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Ausblick auf das Bücherjahr 2019

Liebe LeserInnen,

wie bereits angekündigt, kommt hier ein kleiner Ausblick auf das Jahr 2019 beziehungsweise die erste Hälfte davon. Nachdem ich in den letzten Jahren irgendwie immer weniger gelesen habe, ging es 2018 endlich wieder bergauf und es gibt in den Vorschauen ein paar Titel, auf die ich mich richtig freue:

 miami punk"Miami Punk" von Juan S. Guse (Februar 2019)

Diesen Titel hätte ich beinahe in der Vorschau übersehen, da wir auf der Frankfurter Buchmesse nur auf das phantastische Programm von Fischer geschaut haben - dabei ist "Miami Punk" mit seinem dystopischen Setting, in dem sich der Atlantik plötzlich von der amerkanischen Küste zurückzieht und eine Wüste aus rostenden Kreuzfahrtschiffen hinterlässt, durchaus phantastisch. In Miami liegt die Tourismusbranche brach und auch in der Werbeindustrie ist nichts mehr zu verdienen. Mitten in diesem düstere Szenario: eine Indie-Game-Programmiererin, eine strauchelnde Arbeiterfamilie, eine junge Soziologin und ein E-Sports-Team aus Wuppertal - ähm, was? Wuppertal? Ja, richtig gelesen. Klingt seltsam und deshalb interessant. Und klingt alles ein bisschen nach Cyberpunk und Gesellschaftskritik, wie auch die kurze Verlagszusammenfassung vermuten lässt: "»Miami Punk« ist ein Roman über die Bedeutung von Arbeit, über Herrschaft und Macht und über einsame Nächte vor dem Computer." Auf dieses Buch bin ich wirklich wahnsinnig gespannt!

stadt der symbionten"Die Stadt der Symbionten" von James A. Sullivan (April 2019)

Bereits die beiden Space Operas "Chrysaor" und "Die Granden von Pandaros" haben mich gut unterhalten und ich lese den charakterorientierten, lockeren Stil von James A. Sullivan sehr gern - und ich liebe urbane Settings mit Cyberpunkelementen, was "Die Stadt der Symbionten" offenbar zu bieten hat. Nach einer Alieninvasion leben die letzten Menschen in Jaskandris, einer Kuppelstadt in der Antarktis, die von KI verwaltet wird. Menschen und Maschinen sind eine Symbiose eingegangen und so kann Protagonist Gamil Dellbridge gedanklich mit den KIs kommunizieren. Eines Tages mischt sich ein seltsames Signal in den Datenstrom und stellt Gamils Welt auf den Kopf. Das Cover sieht schon mal großartig aus und mich reizt insbesondere das Interface zwischen Mensch und Maschine beziehugsweise die Umsetzung davon. Auch das Setting in der Antartkis ist spannend, allerdings muss ich bei 672 Seiten erstmal durchschnaufen. Ich bin kein Fan von allzu langen Romanen, aber "Die Granden von Pandaros" hatte ich trotzdem schnell durch, insofern wird das hoffentlich passen.

"Gold und Schatten" von Kira Licht (Februar 2019)

Eigentlich fasse ich Jugendbücher, deren Klappentext mit dem Alter der Protagonistin beginnt, nur ungern an, da sich dahinter meist der übliche Kitsch verbirgt - eine Ausnahem stellt "Memento" von Julianna Baggott dar, eine Trilogie, die mich schwer begeistert hat. Bei "Gold und Schatten" fasziniert mich, dass Protagonistin Livia die Stimmen von Pflanzen hören kann. Ein Konzept, aus dem man sehr viel machen kann und ich hoffe sehr, dass die Pflanzen auch etwas Sinnvolles zu sagen haben. Natürlich gibt es auch einen düsteren, geheimnisvollen jungen Mann, wobei Hadessohn Maél durchaus interessant erscheint. Die griechische Götterwelt hat ohnehin ihren Reiz, auch wenn mich die meisten Titel dieser Art bisher nicht angesprochen haben. "Gold und Schatten" hat auf jeden Fall was und ich freue mich darauf, herauszufinden, ob der erste Eindruck täuscht oder ob uns Kira Licht endlich mal wieder ein originelles Jugendbuch präsentiert.

