Spiel der Teufel (Andreas Franz)

Verlagsgruppe Droemer Knaur
Fester Einband, 496 Seiten - 16.95 EUR
ISBN: 9783426662991
Apr. 2008, 1. Auflage

Genre: Krimi


Rezension

Der Kieler Kommissar Sören Hennig und seine Kollegin Lisa Santos sind fassungslos: Ihr Freund und Kollege Gerd Wegner soll sich umgebracht haben! Auch dessen Frau kann nicht glauben, dass ihr Mann Selbstmord begangen hat.

Sören und Lisa beginnen zu ermitteln. Sehr schnell kommen sie zu dem Schluss, dass Wegner beileibe nicht den Freitod gewählt hat, sondern auf brutale Weise ermordet wurde. Wer aber könnte ein Interesse daran haben, den gewissenhaften Polizisten umzubringen? Und was hat sein Tod mit der jungen Frau zu tun, deren Leiche man kurz darauf aus der Kieler Förde fischt und bei der es sich offenbar um eine Auftragskillerin handelt? Wegner ist mit seinen verdeckten Ermittlungen anscheinend ins Visier der internationalen Organmafia geraten. Bald wird deutlich, dass die Spur in den Osten führt – und dass einige bedeutende Mitglieder der besseren Kieler Gesellschaft involviert sind. Als sich das LKA einschaltet, ist endgültig klar, dass die beiden Polizisten in ein Wespennest gestochen haben …

Meinung:
Das Ermittlerteam Sören Henning und Lisa Santos (Halbspanierin) – auch privat ein Paar, aber heimlich, damit sie weiter zusammenarbeiten können – haben es mit einem besonders perfiden Fall zu tun, der durch den Tod ihres Kollegen Gerd Wegner ins Rollen kommt.
Wegner soll Selbstmord begangen haben, doch sowohl seine junge russische Frau Nina, noch seine Kollegen glauben das, da Gerd Wegner – außer dem Unfalltod der kleinen Tochter Rosanna – als sehr glücklich verheiratet galt.

Was Sören und Lisa jedoch sofort zu Anfang der Ermittlungen auffällt, ist die Tatsache, dass ihr Kollege und Freund einen ziemlich kostspieligen Lebenswandel geführt hat. Zu kostspielig, um es von seinem Gehalt zu bezahlen, so wird schnell die Frage laut, wodurch er sich seine Luxusgüter, wie Haus, teuren Wagen, Schmuck finanziert hat und ob er bestechlich gewesen sei. Letzteres können sich die Kollegen nicht vorstellen, da Wegner als durch und durch integer galt.

Konrad, ein Kollege des KDD (zwielichtiger Charakter, korrupt, brutal, schmierig) hatte den letzten Einsatz mit Wegner, dessen Autopsie eindeutig ergibt, dass er ermordet wurde – ebenso wird festgestellt, dass Wegner kurz vor seinem Tod noch Sex hatte, was seine Ehe in einem nicht mehr so strahlenden Licht erscheinen lässt, da es seine Frau, die zu dem Zeitpunkt in einer anderen Stadt weilte, nicht gewesen sein konnte.
Sören und Lisa fragen sich immer mehr, ob sie Gerd Wegner wirklich gekannt haben oder ob dieser ein Doppelleben geführt hat. Das wiederum zieht die nächste Überlegung nach, in was der Kollege verwickelt war und ob der Unfalltod seiner kleinen Tochter, tatsächlich ein solcher oder vielleicht eine Warnung war.
Dann nimmt eine geheimnisvolle Frau mit Sören und Lisa Kontakt auf und behauptet mit Gerd Wegner in Verbindung gestanden zu haben und mehr zu wissen ...

Schnell wird dem Leser bewusst, um was es sich in dem Fall handelt: Organhandel in großem Stil und mit sehr brutalen Mitteln. Drahtzieher und Nutznießer sind hohe Tiere aus dem Baltikum und Reiche, die sich eine neue Leber oder ein neues Herz kaufen, wie andere ein Paar Schuhe. Dass dabei die Leben der unfreiwilligen „Spender“ geopfert werden, wird mit einer zynischen Doppelmoral begründet.
Mastermind dieser unmenschlichen Maschinerie ist Lew Luschenko (Multimilliadär und ehemals ranghohes Mitglied im KGB und FSB).

Das „Geschäft“ boomt und in die Fänge der „Firma“ geraten immer mehr Menschen tiefer hinein.
So auch Prof. Lennart Loose, Klinikleiter und einer der besten, wenn nicht bester Herzspezialist Deutschlands (verheiratet, zwei Kinder) wird von zwei Russen (Igor und Elena) erpresst, die für die „Firma“ arbeiten, für die große Organisation illegale Organtransplatationen durchzuführen.
Es wird auch erkennbar, dass Luschenkos Beziehungen bis in das Polizeipräsidium reichen. Auch, dass Gerd Wegner als Doppelagent gearbeitet hat – allerdings um gegen die „Transplantation-Mafia“ vorzugehen und Beweismaterial zu sammeln. Zu dem Zweck hat er sich in die Organisation schleusen und nach außen hin „bestechen“ lassen – was ihm wohl zum Verhängnis wurde.

Trotz des schnell erkennbaren Kurses, den die Handlung nimmt, gelingt es Andreas Franz die Spannung zu halten, stringent zu steigern und im Schlussakkord noch eine kleine Überraschung einzustreuen, sodass dem Leser spannende Krimikost – mit Blick in tiefe menschliche Abgründe – geboten wird.

Einzige kleine Mankos: Der Autor betitelt seine Antagonisten wie Sören Henning und Lisa Santos beim Nachnamen, das schafft eine gewisse Distanz zum Leser.
Und das Lektorat ist nicht völlig optimal. So wird z.B. „Gerd“ (der tote Wegner) auf Seite 161 von einem Kollegen der Vogel gezeigt – anstatt korrekt Sören Henning, der in der Szene agiert.

Die Aufmachung des Hardcovers ist erstklassig, das Covermotiv sehr zurückhaltend und nicht auf den Plot bezogen. Was auf der einen Seite angenehm niveauvoll ausfällt, auf der anderen Seite aber vielleicht einen zusätzlichen Kaufmagnet verschenkt. Aber der Autor dürfte darauf ohnehin nicht mehr angewiesen sein.
So lässt „Spiel der Teufel“ das Gefühl eines absolut gelungenen Lesevergnügens in einem zurück und macht Lust auf mehr Krimis des Autors.

Ich möchte mit den Worten von Andreas Franz enden, weil sie so treffend sind: „Den Teufel erkennt man erst, wenn man ihm die Hand gibt und er sie nicht mehr loslässt“.


Fazit

Souverän und flott geschriebener Kriminalroman, der ein Thema beinhaltet, das zum Nachdenken anregt und Einblick in die dunklen Seiten der menschlichen Seele erlaubt. Unbedingt empfehlenswert



05. Feb. 2009 - Alisha Bionda