unweigerlich fragt man sich, ob wirklich alle Amerikaner so naiv sind, wie sich Ralph Martin hier teilweise präsentiert. Dies macht sein Buch zugleich zu etwas besonderen in der langen Reihe von Büchern, in denen jemand von einem Kulturschock in der Fremde berichtet. Nicht die Sitten des Gastlandes werden in diesem Buch kritisch beleuchtet und der Lächerlichkeit preisgegeben, sonder die eigenen Erwartungshaltungen des Zugezogenen. Es lebt von der schonungslosen Selbstironie des Autors und seiner Fähigkeit der Selbstreflexion. Sicher, Seitenhiebe auf die hiesige Kultur finden sich zu genüge, aber sie stehen nicht im Vordergrund.
Wenn Ralph Martin von seinen Erlebnissen mit der Polizei oder Türstehern berichtet, steht einem unweigerlich ein Grinsen im Gesicht. Man kennt solche Begnungen selbst, aber was man gewohnt ist, ist für ihn neu und seine Gedanken sind dabei teilweise herrlich absurd. Natürlich erfüllt Ralph Martin manche Klischees über Amerikaner in seinen Geschichten, allerdings werden sie nie dick aufgetragen und manches ist auch einfach zu gut, um es links liegen zu lassen. Allerdings spielt er mit den Erwartungen des Lesers ein ums andere Mal geschickt und entlockt ihm so ein weiteren Lacher.

Ergänzend kommt dann noch Ralph Martins Schreibstil hinzu. Locker und leicht lässt sich das Buch in einem Rutsch durchlesen. Stolperfallen gibt es keine, aber dafür umso mehr feinen Humor und spätestens, wenn er gegen Ende selbst auf die herablassenden Amerikaner schimpft, hat er einen auf seine Seite gezogen. Der Untertitel des Buches „Wie ein New Yorker lernte, die Deutschen zu lieben“ trifft es ziemlich genau. Ralph Martin legt mit „Ein Amerikaner in Berlin“ eine Liebeserklärung an seine neue Heimat vor und garniert sie mit Spitzen gegen sich selbst und seine Mitmenschen. 

Eine Fortsetzung seiner Abenteuer in Berlin lässt hoffentlich nicht lange auf sich warten, wobei dann ein niedrigerer Preis angemessener wäre. 190 Seiten für 15 Euro sind einfach ein schlechtes Preisleistungsverhältnis, um den Autoren abschließend einmal zu zitieren.


Fazit

Mit viel Humor und Selbstironie präsentiert Ralph Martin in „Ein Amerikaner in Berlin“ seine Wandlung von einem snobistischen New Yorker Yuppie in einen waschechten „spießigen“ Deutschen. Immer mit einem Augenzwinkern versehen sind seine Kommentare zu seiner neuen Heimat und mehr als einmal erwischt man sich beim Grinsen über die eigenen Marotten. Doch noch mehr macht er sich über die Eigenarten der Amerikaner lustig. Für ein paar vergnügliche Stunden mehr als nur geeignet.


Pro & Contra

+ flüssig zu lesen und mit viel Selbstironie
+ Ralph Martin spricht so manche Sache an, die einem selbst nicht bewusst ist

- hoher Preis

Bewertung:

Lesespaß:4,5/5
Humor: 4/5
Preis/Leistung: 2,5/5