"Nekkiri - Die Essenz der Magie" von Alex Kühnert (März 2019)

Wo wir schon beim Thema Pflanzen sind: In "Nekkiri" wird Magie aus Pflanzen gewonnen und bei einer solchen Konstellation werde ich immer hellhörig. Zudem durfte ich erst kürzlich ein Interview mit Alex Kühnert führen, dessen Antworten mein Interesse an seinem neuen Roman verstärkt haben. Der Weltentwurf klingt spannend und Nekkiri könnte eine ungemein liebenswerte Protagonistin sein, die hartnäckig ihre Ziele verfolgt. Ihre Welt wird von sechs Göttern geträumt und die Magie stammt von riesigen, denkenden Pflanzen, die mit den Träumern in Verbindung stehen. Ich hatte den Eindruck, dass sich der Autor sehr viele Gedanken um sein Setting gemacht hat und ich freue mich darauf, herauszufinden, ob die Welt wirklich mit so vielen tollen Details aufwartet wie erhofft - und dass der Roman tatsächlich im März erscheint, denn er wurde schon einmal verschoben.

Das wären erstmal die wichtigsten Bücher, die ich den kommenden Monaten unbedingt lesen will. Dazu kommen einige Fortsetzungen wie der dritte "FAAR"-Band von Christian Günther und der zweite Band der "13 Gezeichneten" von Judith und Christian Vogt. Und gerade bei den kleineren Verlagen reichen die Vorschauen noch nicht so weit voraus, sodass hier sicher noch einige spannende Titel auftauchen werden. 

Viele Grüße von Eurer

- Judith 

Judiths Jahreshighlights 2018

Hallo zusammen,

da ich meine jeweiligen Lieblingsbücher aus einem Jahr meistens in den Geschenktipps vorschlage, verzichte ich oft auf einen gesonderten Jahresrückblick. Während ich in den letzten Jahren irgendwie selten das Vergnügen hatte, etwas wirklich Außergewöhnliches und Begeisterndes zu lesen, gab es in diesem Jahr gleich mehrere Bücher, die ich verschlungen habe - und meinen beiden Lieblingen wollte ich einen Extrabeitrag widmen:

"Autonom" von Annlee Newitz

Unter dem Klappentext wird Neal Stephenson zitiert, der "Autonom" mit "Neuromancer" von William Gibson vergleicht, meinem Lieblingsbuch seit vielen Jahren. Entsprechend bin ich sehr kritisch an Annalee Newitz' Roman herangegangen, da solche Zitate meist aus dem Zusammenhang gerissen sind und sehr dick auftragen. Aber das Zitat hat mich auch neugierig gemacht und ich stellte überrascht fest, dass ich die ersten hundert Seiten genüsslich verschlang, ebenso wie den Rest des Buches. Und nein - ich würde nicht so weit gehen, die Bedeutung von "Autonom" mit der von "Neuromancer" gleichzusetzen. Dennoch ist Annalee Newitz ein ganz außergewöhnlicher und auf eine positiv schrullige Art extrem unterhaltsamer Roman gelungen, der Themen des Cyberpunk aufgreift und sie in einer Art utopischer Dystopie umsetzt. "Autonom" fehlt der Dreck und die neonschimmernde Düsternis des Cyberpunk, wartet dafür aber mit spannenden Konzepten bezüglich der Zukunft des Internets, den Möglichkeiten der Biotechnologie und der Interaktion zwischen Menschen und Künstlichen Intelligenzen auf. Der Schreibstil ist amüsant, punktet mit seinem eigenwilligen Humor und ist so klar und präzise, wie man es sich vom Cyberpunk wünscht. Auch wenn nicht alle Charaktere überzeugen, so hat "Autonom" mit der Patentpiraten Jack und der Militär-KI Paladin zwei sehr einprägsame Figuren, die man nicht so schnell vergisst.

