Schattenwanderer - Die Chroniken von Siala (Alexey Pehov)

Piper Verlag GmbH
Broschiert: 480 Seiten, 16,95 €
ISBN-13: 978-3492701860

Genre: Fantasy


Klappentext

Der Millionenbestseller aus Russland!

Nach Jahrhunderten des Friedens ist der namenlose Schrecken erwacht. Giganten, Oger und andere unheilvolle Kreaturen der Öden Lande formieren sich zu einer grausamen Armee. Erstmals unter dem gemeinsamen schwarzen Banner. Erstmals vereint im Sturm auf die Stadt Awendum … Nur der Meisterdieb und Schattenwanderer Garret kann sie noch aufhalten. An der Seite einer Elfenprinzessin und der zehn unerbittlichsten Kämpfer des Königreichs zieht Garret in einen Kampf, der die Welt verändern wird.


Rezension

Unheilvolle Kreaturen, ein namenloser Schrecken, ein Meisterdieb, eine Elfenprinzessin, unerbittliche Kämpfer und ein Kampf, der die Welt verändern wird. Liest man den Klappentext, meint man „Schattenwanderer“ schon zu kennen, verwenden doch viele Fantasyromane dieses Grundgerüst in irgendeiner Form. Teilweise entstehen dadurch beliebige Romane, die nur anhand der Namen auseinander gehalten werden können. Bei „Schattenwanderer“ von Alexey Pehov liegt der Fall zur Freude des Lesers glücklicherweise anders. Er schafft es durch Variation von Geschichte und bekannten Elementen wie Völkereigenschaften und handelnden Personen ein eigenes unterhaltsames Universum zu kreieren, das so noch nicht in Erscheinung getreten ist.
Sicher gibt es Elfen, Dunkelelfen und Orks. Ebenso bedient sich Pehov der Zwerge, Gnome und Kobolde. Doch wo andere aufhören, dreht Pehov noch auf und packt Dämonen, Feen und allerlei andere Fantasywesen dazu. Aus jedem Genre der fantastischen Literatur scheint er Ideen und Inspiration zu ziehen. Einzig Vampire sind zumindest in „Schattenwanderer“, dem ersten Band der Chroniken von Siala, ein Gerücht. Als Leser schmunzelt man unweigerlich, wenn Garret, Meisterdieb und Hauptperson, sie als Legende abtut, lebt er doch in einer Welt, in der fast sämtliche mythischen Wesen Realität geworden sind.
Ansonsten fügt Pehov den bekannten Wesen neue Aspekte hinzu und entfernt allzu eingeschliffene Vorstellungen. Seine Dunkelelfen sind nicht böse, die des Lichtes nicht zwangsläufig gut. Der Unterschied der beiden Völker ist nur in ihrer Magieanwendung begründet. Die einen folgen dem Schamanismus, die anderen der akademischen Sichtweise der Menschen. Dazu sind sie nicht schön, sondern eher, wie man sich einen Ork nach einer Schönheitsoperation vorstellt. A propos Orks, auch bei Pehov sind sie die Antagonisten, allerdings nicht, weil sie dumm und abgrundtief böse sind. Hier sind sie die Ersten, nicht die Elfen, und wollen aus Hochmut die anderen Völker vertreiben. 
So finden sich in „Schattenwanderer“ für so gut wie jedes klassische Fantasyvolk neue Ideen und Ansätze. Der Roman wirkt allein dadurch erfrischend anders und unterhaltsam. 

„Und wo?“ …
„Im alten Turm des Ordens.“
„Und wo ist der?“ Arziwus musste man die Würmer einzeln aus der Nase ziehen.
„Irgendwo im Geschlossenen Viertel.“
Da begriff ich mit aller Klarheit, dass ich in der Falle saß.


