Die Flammen der Dunkelheit (Evelyne Okonnek)

Otherworld Verlag (Januar 2010)
Klappenbroschur, 351 Seiten, 14,95 €
ISBN: 978-3-8000-9509-4

Genre: Fantasy


Klappentext

Während die Sonne langsam erlischt, kämpfen die menschlichen Bewohner einer Insel um ihr Überleben und gegen das Erbe der einst von ihnen besiegten Dämonen. Nur Feuer, Dunkelheit und Schläue, drei Wanderer zwischen den Welten, können das Verhängnis noch aufhalten und die Verzweifelten vor dem Untergang bewahren. Wird die Prophezeiung sich erfüllen?


Rezension

Evelyne Okonnek studierte Germanistik und gewann mit ihrem Debütroman Die Tochter der Schlange den begehrten Wolfgang Hohlbein-Preis im Jahr 2006. Mit ihrem nunmehr dritten Werk bleibt die im Schwarzwald aufgewachsene Autorin dem Fantasy-Genre treu und bietet dem geneigten Leser eine Geschichte über Freundschaft, Manipulation und die Leidenschaft des Widerstandes.

>> Es gibt keine Sicherheit mehr, für niemanden, und das hat Spuren hinterlassen, in den Gesichtern und in den Herzen. Lachen, Freundschaft, Vertrauen gibt es schon lange nirgends mehr. Auch Respekt und Ehre sind verschwunden. Aber wer bin ich, ausgerechnet diesen Verlust zu beklagen! <<
aus dem Buch

Glic wird als Sohn eines Dämons geboren, in einer kalten, von einer Mondfinsternis verhangenen Nacht. Von seiner Mutter verstoßen; vom Vater bald darauf allein in dieser Welt zurückgelassen, lebt er ein einsames, isoliertes Leben und trifft in jungen Jahren auf den gleichaltrigen Dallachar. Von Beginn an fühlen sich die beiden Knaben eng verbunden, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Als der Königssohn Dallachar schließlich in Ungnade fällt, wachsen sie gemeinsam und versteckt in einem Kellerloch heran. Sie werden zu Männern, die Veränderungen erstreben; nicht wissend, dass sie Teil einer alten Prophezeiung sind ...

Dunkel und düster ist Evelyne Okonneks liebevoll ausgemalte Welt, die mystisch wirkt und fein gezeichnete Absonderlichkeiten zu bieten versteht. Der Himmel ist verdunkelt, der dauerhafte Regen unerträglich und die Trostlosigkeit der Menschen eine tiefsitzende, bittere Normalität geworden. In diesen grauen Tagen lernt der geneigte Leser die beiden Protagonisten Glic und Dallachar kennen. Hierbei setzt die Autorin in frühen Kindertagen an und lässt es sich nicht entgehen, bereits in den ersten Seiten Spannung aufzubauen und den Leser mit innovativen Details zu überraschen. Ein Umstand der die mit sich gebrachten Erwartungen zu schüren, dabei aber leider auch zu enttäuschen versteht. Denn der Beginn mag zwar stimmungsvoll und gut gelungen sein, doch Evelyne Okonnek drosselt die Lesegeschwindigkeit zu schnell wieder herab, um typisch mittelalterliche Einblicke in den Alltag der jungen Protagonisten einfließen zu lassen. Bedenkt man Hintergrund und Atmosphäre so mag das durchaus sinnvoll sein, doch dieses Wissen tröstet nur mäßig über die langatmigen Entwicklungen hinweg, die teilweise durch schnelle (sehr tiefsinnige) Szenenwechsel zusätzlich verwirren.

Etwas besser wird es, sobald man das erste Drittel des Romans überwunden und die beiden Jungen auch in einem reiferen Alter kennengelernt hat. Ab diesem Zeitpunkt beeindrucken ihre Entwicklungen immer wieder und vor allem Dallachar kann das Herz des Lesers schnell erweichen. Der Königssohn ist innerlich wunderbar zerrissen, dennoch aber Träumer genug, um sich in seinem Elend nicht selbst zu verlieren. Stattdessen begeistert er mit dramatischer Sehnsucht und bewegendem Schmerz, der sich bald in Wut wandelt und es ermöglicht, in Glic, seinem Freund und Weggefährten, einen sehr kontrastreichen Charakter zu sehen. Dieser bietet ein wunderbares Gegenstück zur allgemein düster ausgelegten Atmosphäre der Inselwelt, die Evelyne Okonnek vortrefflich auszumalen wusste. Gut platzierte Details überzeugen und berichten von der Notwendigkeit der Prophezeiung, deren Hintergründe nur langsam ausgemalt werden und überraschend sind. Einzelne, sehr positive Eindrücke hellen hierbei die Lesefreude immer wieder auf und auch die anfängliche Komplexibilität erhält ihren Sinn. In diesen Punkten hat die Autorin alles richtig gemacht und bewiesen, dass sie es sehr gut versteht, den vorhandenen Charakteren und der Umgebung ihren eigenen Charme zu verleihen.

Weit weniger gut gelungen ist hingegen die Handlung, die zwar, was die Idee anbelangt, gut gestaltet ist, jedoch keinerlei eigenen Rhythmus zu bieten hat. Denn der Großteil des Gelesenen wirkt zu willkürlich, um in weiterer Folge Spannung zu erzeugen und bleibt dabei, bis auf das Ende, hinter den gemachten Erwartungen zurück. Die letzten Seiten können diesen Eindruck zwar zerstreuen und machen ein versöhnliches Abschließen des Buches möglich, dennoch blickt man wehmütig auf das vorhandene Potenzial zurück. Evelyne Okonnek ist zweifellos eine Autorin mit wunderbar düsterer Kreativität, die es so leider viel zu wenig zu lesen gibt. Mit Die Flammen der Dunkelheit hat sie einen Nerv getroffen, der es dem Leser schwierig macht, wirkliche Kritikpunkte suchen zu wollen, die dennoch leider vorhanden sind. Mehr wäre möglich gewesen. Mehr Länge und mehr Mut zur Handlung.


Fazit

Leser, die düstere Fantasy bevorzugen und sich über ein (leider ein wenig zu) überschaubares Büchlein freuen, das zwar ein paar Schwächen aufweist, dabei jedoch sehr viel Besonderes zu bieten weiß, sind hier richtig. Schon zu Beginn wird man feststellen, dass die Autorin sich ein Herz für kleine Besonderheiten und sprachliche Höhepunkte gefasst hat und es versteht, ihre eigenen, vielversprechenden Wege zu gehen.


Pro und Kontra

+ wunderbarer Beginn
+ innovativ & tiefgründig
+ sehr interessante Charaktere
+ überraschende Wendungen
+ düstere, besondere Fantasy
+ sprachlich sehr ansprechend
+ sehr schöne Ideen

- zu kurz & willkürlich
- zu wenig Handlung
- verschenktes Potenzial

Bewertung:

Handlung: 2,5 / 5
Charaktere: 4 / 5
Lesespaß: 4 / 5
Preis/Leistung: 2,5 / 5