Roma Nova"Roma Nova" von Judith C. Vogt

"Roma Nova" setzt das römische Imperium in den Kontext einer wilden Space Opera, was erst einmal ziemlich absurd klingt. Als Leser erwartet man, dass das entweder total in die Hose geht und einfach grandios wird. Da ich den Roman als Jahreshighlight aufführe, dürfte klar sein: Er ist nicht in die Hose gegangen. Aber manchmal ziemlich unter die Gürtellinie. Denn die Welt von "Roma Nova" ist brutal und düster, die Sprache entsprechend derb und dreckig und einfach herrlich zu lesen. Trotz futuristischer Technologien steckt Rom in punkto Gesellschaft noch in der Antike fest. Es gibt die reichen Patrizier, das normale Volk und natürlich jede Menge Sklaven, deren Menschenwürde mit Füßen getreten wird. Und natürlich gibt es blutige Gladiatorekämpfe zur Belustigung des Volkes, das jubelt und vor Freude schreit, wenn sich die Kämpfer in der Arena in Stücke reißen. Wenige auserwählte Gladiatoren erhalten ein sogenanntes göttliches Herz, eine Maschine, die ihnen übermenschliche Kräfte verleiht - und sie kontrollierbar macht. Rom ist nicht nur eine riesige Stadt, sondern ein ganzer Planet, auf dem die Gebäude übereinander wuchern. Hier trifft die Antike auf den Cyberpunk und Judith Vogt inszeniert ihr Rom so düster und dreckig, dass sich die Bilder aus den Tiefen der Stadt regelrecht einbrennen. Der Stadtplanet wird einzig vom Hades übertroffen, einem Schwarzen Loch, das finstere Kreaturen gebiert. Das Setting von "Roma Nova" ist einfach außergewöhnlich, für manchen vielleicht zu speziell und bizarr, aber ich für meinen Teil habe mich sehr über den Mut zum Außergewöhnlichen gefreut. Und wie man es von Judith Vogt kennt, wartet auch "Roma Nova" mit kantigen Charakteren auf, die Fehler machen und deren Sehnsüchte und Hoffnungen für den Leser greifbar sind. Sie erscheinen durch und durch menschlich und die Handlung wird von ihren Entscheidungen getragen, sodass man immer wieder auch überrascht wird.

Beide Bücher haben einen besonderen Platz in meinen Regalen, denn beide haben eindrucksvolle Bilder in meiner Erinnerung hinterlassen und insbesondere bei "Roma Nova" würde ich mich sehr über weitere Romane freuen, da dieses Setting unbedingt weiter ausgebaut werden sollte.

Zumindest lesetechnisch hält 2019 bereits ein paar Bücher bereit, auf die ich mich richtig freue - demnächst erzähle ich Euch mehr davon ;)

Ich wünsche Euch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Viele Grüße

- Judith

Messebericht: Phantastika (20. & 21. 2018, Station Berlin)

Dieses Jahr fand die Phantastika in Berlin statt. In zwei an die ComicCon angeschlossenen Hallen präsentierten sich viele engagierte Kleinverleger und ein beeindruckendes Autorenaufgebot. Es lasen Stars der Szene wie Bernhard Hennen und Kai Meyer, aber auch zwar etablierte, aber noch etwas unbekanntere Autor*innen wie zum Beispiel Sonja Rüther oder Ju Honisch.

