Der widerspenstige Planet (Robert Sheckley)

Heyne (November 2009)
Originaltitel: The collected Stories
Taschenbuch, Broschur, 704 Seiten
€ 10,95 [D] | € 11,30 [A] | CHF 19,90
ISBN: 978-3-453-52562-7

Genre: Science-Fiction / Kurzgeschichten


Klappentext

Meisterwerke der Science Fiction

Utopisch, satirisch, visionär, rasant, bezaubernd, geheimnisvoll … ganz und gar fantastisch sind die Erzählungen Robert Sheckleys, der schon vor Jahrzehnten die Welt der Zukunft akkurat beschrieben hat. Erstmals in einem Band gesammelt und komplett neu übersetzt – die besten Erzählungen eines einzigartigen Genies.


Rezension

Die neueste Ausgabe der Reihe "Meisterwerke der Science Fiction" befasst sich mit Robert Sheckley, dessen Werk hauptsächlich aus Kurzgeschichten besteht. So finden sich in dieser Sammlung 15 Kurzgeschichten und ein Roman.

Fütterungszeit
Ein Mann findet in einer Bibliothek ein Buch über Greifen und erlebt am Ende eine böse Überraschung. Bestimmt nicht Sheckleys beste Geschichte. Ich weiß nicht, warum die in der Sammlung ist. Ist eben so eine typische Geschichte mit einem fast erwarteten Twist am Ende.

Das siebte Opfer
Zivilisationsmüde Menschen ermorden sich gegenseitig in einem dekadenten Jagdspiel. Gut erzählt, spannendes Szenario und ein gelungener Schluss. Diese Idee formulierte er in dem Roman Das zehnte Opfer noch genauer.

Und führe mich zum stillen Wasser
Ein Mann und ein Roboter durchleben das Versagen der Lebenserhaltungssysteme. Sehr kurz, knackig und unendlich melancholisch, eine schöne Geschichte.

Spezialist
Ein Raumschiff, bestehend aus einem Verbund von hochspezialisierten Einzelwesen, verliert den Navigator und wirbt auf einer rückständigen Welt – sprich: auf der Erde – einen neuen Navigator an, der gar nicht weiß, dass er über diese Fähigkeit verfügt. Das ist, obwohl schon 50 Jahre alt, SF, wie wir sie lieben.

Das Millionenspiel
Die wohl berühmteste Geschichte des Autors in der Sammlung: Ein Mann nimmt an einer Fernsehshow teil, deren Inhalt es ist, die Verfolgung eines Mannes zu dokumentieren. Die Verfolger jagen ihre Beute gnadenlos und werden den Verfolgten töten, wenn sie ihn erwischen. Dem Opfer jedoch, sollte es eine gewisse Zeit überleben, winkt ein Vermögen. Diese Geschichte, wenngleich bald 50 Jahre alt, ist heute noch ebenso aktuell wie damals.

Reine Formsache
Eine gelungene Geschichte und ein interessantes Konzept: ein Volk von Gestaltwandlern, die in eine bestimmte Kastengestalt gezwungen werden. Die meisten Autoren hätten daraus einen Roman oder gar einen Zyklus gemacht. Sheckley verbrät diese wunderbare Idee in einer Kurzgeschichte. Aber so verschwenderisch war er immer und Romane konnte er nicht wirklich gut schreiben.

Pfadfinderspiele
Irgendwie eine klassische Kurzgeschichte, die aber mit einem wirklich gelungenen Schluss aufwartet.

Ein Irrtum der Regierung
Was für eine Wahnsinnsgeschichte. Ein Mann fühlt sich von der Regierung vernachlässigt, weil er mit alten Tonbandgeräten abgehört, von schlechten Kameras bei der Arbeit gefilmt und von drittklassigen Spitzeln verfolgt wird. Und dann die ganzen Spitzel, die auf seinem Planeten landen. Wahnsinn.

Der widerspenstige Planet
Auf den ersten Blick eine 08/15-Öko-Geschichte, doch wenn man bedenkt, dass Sheckley diese im Jahr 1955 verfasste, dann war er schon weit seiner Zeit voraus.

Utopia mit kleinen Fehlern
Eine wirklich treffende Beschreibung eines alptraumhaften Utopias.

Pilgerfahrt zur Erde
Ein Mann fliegt zur Erde und findet die wahre Liebe und alles zerbricht in ihm. Ein aberwitzige Geschichte mit einem unglaublichen Schluss.

