Verbrechen (Ferdinand von Schirach)

Verlag Piper, August 2009
HC, 205 Seiten, € 16,95
ISBN 978-3492053624

Genre: Belletristik


Klappentext

Ein angesehener, freundlicher Herr, Doktor der Medizin, erschlägt nach vierzig Ehejahren seine Frau mit einer Axt. Er zerlegt sie, bevor er schließlich die Polizei informiert. Sein Geständnis ist ebenso außergewöhnlich wie seine Strafe. Ein Mann raubt eine Bank aus, und so unglaublich das klingt: er hat gute Gründe. Gegen jede Wahrscheinlichkeit wird er von der Justiz an Leib und Seele gerettet. Eine junge Frau tötet ihren Bruder. Aus Liebe. Lauter unglaubliche Geschichten, doch sie sind wahr.


Der Autor

Ferdinand von Schirach, geboren 1964 in München, arbeitet seit 1994 als Anwalt und Strafverteidiger in Berlin. Zu seinen Mandanten gehörten das frühere Politbüro-Mitglied Günter Schabowski, der ehemalige BND Spion Norbert Juretzko, Industrielle, Prominente und Angehörige der Unterwelt.


Rezension

Wahr oder nicht wahr – ist das hier wirklich die Frage? Ferdinand von Schirach lässt uns an einer ausgewählten Anzahl seiner Fälle teilhaben. Sie sind mit Sicherheit alle spannend, aufrührend und publikumswirksam gewesen, nur leider schafft er es nicht, sie auch im Buch spannend zu gestalten. Die Storys sind meistens langweilig geschrieben oder schlecht erzählt. Eine Anhäufung von Tatsachen macht noch keinen guten Erzählstil oder eine packende Story aus. Dann doch lieber die fiktiven Storys, die sind wenigstens packend. Aber sollten diese Geschichten wirklich wahr sein, dann wirft die ein oder andere Story schon ein schlechtes Licht auf die deutsche Gesetzgebung.

Eigentlich war der Täter aus der ersten Geschichte ein wahrer Held – oder ein großer Feigling. Wie kann man nur solange mit so einer Frau zusammenleben und dann nichts dagegen unternehmen. Nur wegen eines Versprechens? Manchmal werden Versprechen doch zu hoch bewertet, sie implizieren nicht lebenslanges Leid. Hätte er seine Gefühle nicht anders abreagieren können, als sie zu zerstückeln? Überhaupt werden in diesem Buch Leichen gerne zerstückelt, mit der Axt oder der Säge – aber alle tauchen wieder auf. Natürlich sind solche Fälle besonders schockierend, die Anhäufung allerdings unrealistisch. Oder ist es doch eine beliebte Art, Leichen verschwinden zu lassen?

Schockierend ist auch der Fall, bei dem der Mann seinen Namen nicht nennt. Wie ist sowas in Deutschland nur möglich? Wie kann ein Mann inhaftiert werden, ohne seine Identität auch nur annähernd klären zu können? Ein Auftragskiller? Und gibt es wirklich Kanzleien, die so jemanden vertreten und einen Anwalt einschalten, um die Identität zu schützen? Nach der Lektüre hat man noch eine Menge Fragen, nicht alle Fälle werden zur Zufriedenheit geklärt.

Von Schirach beschreibt eine ganze Bandbreite der menschlichen Abgründe. Er gewährt uns Einblicke in soziale Abgründe und familiäre Desaster. Eine kaputte Psyche oder verlorene Seelen sind unabdingbar, um auf die falsche Seite des Gesetzes zu gelangen. Aber es gibt auch die andere Seite, bei der man Mitleid mit dem Täter hat und seine Tat nachvollziehen kann. Manchmal wünscht man sich dann schon einen Freispruch. Natürlich dürfen auch die trotteligen Handlanger nicht fehlen, die unbedarft und dümmlich in jede Falle rennen und ihrem Intelligenzquotient alle Ehre erweisen. Leider klingt das Ganze aber dann doch zu sehr nach Selbstbeweihräucherung, von Schirach fehlt hier der objektive Blickwinkel. Immer ist er der Held und bringt als Anwalt oft den entscheidenden Hinweis, der über Gefängnis oder Freispruch entscheidet.


Fazit

Ein Buch, auf das man auch gut verzichten kann. Es hat Potential, nur leider ist der Autor unfähig, es zu nutzen. Dann doch lieber etwas Fiktives, dafür aber mit Spannung. Der Preis mag auch noch abschrecken, er ist schon reichlich hoch für die paar Seiten.


Pro und Contra

+ interessante Fälle
+ wahre Begebenheiten

o langweiliger Erzählstil

- vieles unglaubwürdig
- Anhäufung von Tatsachen
- der Anwalt jedes Mal viel zu gut

Wertung:

Handlung: 2/5
Charaktere: 2/5
Lesespaß: 2/5
Preis/Leistung: 2/5