Sein großer Pluspunkt ist aber sein Protagonist. Garret, der Meisterdieb. Erzähler und Kommentator der Geschichte. Aus seiner Sicht erlebt der Leser die Geschehnisse und wird mit ihm von der Seite eins an in ein wildes Abenteuer geworfen. Anfangs ist alles noch nebulös und undurchsichtig, aber eins ist klar: Einfach wird es für Garret nicht werden, diese Tour de Force mit heiler Haut zu überstehen.
Am Anfang spricht alles für einen Routineauftrag, den Garret im Palast eines Fürsten ausführen soll. Als sich dies als schwieriger herausstellt als gedacht und mit einem Toten endet, kommt Garret ins Grübeln und fürchtet das Schlimmste. Doch die wahren Ausmaße, der auf ihn wartenden Katastrophe, kann er nicht erahnen. Und so landen schlussendlich, alle Personen mit denen man als Meisterdieb am Liebsten nichts zu tun hat, bei ihm. Sei es das Magieroberhaupt, der Kommandant der Stadtwache, eine Elfenprinzessin, der König oder sogar Dämonen. Alle setzen Garret unter Druck und egal was er tut, er ist immer mindestens in Lebensgefahr. So tut Garret das Einzige, das ihm noch übrig bleibt. Er verlegt sich darauf alles mit bissigen, sarkastischen Kommentaren zu begleiten, die nie aufgesetzt wirken, sondern einfach zu einem Meisterdieb in Garrets Situation passen. Abgesehen davon, hat er noch so manches Ass im Ärmel, welches er sich teilweise bei einem Zwergenhändler für Magie besorgt. Glücklicherweise wandelt sich Garrets Charakter im Lauf der Geschichte nicht. Er mutiert nicht plötzlich zum großen Helden, der für das Gute streiten will. Im Gegenteil er ist einfach nur ein Dieb, der einen Auftrag hat, den er möglichst schnell beenden will. Pehov stellt seinen Meisterdieb als Schlitzohr dar, macht aber nicht den Fehler ihn als übermächtig und als den Klügsten zu präsentieren. Er wird genauso reingelegt, wie so gut wie jeder andere in „Schattenwanderer“. Dadurch erhält er die Sympathie des Lesers, die er zwangsläufig benötigt, ist das Buch doch aus der Ich-Perspektive geschrieben. 
Nur um die Geschichte mit Hintergrund zu füllen und weiter voranzutreiben, verlässt Pehov seine Rolle und bindet geschickt die Vergangenheit Awendums in die laufende Erzählung ein. Diese endet übrigens schon kurz nach dem Verlassen der Stadt und ist damit eigentlich nur eine große Einführung in die Geschichte, lässt aber einen mehr als gespannten Leser zurück. Band zwei Der Chroniken von Siala kann man gar nicht schnell genug in Angriff nehmen.

Soweit ich mich erinnere, hatte es dergleichen nie zuvor gegeben: Der Orden erkannte die Hilfe eines Menschen an und bedankte sich sogar dafür. Damit war der letzte Zweifel ausgeräumt: Die Welt trieb auf einen Abgrund zu, der Himmel würde auf uns fallen und mein Lieblingshühnerauge zerquetschen.

Alexey Pehovs Schreibstil ist die ganze Zeit locker und unterhaltsam, mit wenigen Worten erschafft er Atmosphäre und Umgebung und gibt der Phantasie des Lesers immer wieder Anhaltspunkte. Kombiniert mit dem vorhandenen Humor, der aber nie die Oberhand gewinnt, wird man durch das Buch getragen und hat es ausgelesen, bevor man es richtig merkt. Der einzige Vorwurf, den man dem Buch machen kann.


Fazit

„Schattenwanderer“ ist eine Einführung in die Welt Sialas und ihrer Geschichte. Aber was für eine! Selten ist der Auftakt einer Fantasyreihe schon so spannend und unterhaltsam. Eindeutige Leseempfehlung, sofern man mit schwarzem Humor etwas anfangen kann.


Pro & Contra

+ Garret 
+ Garrets „Gast“ Walder
+ der schwarzer Humor Garrets
+ farbenfrohe Fantasywelt in der alles möglich scheint
+ äußerst gelungenes Cover, das zum Inhalt passt

Bewertung:

Charaktere: 5/5
Handlung: 4,5/5
Lesespaß: 4,5/5
Preis/Leistung: 4/5


Interview mit Alexey Pehov (August 2017)

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