Natürlich habe ich mir auch die ComicCon angeschaut, schließlich gab es nur kombinierte Tickets für beide Veranstaltungen. In den Haupthallen, wo es Merchandise in Hülle und Fülle, Signiernische und Angebote wie einen Ritt auf einem bockenden Besen gab, ging es eng und wuselig zu. Dagegen war es möglich, in einer benachbarten Halle entspannt durch die „Artist Alley“ zu schlendern und sich die in den verschiedensten Stilen gehaltenen Bilder der Künster*innen anzuschauen. Hier begegnete mir unter anderem Mary Cronos, die nicht nur Autorin, sondern auch Künstlerin ist. Sie erzählte mir, dass sie für ihre fotorealistischen Zeichnungen manchmal Wochen braucht. Außerdem traf ich da Ann-Kathrin Karschnick, die ihren Tisch bereits gebucht hatte, bevor die Kooperation zwischen Phantastika und ComicCon angekündigt wurde.

In den eigentlichen Phantastika-Räumen waren neben zwei Bühnen, Ständen mit phantastisch inspiriertem Schmuck und einer Signiermeile viele Stände von kleinen Verlagen aufgebaut. Lysandra, Art Skript Phantastik, Talawah, Eisermann, Amrûn, DichtFest, Verlag in Farbe und Bunt, Wölfchen, Quindie, die Hörspiel-Gemeinschaft und andere präsentierten sich hier und taten ihr Bestes, um Besucherblicke zu fangen. So machte zum Beispiel Sandra Florean („Die Seelenspringerin“) mit einem thematisch passenden Einhorn-Haarreif auf die „U-Files“-Anthologie aufmerksam.

Leider blieb der Periplaneta-Stand, wo ich an diesem Wochenende ausgeholfen/mitausgestellt habe, spärlich besucht, selbst nachdem ich ihn mit einem Plüsch-Schnabeltier (abgeschaut von Standnachbar und „Erellgorh“-Autor Matthias Teutsch, der ein großes Frettchen dabeihatte) und Süßigkeiten aufgerüstet habe. Auch an anderen Ständen ging es eher ruhig zu. Und auf der großen Bühne am anderen Ende der Halle lasen selbst die großen Namen der deutschen Phantastik vor überraschend dünn besetzten Sitzreihen.

Womöglich waren die nur an Literatur interessierten Fans abgeschreckt von den hohen Eintrittspreisen und dem Gedränge am Eingang der ComicCon, die zahlreiche Film- und Serienstars eingeladen hatte. Die Besucher, die primär wegen der ComicCon da waren, sich aber auch in Halle 8 verirrten, warfen meist eher flüchtige Blicke auf das Angebot der Verlagsstände.

Der Vorteil des eher spärlichen Betriebs: Ich hatte viel Gelegenheit, mich zu unterhalten. Ich habe einen Blick in „The Steampunk’s Guide to Hunting Monsters“ geworfen, ein aufwendig bebildertes Buch, das nach erfolgreichem Crowd-Funding beim Lysandra-Verlag erschienen ist, habe mich mit Claudia Rapp und Fabian Dombrowski unterhalten, die den Amrûn-Stand betreuten, Grit Richter von Art Skript Phantastik einen Besuch abgestattet und mit Bernhard Hennen über den Einfluss von Unsterblichkeit auf historische Entwicklungen und Anspielungen in den Elfenromanen geplaudert. Tobias Eisermann versorgte den Rest von Halle 8 großzügig mit Kaffee und Tee.

Bei der Preisverleihung für den DPP war ich nicht dabei, aber die Lesungen, in die ich reinhören konnte, haben mir gut gefallen. Mir ist die Phantastika als ein schönes Socialising-Event für Autoren und Kleinverleger im Gedächtnis geblieben. Ich habe viele Bekannte wiedergetroffen, und wahrscheinlich war ich nicht der einzige Gast, der dem eher ruhigen Betrieb ein längeres Gespräch mit einem Autor oder einer Autorin verdankt, der/die im Trubel einer normal besuchten Messe wahrscheinlich nicht die Zeit dafür gefunden hätte. Und hinter einem Stand Sitzen macht gleich mehr Spaß, wenn Leute in aufwendigen Cosplays vorbeikommen.