Die Jenseits-Corporation
Gerade erlebt Thomas Blaine noch, wie ein Autounfall seinem Leben ein jähes Ende bereitet, und schon findet er sich im 22. Jahrhundert wieder. In den mehr als 150 Jahren hat sich viel getan und vieles, so zeigt sich sehr schnell, hat sich zum Schlechteren entwickelt. So stellt sich recht schnell heraus, dass er nur wegen einer Marketingkampagne aus der Vergangenheit geholt wurde. Doch die Juristen von Rex Inc. unterbinden dies, denn sie befürchten, Blaines nachträgliche Zustimmung zum Geistestransfer könnte angefochten werden. So wird er mehr oder weniger aus dem Gebäude geschmissen und das Erste, was er sieht, sind Selbstmordkabinen.
Nur allmählich beginnt Blaine zu begreifen: Die Menschen haben das Geheimnis des Jenseits vollkommen entschlüsselt. Der Geist kann nach dem Tod in einen neuen Körper transferiert werden oder aber man erhält eine Geistverstärkung, die ermöglicht, dass der Geist (Seele?) nach dem Tod weiter existiert. Dies treibt dann die seltsamsten Blüten und Thomas Blaine lernt das New York des 22. Jahrhunderts auf die ganz harte Tour kennen.
Der Roman, der zuvor schon unter dem Titel Lebensgeister GmbH erschien, ist ein sehr rasanter und abwechslungsreicher Roman. Spott und Zynismus gehen einher mit der Beschreibung einer Welt, die sehr unmenschlich erscheint und doch eine mögliche Zukunft ist, denn der Autor hat für alles eine stimmige Erklärung.
Thomas Blaines Crashkurs in der Welt des 22. Jahrhunderts gleicht einem wilden Ritt und einer Achterbahnfahrt. Zusammen mit Sheckleys Protagonisten erfährt der Leser nach und nach alles über die Welt, die Geisttransfers und deren Schattenseiten. Doch kann darauf nicht näher eingegangen werden, da sonst zu viel vom Roman verraten würde. Nur so viel: Die Handlung durchläuft einige überraschende Wendungen und wie beim Schälen einer Zwiebel wird mehr und mehr der Zukunft offenbart. Der Roman ist in keiner Phase langatmig und Sheckley versteht es hervorragend zu unterhalten. Anfang der 90er wurde diese Geschichte mit mäßigem Erfolg verfilmt.

Das geteilte Ich
Ein vormals schizophrener Mann macht sich auf, um seine anderen Persönlichkeiten, die nun in anderen Körpern leben, wieder aufzunehmen. Gut geschrieben, aber etwas vorhersehbar.

Pas des Trois
Dasselbe Ereignis aus der Sicht dreier Personen erzählt. Nicht besonders originell und definitiv keine SF.

Der erste Kontakt
Erstkontakt mit Hindernissen. Eine gelungene Geschichte.

Endstation Zukunft
Ein Zeitreisender reist mit einer defekten Zeitmaschine in die Zukunft. Tatsächlich ist dies ein One-Way-Ticket, denn nur eine Kopie ist durch die Zeit gedrungen. Er selbst blieb in der Vergangenheit zurück und versucht es immer und immer wieder. So überfrachtet er die Zukunft mit mehreren Millionen Alter egos, die sich in einer endzeitlichen Welt selbst das Leben schwer machen. Der Wissenschaftler wird zum Imperator und zu seiner eigenen Widerstandsorganisation. Robert Sheckleys Schaffenswerk ist, verglichen mit seinen Kollegen, nicht so umfangreich, aber er hatte die Gabe, auf 60 Seiten mehr unterzubringen als mancher auf 500 Seiten. Eine unglaublich gute Geschichte

Robert Sheckley war vor allem ein Kurzgeschichtenautor, und darin war er richtig gut. Seine Erzählungen sind niemals langatmig, sondern kurzweilig, humorvoll und unterhaltsam. Die Sammlung dieses Buchs gibt einen recht guten Eindruck seines Schaffenswerks, aber es lohnt sich, den Gebrauchtmarkt an Büchern nach seinen Kurzgeschichtensammlungen zu durchforsten, denn er hat noch viele, viele weitere hervorragende und vor allem unterhaltsame Kurzgeschichten verfasst, die sich auch heute noch sehr gut lesen.

9 von 10 Punkten


Diese Rezension stammt von Rupert Schwarz - mehr Rezensionen von ihm findet ihr bei fictionfantasy!

Tags: SF-Klassiker, Kurzgeschichten