Dennoch haben mir die Verkäufer und Autor*innen, die teilweise viel Zeit und Aufwand investiert haben, um zur Phantastika zu kommen, angesichts der mageren Besucherzahlen ein wenig leidgetan. Ich habe mich sehr gefreut, dass die Phantastika dieses Jahr nach Berlin gekommen ist, aber vielleicht ist die kleine Messe auf eigenen Füßen doch besser aufgehoben als in Kooperation mit der ComicCon, da die Überschneidungen zwischen Serien- und Comic-Fans und Fans phantastischer Literatur doch nicht so groß zu sein scheinen, wie ich erstmal gedacht habe.

Viele Grüße von Eurer

Swantje

fbm18 - Think Ursula! Oder nicht? (12.10.2018)

Hallo zusammen,

heyne fbm18der zweite Messetag begann für mich mit einiger Verzögerung, da mein ohnehin verspäteter Zug ca. 10 Minuten von Frankfurt einfach stehen blieb und untersucht werden musste, sodass ich über eine Stunde Verspätung hatte … den ersten Termin bei Droemer Knaur habe ich daher verpasst. Aber Eva Bergschneider von phantastisch-lesen.com war da, genauso wie bei unseren anderen Terminen. Denn der Freitag stand bei mir ganz im Zeichen der Phantastik.

Entsprechend konzentrierten wir uns bei Heyne auf die Science-Fiction- und Fantasy-Titel (während Jessica durch die Roman- und Thrillervorschau blätterte / die haben jetzt übrigens auch Bäume (siehe rechts), allerdings nicht so schöne wie der von Lübbe). Bei zwei Neuerscheinungen, die erst im nächsten Sommer kommen, habe ich mir ein Ausrufezeichen hingemalt, die da wären: „Robo Sapiens“ von C. Robert Cargill, eine gesellschaftskritische Zukunftsvision, in der es nicht etwa den typischen Konflikt zwischen Mensch und Roboter gibt, sondern zwischen Roboter und Roboter. Herausgestochen ist für mich auch „Die Siliziuminsel“ vom chinesischen Autor Chen Qiufan, der sich mit der Frage, was aus unserem ganzen Müll werden soll, beschäftigt. Für unsere Fantasyfans könnte die „Königsfall“-Trilogie von Jeff Wheeler interessant sein. Das Besondere daran: Man muss nicht lange auf die Fortsetzungen warten, sie erscheinen im Zwei-Monats-Rhythmus.

Den frühen Nachmittag verbrachte ich mit mehreren Autoren und gönnte mir zuerst mit James Sullivan Pommes (mit Bratensoße bei mir, Western Style bei ihm) – auf den Pizzastand mussten wir ja leider verzichten. Nachdem sich ein Vortrag als schnöde Fragestunde entpuppt hatte, stieß seine bezaubernde Frau Heike zu uns, sowie Judith und Christian Vogt, die sich ein wenig Zeit freischaufeln konnten. In kleiner Runde verbrachten wir den Nachmittag unter Bäumen (siehe Foto). Für mich der schönste Moment auf der Messe, weil mit anderen Phantasten quatschen können immer schön ist und ich nirgendwo hinrennen musste. Marie Mönkemeyer von den Teilzeithelden schaute auch noch kurz vorbei und twitterte abends fleißig über „Think Ursula“ (dazu kommen wir später).

sullivan und voegte fbm18In den vollen Gängen von Halle 3.0 traf ich mich noch mit Sefanie Mühlsteph, die mit „Game Over – You’re Lost“ gerade einen eSports-Thriller veröffentlicht hat – und gerne Rezepte aus Mangas nachkocht. Kira Licht, von der im Februar „Goldschatten“ erscheint, kam auch noch dazu – und andere Leute, die ich nicht kenne, aber das ist auf der Buchmesse normal. Ich habe auch gestern von einer netten Autorin einen Glückskeks geschenkt bekommen, habe sie aber noch nicht erwähnt, weil ich mir ihren Namen nicht gemerkt habe. Ich bin davon ausgegangen, dass Jessica sie kannte, aber Pustekuchen – also, unbekannterweise, danke für den Keks!

Bei Fischer TOR, deren erste Programme wirklich gelungen waren, gibt es leider wenige neue Titel und wie bereits im aktuellen Herbstprogramm vermisst man Originelles wie die Romane von Becky Chambers oder Annalee Newitz. Dennoch seien hier drei Neuerscheinungen erwähnt, die ihr euch anschauen solltet: Andreas Eschbach wagt sich an einen großen „Perry Rhodan“-Roman, der vor Beginn der Reihe spielt und somit auch für alle, die die SF-Saga nicht kennen, interessant ist. Jenny-Mai Nuyen kehrt mit „Die Töchter von Ilian“ in die Fantasy zurück und widmet sich den Machtverhältnissen zwischen Männern und Frauen – wir hoffen auf ein magisches Lesevergnügen mit Botschaft. Mit „Space Opera – Der metagalaktische Grand Prix“ erscheint von Catherynne M. Valente ein humorvoller SF-Roman, den man kurz mit „Eurovision Song Contest im Weltall“ umschreiben kann (wobei dem letzten Platz die Vernichtung seiner Spezies droht). Das kann ein außergewöhnlicher und wirklich lustiger Titel werden, das kann aber auch daneben gehen.

piperfantasy fbm18Abschließend waren wir beim Piper-Verlag, der wie in all den Jahren zuvor einiges an interessanten Fantasy- und SF-Titeln bot. Ich persönlich freue mich vor allem auf „Die Stadt der Symbionten“ von James Sullivan, der mir bereits beim Mittagessen ein bisschen davon erzählt (und mich sehr neugierig gemacht) hat. Der Roman bietet vieles, was mich begeistert: Implantate, Künstliche Intelligenzen und einen urbanen Schauplatz. Erwähnenswert ist hier außerdem „Der Besucher“ von Tyler R. Parsons, in dessen Roman ein im Weltall gestrandeter Mensch im Schwerefeld eines Alienschiffs mitreißen darf. Mit „Prophezeiungen für Jedermann“ gibt es einen spannenden neuen Titel von Nicole Gozdek („Die Magie der Namen“) und von Alexey Pehov erscheint mit „Tag der Geister“ ein neuer Reihenauftakt – und erstmals steht auch seine Frau mit auf dem Cover. Die beiden schreiben ja schon lange zusammen.

Think Ursula

"Wenn wir mit der Science Fiction etwas über die Zukunft aussagen wollen, dann brauchen wir viele Perspektiven, nicht den einzelnen Bestseller." (Judith Vogt)

Jetzt habe ich schon ziemlich viel geschrieben und komme jetzt erst zu „Think Ursula“ – endlich mal eine SF-Veranstaltung auf der Buchmesse! Eine, die schon im Vorfeld hohe Wellen geschlagen hat, weil man ausgerechnet bei einer Veranstaltung zu Ehren der großen Ursula K. Le Guin die Autorinnen in der Berichterstattung zuvor (und auf Plakaten) unterschlagen hat. Es wurden nur die "großen" Namen genannt und die restlichen Autoren gingen unter – aber jetzt mal ernsthaft, es waren acht Autoren und die kann man doch bitte alle erwähnen: Judith Vogt, Dmitry Glukhovsky, Theresa Hannig, Dietmar Dath, Andreas Brandhorst, Annette Juretzki, Bernhard Hennen und Jens Lubbadeh.

"Science Fiction ist von innen größer als von außen." (Dietmar Daht)

think ursulaDie Veranstaltung begann mit einem Gespräch mit Karen Nölle, der Übersetzerin von Ursula K. Le Guin, welches ich leider größtenteils verpasst habe (Terminüberschneidungen), das aber jede Menge Publikum angelockt hat. Der Pavillon war fast voll. Zur Podiumsdiskussion war ich rechtzeitig da und bereits zu Beginn wurde deutlich, dass die beiden Moderatoren offenbar nicht gut vorbereitet waren. Die Autoren saßen in der ersten Reihe mit dem Rücken zum Publikum und sollten wohl nacheinander befragt werden. Auf Initiative von Judith Vogt zogen jedoch alle auf die Bühne um, sodass eine echte Diskussionsrunde entstand – zumindest optisch. Denn die Gesprächsführung war wirklich ausbaufähig, da überwiegend Standardfragen gestellt wurden und gerade die Autorinnen doch recht wenig zu Wort kamen. Theresa Hannig hat eine ganze Stunde lang keinen einzigen Satz gesagt und als man sie endlich ansprach, wurde sie nach 2-3 Sätzen bereits wieder abgewürgt. Einen Bernhard Hennen lässt man dagegen fünf Minuten alleine reden – und das geht jetzt nicht gegen Bernhard Hennen, dem man gerne zugehört hat. Das geht gegen die Moderatoren, die spürbar einzelne Autoren (alle männlich) mehr zu Wort haben kommen lassen. Auch von Anette Juretzki habe ich leider nur wenig gehört und auch eine Judith Vogt, die mit „Roma Nova“ gerade einen wirklich originellen SF-Roman veröffentlicht hat, musste sich um Gehör bemühen. Bleibt die Frage, woran liegt das? Ist das Denken, dass Männer mehr zu sagen haben, so in uns verankert, dass den Moderatoren gar nicht aufgefallen ist, dass sie die Damen der Runde ignorieren? Hat man sie (unbewusst) als weniger wichtig eingestuft? Eigentlich will ich hier nicht die Sexismus-Keule auspacken, weil ich es nach wie vor ganz toll finde, dass es überhaupt so eine Veranstaltung wie „Think Ursula“ gibt, aber wie kann man ausgerechnet bei einer Veranstaltung zu Ehren von Ursula K. Le Guin die Autorinnen so wenig zu Wort kommen lassen?

"Auch in einer Utopie wird man neue Utopien brauchen, nach denen die Menschen streben, um die Gesellschaft zu verbessern." (Theresa Hannig)

Aber auch für die männlichen Kollegen lief die Gesprächsführung suboptimal, da jeder eher für sich allein geredet hat und eine richtige Diskussion nur schwer in Gang kam. Als Zuschauer hatte man das Gefühl, dass die Moderatoren sich nicht ausreichend mit den anwesenden Autoren beschäftigt hatten und so wurde die Podiumsdiskussion etwas mühselig. Die Autoren haben mit ihren klugen Äußerungen vieles herausgerissen, ihnen allen hört man gerne zu und sie alle hatten wirklich etwas zu sagen, aber ich war doch ziemlich von dem dahinplätschernden Chaos auf der Bühne enttäuscht (vielleicht ist den Veranstaltern ja auch aufgefallen, dass sich nach einer Stunde die Zuschauerplätze sichtbar gelichtet haben).

So, jetzt habe ich mich ein bisschen ausgekotzt, aber ich hoffe dennoch darauf, dass es auch im nächsten Jahr eine Veranstaltung wie „Think Ursula“ geben wird, dann vielleicht mit mehr Autorinnen und mit mehr echter Diskussion statt vereinzeltem Fragenabarbeiten. Gerade in der Phantastikszene gehen wir doch sehr offen miteinander um, wir haben uns etwas zu sagen, also lasst die Autoren nächstes Mal auch reden und beschäftigt euch mit ihnen und ihren Werken.

"Wir als Science-Fiction-Autoren sind die Exoten. Und ich bin zutiefst überzeugt davon, dass wir als Gesellschaft diese Exoten brauchen." (Jens Lubbadeh)

Trotz diesem Ärgernis am Abend war es für mich ein wirklich toller Messetag voll interessanter Gespräche und erheiterndem Unsinn. Und einige spannende Titel fürs nächste Jahr habe auch entdeckt, was will man mehr? (Pizza …)

Viele Grüße

- Judith

 

thinkursula fbm18

(Judith Vogt eröffent die Podiumsdiskussion - die von den Moderatoren leider nicht gut vorbereitet war)